Aerzte Zum Verlieben Band 59
Behandlungsstrategie, in der zunächst nicht behandelt, aber in regelmäßigen Abständen eine Diagnose gestellt wird. Gerade bei Prostatakrebs bietet sie sich an. Wir haben keine Anzeichen dafür entdeckt, dass der Krebs gestreut hat. Sie müssen nur zu regelmäßigen Tests herkommen, und falls sich Ihre Werte verschlechtern, bleibt Ihnen immer noch die Chemotherapie. Einige Patienten entscheiden sich für diese Form, während andere sich lieber sofort behandeln lassen, weil sie sich der Belastung nicht aussetzen möchten.“
James beantwortete geduldig alle Fragen und nannte ihm Quellen, wo er selbst recherchieren konnte. Ihm lag viel daran, dass seine Patienten gut informiert waren, und bei Richard hatte er den Eindruck, dass er besonnen an die Sache heranging. Zum Schluss kam jedoch die Frage, die James so oft gestellt wurde.
„Was würden Sie an meiner Stelle tun?“
Natürlich gab es Variationen dieser Frage: Was würden Sie tun, wenn es Ihre Frau wäre, Ihre Tochter, Ihr Sohn, Ihre Mutter? Und normalerweise antwortete er sofort. Aber vielleicht war er nach drei Monaten als Dozent ein wenig aus der Übung, denn er zögerte einen Moment.
„Das Gleiche wie Sie“, erwiderte er schließlich. „Ich würde abwägen, welcher Weg der bessere für mich ist. Möchten Sie schon einen Termin absprechen, damit wir uns wieder unterhalten können, so in zwei Wochen?“
„Das wäre toll. Reden Sie mit meinen Eltern?“
„Selbstverständlich.“
Es wurde eine schwierige Unterhaltung, doch James nahm sich auch für Richards Eltern viel Zeit und versicherte ihnen, dass ihr Sohn nicht bedenkenlos alle Türen zugeschlagen hatte. Für die Angehörigen ist es hart, sich mit den Tatsachen abzufinden, dachte er, als er später in den Behandlungsbereich zurückkehrte. Sie stehen hilflos davor und können wirklich nichts anderes tun als zusehen und abwarten.
„Keine Chemo?“, fragte Carla.
„Nicht in diesem Stadium“, antwortete James. „Ich habe ihm ein paar seriöse Internetseiten genannt, damit er sich genauer informieren kann.“
Während er seine Notizen eintrug, verstand er Richards Entscheidung mehr und mehr. Die Chemotherapie war eine aggressive Methode, zu der man sich nicht leichtfertig entschließen oder gedrängt werden sollte, wenn man wie Richard das Glück hatte, zwischen zwei Optionen wählen zu können.
James sah durch die Glasscheibe zu den Patienten, die gerade ihre Chemo bekamen. Zwei von ihnen kannte er.
Georgia war wieder da, um tapfer gegen ihren Krebs zu kämpfen. Sie hatte Kopfhörer auf, entdeckte James jedoch und lächelte ihm zu. Er erwiderte ihr Lächeln, ließ aber dann den Blick weiterschweifen, als Georgia die Augen schloss. Heath hingegen, ein junger Mann, den James vor seiner Zeit in Brisbane behandelt hatte, sah weder auf noch schien er überhaupt etwas von seiner Umgebung wahrzunehmen. Er war auf den Bildschirm seines Laptops konzentriert, vermutlich beim Bloggen, seiner Lieblingsbeschäftigung, als könnte die Welt keinen Tag ohne ihn auskommen.
Es konnte durchaus sein, dass sie es musste …
James musste auf dem Weg vom Flughafen zum Krankenhaus in der Wohnung gewesen sein, denn sein Koffer stand im Flur.
Beladen mit Taschen und Einkaufstüten hatte Ava ihr Zuhause betreten und sofort einen Hauch seines Aftershaves wahrgenommen. Ärgerlich riss sie das nächste Fenster auf, um frische Luft hereinzulassen.
Sie bewohnten ein Dreizimmerapartment in Kirribilli Views. Es war ideal für ein junges Ärztepaar und ganz in der Nähe des Sydney Harbour Hospitals. Viele ihrer Kollegen wohnten hier ebenfalls. Ava betrat James’ Arbeitszimmer, wie so oft während seiner Abwesenheit, und sah sich um. Es herrschte die übliche Unordnung. James hatte ihr verboten, hier aufzuräumen, er wüsste schon, wo er suchen müsste, wenn er etwas brauchte.
Auf seinem Schreibtisch stand ihr Hochzeitsfoto, und Ava betrachtete es traurig. Wir waren so jung und glücklich damals, dachte sie, bevor sie weiter in ihr Schlafzimmer ging. Ihr gemeinsames eigentlich, aber in den letzten drei Monaten hatte sie allein hier geschlafen.
Ava achtete zu Hause mehr als in ihrem Büro darauf, dass alles ordentlich und aufgeräumt war. Obwohl es einer Sisyphusarbeit glich, Ordnung zu halten, wenn man mit James zusammenwohnte. Zum Glück hatten sie Gladys, eine wahre Perle, die auch die Apartments der Kollegen sauber hielt. Im vergangenen Vierteljahr musste Gladys geglaubt haben, sie hätte Urlaub, wenn sie diese
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