Aerzte zum verlieben Band 55
einfach nicht.â Zitternd holte sie tief Luft und gab dann schlieÃlich auf. Diesen Kampf konnte sie unmöglich gewinnen. âWillst du wirklich wissen, warum ich mir keine groÃe Mühe gemacht habe, dich zu finden, Mario?â Ohne auf seine Antwort zu warten, fuhr sie fort: âWeil ich so bescheuert gewesen war, mich in dich zu verlieben. Darum!â
Er hatte vorhin das Gleiche gesagt. Aber offensichtlich hatte er es nicht ernst gemeint. Denn zu jemandem, den man liebte, würde man nicht solche gemeinen Dinge sagen.
âIch wollte nicht, dass du eine schlechte Meinung von mir hastâ, erklärte Belinda. âSo wie von Juliana. Oder dass du denkst, ich würde so tief sinken, ein unschuldiges Kind dafür zu benutzen, um von einem Mann das zu bekommen, was ich will.â
Damit warf sie Mario seine eigenen Worte an den Kopf. Dieses Mal wirkte sein Stirnrunzeln eher verwirrt als wütend. Aber Belinda lieà ihm noch immer keine Gelegenheit, etwas zu sagen.
âIch wollte dir die Chance geben, ein glückliches Leben zu führen.â Wieder kam der Zorn in ihr hoch, als ihr klar wurde, was für ein vergebliches Opfer sie gebracht hatte. âIch habe die volle Verantwortung übernommen, indem ich die Zwillinge ganz alleine aufgezogen und ihnen meine ganze Liebe geschenkt habe.â
Belinda lachte ironisch. âDieser Urlaub ⦠WeiÃt du, wieso ich mit den Kindern hierhergekommen bin? Weil sie wissen, dass ihr âverschollenerâ Vater Italiener ist. Dass ein Teil ihres Erbes in diesem Land liegt und â¦â
Ihr Satz blieb in der Luft hängen, denn ein seltsames Schweigen trat ein, bei dem sich ihr unwillkürlich die Haare sträubten.
Mario starrte über ihre Schulter durch das Fenster der Bibliothek in den Innenhof des Palazzos. Belinda hörte aufgeregtes Hundegebell, das von Bruno stammen musste.
Sie drehte sich um und erblickte Stefano, der im Begriff war, über die flache Steinmauer des Wasserbeckens zu klettern. Belinda sah die Angst in seinem kleinen Gesicht, und das Bellen des Hundes wurde immer lauter. Gemma war nirgendwo zu sehen.
âChristo!â , rief Mario entsetzt aus.
Er stürmte hinaus in den Hof, und Belinda folgte ihm zu Tode erschrocken. Inzwischen war Bruno in das Becken gesprungen und stupste mit der Nase das kleine Mädchen an, das mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieb. Belinda packte Stefano, während Mario ins Becken sprang und Gemma herausholte.
Belinda hielt ihren Sohn eng an sich gedrückt und barg seinen Kopf an ihrer Schulter. Sie selbst war jedoch auÃerstande, den Blick abzuwenden, als Mario sich auf die Steinfliesen kniete, den leblosen Körper seiner Tochter in den Armen.
Hatte Mario wirklich geglaubt, der Schmerz der Vergangenheit hätte ihn gelehrt, Abstand zu wahren? Sich aus jeder gefühlsmäÃigen Bindung herauszuhalten, damit er in der Lage war, seine medizinischen Kenntnisse anzuwenden und zu tun, was getan werden musste?
Das hier war seine Tochter, und irgendetwas in ihm zerbrach.
Er durfte nicht zulassen, dass auch dieses Kind starb. Auf gar keinen Fall.
Irgendwie musste er stark genug sein, um Gemma zu retten. Er musste sich selbst beobachten wie einen Fremden. Wie jemand, der an einem Drama mitwirkte, das sich vor seinen Augen abspielte. Mit solchen Unfallsituationen wurde Mario beruflich ständig konfrontiert. Also wusste er genau, was jetzt zu tun war.
Er legte den Mund auf Gemmas Lippen, blies lebensnotwendigen Sauerstoff in ihren kleinen Körper und prüfte dabei ihren Puls. Dieser war noch so stark, dass die Kleine anscheinend gerade erst aufgehört hatte zu atmen, bevor er sie aus dem Wasser gezogen hatte.
Mario war zutiefst erleichtert, als sie schlieÃlich mühsam nach Luft rang. Ihm traten sogar Tränen in die Augen. Aber das war vermutlich nichts weiter als das Mitgefühl, das er jedem seiner Patienten entgegenbrachte. Er durfte nicht wieder den Boden unter den FüÃen verlieren. Das, was tief in seinem Innern aufgerissen war, musste unbedingt schnell wieder verschlossen werden.
An Belinda gewandt, sagte er: âIch werde Louisa sagen, dass sie eure Sachen zusammenpacken soll. Du und die Zwillinge, ihr müsst gehen.â
Stumm nahm sie ihm ihre kleine Tochter ab und hielt sie fest an sich gepresst.
Kurze Zeit später schaute Mario aus dem Bibliotheksfenster und beobachtete, wie Belinda zum Wagen ging, in dem
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