Aerzte zum Verlieben Band 57
wohl sonst verlaufen wären.
Aber die Zustände in der Familie Lockheart würden sich nicht von heute auf morgen ändern, und wieder einmal schlug Evie ein Klappbett in Bellas Krankenzimmer auf. Sie schickte Lexi mit Sam nach Hause und hoffte inständig, dass er recht behielt und Bella diese Nacht überleben würde.
Bella war seit dem Morgengrauen wach, geweckt von einer Schwester, die ihre Vitalwerte prüfte. Allerdings fühlte sie sich, als wäre sie die ganze Nacht wach gewesen. Im Krankenhaus schlief sie immer schlecht. Jeder Atemzug war eine Qual, und dann kam alle zwei Stunden jemand, der Temperatur und Puls maß. Außerdem fror sie schrecklich.
Evie war nicht von ihrer Seite gewichen und hatte gewartet, bis Lexi kam. Erst dann war sie verschwunden, um sich einen Kaffee zu holen. Zu Sams Morgenvisite wollte sie rechtzeitig zurück sein.
Evie und Lexi waren die einzigen Menschen, auf die Bella sich verlassen konnte, zwei starke Säulen, die sie durchs Leben trugen. So kam es ihr jedenfalls vor. Dennoch wünschte sie sich oft, alles wäre anders: Dass sie nicht von ihren Schwestern abhängig war, dass sie nicht mit ihrer Krankheit allen zur Last fiel. Manchmal fragte sie sich, wie vor allem Evie es schaffte, sich um sie zu kümmern, zusätzlich zu ihren vielen Patienten hier im Krankenhaus.
Bella wusste, dass Evie heute Morgen in der Notaufnahme Dienst hatte. Wie konnte sie vernünftig arbeiten, wenn sie die Nacht mehr schlecht als recht auf einer schmalen Klappliege bei ihrer kranken Schwester verbracht hatte? Sie hoffte, dass Evie die komplizierten Fälle heute erspart blieben.
„Ich habe dir etwas mitgebracht, um dich aufzumuntern“, verkündete Evie, als sie wiederkam, in den Händen ein Tablett mit Kaffee und heißem Kakao für ihre Schwestern.
Bella machte große Augen. Evie meinte nicht die köstlich duftende Schokolade!
„Charlie Maxwell“, begrüßte Lexi ihn kess. „Den kahlen Kopf würde ich überall erkennen.“
Charlie Maxwell ist in meinem Zimmer! Bella wusste, dass sie ihn anstarrte, und sie hörte auch das schnellere Piepsen des Herzmonitors, das ihre Nervosität verriet. Zum Glück schien Charlie es nicht zu bemerken. Er sah nicht sie an, sondern Lexi.
Nichts Neues. Bella war es gewohnt, dass die Leute erst Lexi und Evie bemerkten. Wie oft hatte sie sich danach gesehnt, dass jemand zuerst Augen für sie und dann für ihre Schwestern hätte! Aber heute war sie froh über die Nichtbeachtung. Das verschaffte ihr ein bisschen Zeit, ihre Nerven zu beruhigen.
„Morgen, Lexi.“ Charlie grinste breit. „Und zu deiner Information: Ich bin nicht kahl. Ich laufe mit voller Absicht so durch die Weltgeschichte. Wozu alle Frauen neidisch machen wegen meiner goldenen Locken?“
„Du bist der einzige Mann, den ich kenne, der sich freiwillig den Kopf rasiert“, entgegnete Lexi.
Evie mischte sich ein. „Bella, du erinnerst dich doch an Charlie?“, fragte sie, während sie ihr den Kakao reichte.
Wie könnte ich ihn je vergessen? dachte Bella. Er sah fit, gesund und großartig aus. Charlie war früher Profi-Surfer gewesen und hatte immer noch den durchtrainierten Körper eines Athleten: muskulös, sonnengebräunt. Das dünne weiße Hemd ließ einen kräftigen Bizeps und einen flachen Waschbrettbauch erahnen.
Sie schluckte, versuchte zu sprechen, aber sie bekam kaum Luft, und ihr Mund fühlte sich an wie ausgedörrt. Unfähig, ein Wort herauszubringen, nickte sie nur.
„ Ciao , Bella“, sagte Charlie.
So begrüßte er sie immer, und jedes Mal löste es einen winzigen Glücksschauer in ihr aus. Ciao, bella , das hieß auch Hallo, Schöne – auf Italienisch. Sie fühlte sich dann immer als etwas Besonderes. Es störte sie auch nicht, dass Charlie ein Charmeur war, der mit jeder flirtete. Im Gegenteil, dass er sie behandelte wie alle anderen Frauen, denen er begegnete, vermittelte ihr das seltene Gefühl, … normal zu sein. Sonst, so kam es ihr vor, wurde sie entweder in Watte gepackt oder nicht beachtet.
Er zwinkerte ihr zu, und ihre Herzfrequenz legte wieder ein paar Takte zu. Bella spürte, wie sie errötete, und verwünschte zum x-ten Mal ihre helle Haut.
„Wie geht es dir?“, fragte er.
„Ging schon mal besser“, brachte sie schließlich leise hervor. Aber diesmal war nicht ihre Krankheit daran schuld, dass ihr das Atmen schwerfiel, sondern Charlie. In Gegenwart Fremder war Bella immer schüchtern, und obwohl Charlie praktisch zur Familie gehörte, machte er sie verlegen.
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