Aerzte Zum Verlieben Band 59
machte sich auf den Rückweg zum Sofa. Morgen reden wir, beschloss er. Oder gleich nach Mums Geburtstag. Er hatte einen Bärenhunger. Das bisschen gegrilltes Hähnchenfleisch und dazu eine Minikartoffel mit einem Klecks fettarmer Sour Cream … nicht einmal zerlassene Butter. Butter gab es in dieser Wohnung seit einer Ewigkeit nicht mehr, noch eins der Dinge, die seit Langem gestrichen waren! Vielleicht sollte er sich eine Pizza bestellen, darüber würde Ava sich richtig aufregen …
Abrupt blieb James stehen.
Keinen Schritt weiter, dachte er. Nicht zum Sofa. Er hatte das Sofa satt, und er hatte es satt, in ein Zuhause zu kommen, das keins mehr war. Und so hart es klingen mochte, aber er war Onkologe, er sollte in der Lage sein, an ein Bett zu treten und eine niederschmetternde Diagnose zu verkünden.
„Ava?“ Er trat an ihr Bett und knipste das Licht an. „Ich muss mit dir reden.“
Ihre Augen blieben geschlossen, doch er ließ sich davon nicht beirren. „In den letzten Monaten in Brisbane, da habe ich viel nachgedacht.“
„James …“ Sie drehte sich auf die andere Seite. „Es ist spät, können wir morgen darüber reden? Oder vielleicht am Wochenende?“
„Nein, jetzt. Wir haben beschlossen, es nicht weiter zu versuchen, wir haben gesagt, dass wir keine Kinder bekommen …“
Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten. Ava wollte nichts davon hören, doch unerbittlich fuhr James fort: „Als du anfingst, die Pille zu nehmen, dachte ich, du tust es zur Entspannung, um den Druck rauszunehmen. Aber es wurde nur schlimmer.“ Sie spürte, wie er sich über sie beugte, kämpfte mit den Tränen, die sich hinter ihren Lidern sammelten. Bei seinen nächsten Worten jedoch schlug ihr Kummer in Ärger um. „Ich meine, auch wenn wir nur miteinander geschlafen haben, damit du schwanger wirst, so haben wir es wenigstens getan.“
„Armer James.“ Gereizt starrte sie ihn an. Drei Monate Trennung, ach, und viel nachgedacht hat er auch. Aber das Einzige, was er ihr jetzt zu sagen hatte, war, dass sie „es“ nicht taten. „Du bekommst also nicht genug!“
„Ich kann so etwas nicht so gut“, sagte er unwirsch. „Ich weiß, dass ich es falsch anfange, aber kannst du mir wenigstens zuhören? Jeden verdammten Tag drängst du deine Patienten, dass sie miteinander reden sollen. Und abends, wenn du nach Hause kommst, legst du den Schalter um und weigerst dich zu reden.“
„Worüber denn, James? Dass wir es nicht tun? Tja, entschuldige bitte …“ Ava verstummte. Sie hatte einfach nicht die Kraft, sich mit ihm zu streiten. Resigniert setzte sie sich auf und sah in das kantige Männergesicht, das sie immer geliebt hatte. James hingegen blickte sie an, als hätte er eine Fremde vor sich.
„Es ist vorbei, nicht wahr?“ James sprach es aus, und Avas Magen verkrampfte sich. Sie wollte sich in ein Loch verkriechen und nur noch heulen. Dass sie kein Wort hervorbrachte, hinderte ihn nicht daran, sich seine Frage selbst zu beantworten. „Ich meine, was ist das für eine Ehe, wenn man sich drei Monate nicht gesehen hat und ich nichts Besseres zu tun habe, als mein Nachtlager auf dem Sofa aufzuschlagen? Wir sind fertig miteinander, Ava.“
Sie wusste nicht, wie sie ihn erreichen sollte. Die Mauer zwischen ihnen schien unüberwindlich. Dabei hatte sie schon so oft versucht, auszusprechen, was ihr durch den Kopf ging, oder mit ihm gemeinsam den Verlust ihrer Babys zu betrauern. Ava hätte ihm gern verständlich gemacht, wie ihr zumute war … dass es nicht nur die Babys waren, um die sie trauerte, sondern auch darum, niemals die Chance zu haben, Mutter zu sein. Um mit viel Liebe das wieder gutzumachen, was in ihrer Kindheit, mit ihrer eigenen Mutter, zerbrochen war.
Anfangs hatte sie viel geweint. James, ihr großer, starker James, nahm sie in seine Arme und sagte ihr, es würde alles gut werden. Es würde andere Babys geben.
Aber das hatte sie nicht hören wollen. Es half ihr auch nicht, als er sagte, dass sie bald versuchen würden, wieder ein Kind zu machen.
Du meine Güte, er war Onkologe. Er müsste doch wissen, wie man mit Kummer umging!
Ava erinnerte sich, wie aufgeregt sie gewesen war, bevor sie ihm von ihrer ersten Schwangerschaft erzählte. Und James versicherte ihr, dass er unbedingt Kinder wollte und es gar nicht erwarten konnte, Vater zu werden. Nach der Fehlgeburt fühlte sie sich, als hätte sie seine Träume zerstört.
„Und was machen wir jetzt?“ Sie sah ihn an.
„Keine Ahnung“,
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