Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
Vom Netzwerk:
belasten? Sie konnten es sich nicht leisten, das Leben des Wachmanns zu retten. Früher oder später hätten sie ohnehin einen Weg finden müssen, ihn loszuwerden. Sie brauchten keine weiteren Probleme, und Krätschmer würde garantiert zu einem werden, wenn er erfuhr, was sie in Wirklichkeit plante.
    Amanda senkte den Blick, und ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, wanderte er zu dem Wachmann hinüber. Beim Anblick des schwarzgeränderten Lochs in seinem Bauch musste sie schlucken. Vielleicht sollte sie doch …? Sicher gab es andere Möglichkeiten, als ihn elendig verrecken zu lassen.
    Krätschmer hätte bestimmt keinen weiteren Gedanken an sie verschwendet, wäre er in ihrer Situation. Doch war sie nicht in irgendeiner Art und Weise verpflichtet, besser zu sein als er? Wem gegenüber? Gott lag halb tot unter der Erde, außerdem hatte sie nie an ihn geglaubt. Ihr Gewissen? Das würde sie nur umso mehr quälen, wenn sie den Wachmann rettete, sich dadurch aber die Chance verbaute, ihrem Bruder zu helfen.
    Sie wusste nicht, wieso sie dennoch Luft holte, um etwas zu sagen. Vielleicht, weil sie feige war, weil sie diese Entscheidung über Leben und Tod nicht allein fällen wollte. Falls sie überhaupt noch gefällt werden musste …
    »Ich denke, wir haben lang genug gewartet.« Jul stand an der Treppe, die nach unten führte, die Hand fest um den Griff seines neu erworbenen Schwertes geschlossen. Er sah sie an, dann huschte er die Stufen hinunter, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Amanda klappte den Mund wieder zu und folgte ihm. Krätschmer war ohnehin ein Arschloch. Wahrscheinlich tat sie der Welt einen Gefallen, wenn sie ihn sterben ließ. Das war ein guter Gedanke. Sie klammerte sich daran fest, bis sie die unterste Treppenstufe erreichte.
    Sie hatte ein Gewölbe erwartet, irgendetwas Altes, Unheimliches. Stattdessen fand Amanda sich in einem weiß gestrichenen Gang wieder. Linker Hand versperrte eine modern aussehende Glastür den Weg, und in der Wand rechts der Treppe war eine weiße Stahltür mit der Aufschrift »Technikraum« eingelassen. Amanda runzelte die Stirn. Sie hatte nie darüber nachgedacht, aber natürlich beleuchtete man auch Kirchen heutzutage nicht mehr mit Hilfe von Kerzen. Dennoch kam ihr dies alles in einem so alten Gebäude fehl am Platz vor.
    Das hohe Gewölbe, in das sich der Gang nach rechts hin öffnete, entsprach schon eher ihrer Vorstellung. Dort war es dunkler, das Licht der Deckenbeleuchtung schien gedämpft. Dennoch konnte Amanda breite Säulen erkennen. Und Särge. Riesige, prachtvoll verzierte Särge. Das waren also die Katakomben.
    Wieder ging Jul voran, schlich auf leisen Sohlen in den Schatten der ersten Säule. Wo Krätschmer sich mit militärischer Präzision bewegt hatte, wirkte der Engel mehr wie ein Jäger, der sich an seine Beute heranpirscht. Seine Bewegungen waren fließend, seine gesamte Haltung drückte Konzentration aus.
    Amanda folgte ihm so leise wie möglich. Unruhig ließ sie den Blick hin und her schweifen. Hatte Juls Freund nicht ein wenig zu hilfsbereit gewirkt? Vielleicht lauerte man ihnen auf. Sie schüttelte den Kopf. Dies war kein guter Zeitpunkt, um paranoid zu werden.
    Nichts regte sich in dem Gewölbe, die Wachen schienen tatsächlich fort zu sein. Doch der Wald aus Säulen und die vielfach gewölbte Decke machten es schwer, den Raum zu überschauen, und spielten den Augen Streiche.
    Hüfthohe Gitter verbanden die Säulen miteinander, schufen einen Weg, den Besucher entlanggehen konnten, ohne den an den Wänden aufgereihten Särgen zu nahe zu kommen. Sie passierten zwei breite, quadratische Pfeiler, an denen Tafeln mit Plänen und Erklärungen hingen. Amandas Blick huschte zwischen den Särgen hin und her. Einige wirkten alt, als wollten sie jeden Moment zerfallen. Andere waren neu und deutlich schlichter als die Versionen aus früheren Zeiten. Manch einer war eindeutig zu klein für einen Erwachsenen. Andere sahen so aus, als hätte man besonderen Wert auf einen möglichst schweren Sargdeckel gelegt. Es hätte Amanda nicht weiter überrascht, hätte von innen plötzlich etwas gegen das Holz geklopft.
    Schließlich kamen sie an eine Wegkreuzung. Geradeaus lag eine Nische mit einem großen Kreuz. Links sah Amanda eine weitere Glastür und dahinter die Auslagen eines Souvenirladens. Möglicherweise ein Ausgang. Endeten Rundgänge durch Museen und alte Gemäuer nicht immer in Souvenirläden?
    Der rechte Weg führte zu einem hohen, mit Spitzen verzierten

Weitere Kostenlose Bücher