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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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schlitterte über den Marmorboden davon.
    Muriel hockte über ihm, die Hände um den Griff seines Schwertes verkrampft, das tief im Bauch seines Opfers steckte. Während Krätschmers Züge sich in einer Mischung aus Schmerz und Entsetzen verzerrten, verebbte Juls Abscheu langsam. Mitleid stellte sich keines ein.
    Mit einem Ruck drehte Muriel die flammende Klinge in der Wunde. Der Dämonendiener bäumte sich auf, einen stummen Schrei auf den Lippen. Dann sank er reglos zurück.
    Eilig duckte sich Jul unter Muriels schlagenden Schwingen hindurch. Der Engel wandte sich zu ihm um, machte Anstalten, das Schwert aus Krätschmers Körper zu ziehen. Dann war Jul bei ihm, umfasste Muriels Handgelenk mit festem Griff und drückte ihm die Pistole an die Stirn. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase.
    »Nimm die Hände vom Schwert, Muriel.«
    Der Engel erstarrte. Für einen Moment blickte er Jul schweigend an, das Gesicht eine ausdruckslose Maske. »Also ist es wahr, dass du ein Verräter bist.«
    »Nicht mehr, als wir Verräter waren, weil wir beschlossen, vom Baum der Erkenntnis zu essen.«
    Hinter ihm gab Amanda einen überraschten Laut von sich, doch er kümmerte sich nicht darum. Er hatte ihr erzählt, dass er damals nicht allein gewesen war. Zumindest nicht, als es darum gegangen war, den Entschluss zu fassen. Nur in den Garten Eden selbst hatte ihn niemand begleitet.
    »Ich habe dich und die anderen nie an Michael verraten«, fuhr er fort. »Doch das ließe sich nachholen. Vielleicht beschließt er, euch ebenfalls die Flügel zu nehmen, allein dafür, dass ihr die Absicht gehegt habt, es mir gleichzutun.«
    Muriels Augen weiteten sich vor Schreck. Sein Finger glitten endlich vom Griff des Schwertes, das noch immer in Krätschmers Körper steckte. Muriels Flügel flackerten und erloschen, und Jul zog ihn von dem Dämonendiener herunter. Der Raum enthielt, abgesehen von den nach oben und nach unten führenden Treppen, nur noch eine Art Tresen, von Glas umschlossen. Tagsüber wurden dort vielleicht Eintrittskarten verkauft. Dorthin drängte Jul seinen ehemaligen Mitverschwörer mit vorgehaltener Waffe. In die Ecke zwischen Tresen und Treppe.
    »Lieber wäre mir allerdings, wenn du mir einfach kurz zuhörst.«
    Muriels Blick flackerte von Jul zu Amanda, die irgendwo hinter ihm stehen musste. »Ich sehe die Tätowierung auf dem Handrücken der Frau«, sagte er schließlich, und die Kälte in seiner Stimme versetzte Jul einen Stich. »Warum sollte ich jemandem zuhören, der mit Dämonen im Bunde ist?«
    Rascheln hinter ihm lenkte ihn für einen Moment ab. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter, sah Amanda neben Krätschmer knien. Sie fühlte seinen Puls, doch Jul zweifelte nicht daran, dass dem Mann nicht mehr zu helfen war. Er wandte sich erneut Muriel zu, ließ die Waffe sinken.
    »Du sollst mir zuhören, weil ich vom Baum der Erkenntnis gegessen habe und im Gegensatz zu dir sowie allen Erzengeln zwischen Gut und Böse unterscheiden kann. Würdest du mir glauben, wenn ich sage, dass falsch ist, was Michael tut?« Es erstaunte ihn, dass er mit solcher Sicherheit von etwas sprechen konnte, über das er sich selbst so unsicher war. Damals, als er mit Muriel und einigen anderen den Entschluss gefasst hatte, hatten sie geglaubt, es würde alles klarer und einfacher werden, hätten sie erst einmal von der verbotenen Frucht gekostet. Denn sicher war ein Engel in der Lage, einen besseren Nutzen aus dieser göttlichen Gabe zu ziehen als die Menschen. Doch Jul hatte nichts weiter bekommen als verschwommene Gefühle und Zweifel.
    »Nein.« Muriel schüttelte den Kopf, seine Flügel flackerten kurz auf, zuckten, als wolle er sich jeden Moment auf seinen ehemaligen Freund stürzen. Jul spannte sich unwillkürlich an. Er legte Muriel eine Hand auf die Brust, auf die längst verheilten Einschusslöcher, um ihn tiefer in die Nische zu drücken. Doch der Engel sprach einfach weiter. »Die Erzengel hatten recht. Die Frucht der Erkenntnis war nie für Engel bestimmt. Ich habe dich gesehen, als sie dich aus dem Garten getragen haben. Wir waren alle da, voller Hoffnung.« Bitterkeit schwang in den letzten beiden Worten mit. »Du hast geweint und gestammelt. Es war deutlich, dass der Versuch deinen Verstand zerrüttet hat.«
    »Du irrst. Es dauerte nur eine Weile, sich daran zu gewöhnen. Ich verstehe noch immer nicht alles. Aber es hat funktioniert. Bitte, glaub mir.« Ohne dass er es wollte, nahm Juls Stimme einen

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