Aerzte zum Verlieben Band 57
könntest eine Tagesmutter engagieren, aber das ist teuer. Hast du dir mal Gedanken über die Kosten gemacht?“
Nein, natürlich nicht. Sie hatte alles ausgeklammert, weil sie nicht einmal zu hoffen gewagt hatte, dass alles gut gehen würde. Amy wurde ganz flau im Magen. Nicht nur weil sie ein schlechtes Gewissen Ben und Daisy gegenüber hatte. Sie fragte sich auch besorgt, was sie tatsächlich mit Josh machen sollte, wenn sie wieder arbeiten ging.
„Amy, möchtest du wirklich wieder arbeiten? Oder sind es nur finanzielle Gründe? Für mich ist es kein Problem, dich und Josh zu unterstützen. Was hältst du davon, wenn du mit nach London kommst? Du hast gesagt, dass dir mein Haus gefällt. Wenn wir zusammenleben, kannst du dich zu Hause um ihn kümmern, und ich würde sehen, wie er aufwächst.“
Ein sinnvoller Vorschlag. Wenn sie bei ihm wohnte, würde es ihn viel weniger kosten, als wenn er hier für sie Miete zahlte. Und er wäre bei seinem Sohn. Alles praktische Überlegungen. Aber kein Wort davon, wie viel ihm an ihr lag, geschweige denn von Liebe.
In all den Wochen hatte er nicht ein Mal versucht, zärtlich zu werden oder sie zu küssen. Matt hatte sie in jeder Beziehung großartig unterstützt und umsorgt, mehr aber auch nicht.
„Und wenn etwas schiefgeht, Matt? Dann habe ich meine Arbeit aufgegeben, meine Wohnung, meine Freunde … Ich habe schon einmal von vorn angefangen, und glaub mir, ich möchte es nicht wieder tun.“
„Wie kommst du darauf, dass etwas schiefgehen könnte?“
„Aus Erfahrung“, antwortete sie leise. Zu ihrer Erleichterung wachte Josh auf, und sie hatte einen Grund, das Zimmer zu verlassen.
Matt schnitt das Thema nicht wieder an, aber er fuhr am nächsten Tag allein nach London. Vielleicht lasse ich sie eine Weile in Ruhe, dachte er. Damit sie sieht, wie es ohne mich ist.
Er hatte ihr beim Windeln und Baden des Babys geholfen, sämtliche Einkäufe erledigt, den Haushalt geführt, im Garten Unkraut gejätet und Blumen gegossen, ihren Wagen gewaschen und die Fenster geputzt – im Grunde nur, damit die Zeit zwischen Joshs Mahlzeiten verging. Matt wagte es nicht, mit Amy allein zu sein. Er wollte sie nicht bedrängen, sie hatte eine schwere Zeit hinter sich und eine große Operation. Da brauchte sie bestimmt keinen Mann, der nicht die Finger von ihr lassen konnte.
Also zog er sich aus ihrem Leben zurück, versuchte, nicht daran zu denken, wie leer sein Haus ohne sie war, und vermisste sie trotzdem in jeder Minute, die er nicht in der Klinik verbrachte, wo er sich ablenken konnte.
Und dann, als er eines Morgens zur Arbeit kam, sah er auf den Kalender und stutzte.
Heute war der Tag, an dem sie Samuel verloren hatten. Bisher hatte er das Datum nie vergessen und war dann immer nach Harrogate gefahren. Doch in diesem Jahr hatte er den Kopf voll gehabt, mit Amy, mit Josh, und vielleicht wurde es Zeit, dass sie gemeinsam ihres ersten Kindes gedachten.
Matt erledigte seine Arbeit, delegierte die Sprechstunden und verließ London, ohne Amy anzukündigen, dass er auf dem Weg zu ihr war. Er fand sie weinend im Wintergarten.
„Hey“, sagte er sanft, hockte sich neben sie und berührte zärtlich ihre Wange. „Ist ja gut, ich bin ja da.“
„Es geht schon“, schluchzte sie.
Er glaubte ihr kein Wort. Ihr Gesicht war verquollen, Augen und Nase waren gerötet, und zu ihren Füßen häuften sich zerknüllte Taschentücher. Matt schwang sie auf seine Arme, trug sie ins Wohnzimmer und setzte sich mit ihr aufs Sofa. Dicht an ihn geschmiegt, den Kopf an seine Schulter gelehnt, weinte sie weiter vor sich hin.
Irgendwann versiegten die Tränen. Amy schniefte und wollte sich aufrichten, aber Matt ließ es nicht zu.
Sie seufzte leise, sank zurück an seine Brust und wischte sich über das Gesicht. „Hört das jemals auf?“
Er küsste sie, schmeckte salzige Spuren auf ihrer Haut. „Ich weiß es nicht.“
Amy schloss die Augen, und wieder liefen ihr die Tränen über die Wangen. Es brach ihm das Herz, sie so traurig zu sehen.
„Ich wünschte, ich hätte einen Ort, an dem ich trauern kann. Wo ich von Zeit zu Zeit hingehen und an ihn denken kann. Ich habe nur das Ultraschallbild und sein Namensbändchen vom Krankenhaus, mehr nicht.“
„Es gibt noch etwas.“ Matt machte sich Vorwürfe. Warum hatte er ihr nie davon erzählt, nie den Versuch unternommen, den Kummer gemeinsam zu tragen? Weil er nicht gewusst hatte, wie sie sich fühlte. Weil er nie gefragt hatte … „Der
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