Aerzte zum verlieben Band 55
nach der Weite und der Schönheit dieser ländlichen Gegend. Hier konnte man wunderbar wandern und joggen, die Luft war sauber, der Fluss klar, und die Menschen kümmerten sich umeinander. Ganz anders als in der Anonymität Londons.
Abrupt drehte er sich um und lieà die Jalousien wieder herunter. Ãberflüssig, über die Vorzüge des Lebens hier nachzudenken. Es kam nicht infrage, in Franks Nähe zu leben oder zu arbeiten.
Ein leises Klopfen an der Tür, und Kerry trat ein. âSo, wir haben es jetzt fast geschafft. Wie siehtâs bei dir aus?â
âBin ebenfalls durch mit der Sprechstunde. Die Leute haben eine Menge durchgemacht in den letzten achtundvierzig Stunden. Einer der Patienten müsste dringend geröntgt werden, und eine hochschwangere Frau sollte so schnell wie möglich in die Klinik geflogen werden.â
âAngeblich ist ein Hubschrauber unterwegs. Am besten schicken wir die Betreffenden gleich zum Landeplatz.â
Denovan blickte auf seine Uhr. âIch erlöse Daphne erst einmal von Archie. SchlieÃlich kann ich nicht erwarten, dass sie den ganzen Tag auf ihn aufpasst. Danach schaue ich mal, wie weit sie mit der Reparatur der Brücke sind.â
âIch bin ebenfalls im Zentrum â um das Ausmaà der Schäden zu inspizieren. Wir werden uns also wahrscheinlich sehen, nachdem du Archie abgeholt hast.â
Bei Tageslicht betrachtet, war der Schaden an manchen Häusern noch schlimmer, als Kerry erwartet hatte. Die HauptstraÃe glich einem Fluss, Spiel- und Sportplätze hatten sich in Seen verwandelt. Im Augenblick tauchte die Sonne alles in goldenes Licht, sodass Kerry fast versucht war zu vergessen, welche Katastrophe die Ãberschwemmung für das Städtchen bedeutete.
Menschen wateten durch die Fluten im verzweifelten Bemühen, wenigstens einige ihrer Habseligkeiten zu retten. Auf dem kleinen Marktplatz stand ein Mann in Gummistiefeln und Regenjacke und gab ein Interview. Wie war es dem Reporter bloà gelungen, in die Stadt zu kommen?
Kerry erkannte den Mann, der gerade interviewt wurde. Es war der lokale Abgeordnete des Unterhauses. Sir Vernon Hood, groà und weiÃhaarig, machte seinen Job als Volksvertreter gut, doch er wirkte auch stets etwas arrogant und gönnerhaft.
Ihr wurde bewusst, dass sie ihn schon eine ganze Weile nicht mehr zu Gesicht gekriegt hatte. Doch natürlich lieà er sich eine solche Katastrophe nicht entgehen und wollte nun Mitgefühl demonstrieren. Aufmerksam sah sie ihn an und stellte fest, dass Sir Vernon irgendwie älter aussah als noch vor wenigen Wochen.
Sie wandte sich an Mary, eine ihrer Patientinnen, die mit einem traurig-verlorenen Ausdruck in der Tür stand.
âEs ist furchtbarâ, klagte Mary. âDieser modrige Geruch und all das Wasser. Es wird Monate dauern, bis wir die Schäden behoben haben.â
Tröstend nahm Kerry sie in den Arm. âBestimmt ist bald wieder alles in Ordnung. Heutzutage gibt es riesige Maschinen und groÃe Pumpen, die alles trockenlegen. Die Armee soll schon dabei sein, die Geräte herzuschaffen.â
Mary lächelte tapfer. âZumindest ist das eine gute Gelegenheit, unser Haus etwas umzugestalten.â Sie warf Sir Vernon einen abschätzenden Blick zu. âIch hoffe, er und seine Kollegen klopfen jetzt nicht nur groÃe Sprüche, sondern sorgen dafür, dass wir Hilfe bekommen. Seit Jahren verspricht er, sich um eine Uferbefestigung zu kümmern, aber geschehen ist nichts. Und nun haben wir die Bescherung!â
Auf dem Nachhauseweg grübelte Kerry darüber nach, wie lange es wohl dauern würde, bis die Stadt sich von dieser Katastrophe erholt hatte. Bestimmt würde es unter diesen widrigen Umständen besonders schwierig sein, einen Vertretungsarzt anzuheuern.
âSieht ganz schön schlimm aus, was?â
Aus ihren Gedanken aufgeschreckt, blickte sie auf und sah Denovan vor sich stehen. Sie seufzte. âViel schlimmer, als ich gedacht hatte. Zum Glück hat es inzwischen aufgehört zu regnen.â Fragend schaute sie ihn an. âWo ist Archie? Ich dachte, du wolltest ihn abholen.â
Denovan lächelte. âDaphnes Jungs sind einfach groÃartig. Sie haben Archie mit in den Garten genommen und veranstalten gerade ein Picknick. Archie ist begeistert. In London kommen wir nur selten dazu, so was zu machen.â Er sah auf seine Uhr. âIch weià ja nicht, wie es dir
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