Aeternum
er würde sich sicherlich nicht herumschubsen lassen. Und solange es auch nur halbwegs in seiner Macht lag, würde er auch Amanda davor bewahren. Immerhin war es seine Schuld, dass ihr Meister nun nicht mehr in Ketten lag. »Amanda kommt mit mir.«
Baal verzog das Gesicht zu einem abfälligen Lächeln. Ein Wink von ihm, und Krätschmer richtete seine Waffe wieder auf Jul.
»Hört auf!« Amandas Stimme hallte von den Mosaikwänden wider. »Michael könnte jeden Moment hier auftauchen. Wir können es uns nicht leisten zu streiten!«
Der Dämon wandte sich ihr zu. »Dann pfeif deinen Wachhund zurück und fahr mit mir. Ich will auf der Fahrt mit dir reden.«
Amandas Miene mochte unbewegt bleiben, aber da war die Art, wie sie schluckte, wie sie die Fäuste ballte, bis ihre Knöchel weiß hervortraten. Jul konnte sie nicht allein lassen. Aber ein Kampf würde nur Michael auf sie aufmerksam machen. »Ich traue dir nicht, Dämon. Wer garantiert mir, dass du beim Treffpunkt erscheinen wirst? Dass du nicht einfach mit Amanda verschwindest?«
Ein heiseres Lachen kam über Baals Lippen. »Ich weiß, wer du bist. Jeder Dämon in der Stadt hat schon von dem flügellosen Engel gehört, der die Vergessenen jagt. Diese Gelegenheit ist zu günstig, und du bist zu wertvoll, um dich zurückzulassen.«
Es schien Jul eine Ewigkeit her zu sein, dass er in dem alten U-Bahn-Schacht niedere Dämonen gejagt hatte, dass der Diener eines anderen Dämons versucht hatte, ihn für seine Zwecke einzuspannen. Höchstwahrscheinlich sprach Baal die Wahrheit. Er würde die Gelegenheit nutzen wollen, ihn für sich zu gewinnen. Ein Engel war eine mächtige Waffe gegen Konkurrenten.
Fieberhaft überlegte Jul, welche Argumente er noch vorbringen konnte, wie er den Dämon dazu bewegen konnte, von seiner Forderung abzulassen. Wieso sagte Amanda nichts? Sie verstand sich deutlich besser auf solche Dinge als er. Aus dem Augenwinkel warf er ihr einen Blick zu. Sie wirkte erschöpft und mutlos und noch kleiner als im Dom. All ihre Stärke schien verschwunden. Was hatte er nur getan, in was für eine Situation hatte er sie gebracht?
»Ist schon in Ordnung. Ich gehe mit ihm.« Ihre Stimme klang tonlos, doch als sie seinem zweifelnden Blick begegnete, rang sie sich ein Lächeln ab. »Ich hab ein Jahr bei ihm gewohnt und es überlebt.«
Der Dämon grinste. »Dann wäre das ja geklärt.« Er klang, als hätte er nie mit einem anderen Ausgang der Diskussion gerechnet. So viel Arroganz!
Ohne eine Antwort von Jul abzuwarten, wandte Baal sich ab, humpelte in einen Nebenraum und spähte aus einem Fenster. Vermutlich, um nach Engeln Ausschau zu halten.
Aus zusammengekniffenen Augen sah Jul ihm nach. Wenn der Dämon schon bekam, was er wollte, dann allerdings zu Juls Bedingungen. Er warf Krätschmer einen kurzen Blick zu. Der Dämonendiener tat es seinem Meister auf der anderen Seite des Gangs längst gleich, beobachtete aufmerksam den dunklen Himmel. Die Gelegenheit war günstig.
Eilig zog Jul das Handy aus seiner Jackentasche. Es war wie durch ein Wunder heil geblieben, obwohl der Jeansstoff selbst unzählige versengte Löcher aufwies. Schnell steckte er es Amanda zu. »Ruf Karin an, falls irgendetwas schiefläuft.«
Es gab so viel mehr, das er ihr sagen wollte, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln, das ihre Anspannung aber nicht verbergen konnte. »Es wird vielleicht teuer, aber wir können die Waffe immer noch bekommen«, flüsterte sie ihm zu. »Solange wir irgendwie an die Waffe herankommen, wird alles gut.« Es klang wie etwas, von dem sie sich selbst überzeugen wollte.
Nachdenklich sah Jul zu dem Dämon hinüber, dann beugte er sich zu Amanda hinüber und brachte seinen Mund dicht an ihr Ohr. »Meinst du nicht, wir könnten ohne ihn von hier verschwinden? Und dann beschwörst du ihn, sobald wir in Sicherheit sind? Nun sollte es doch gehen, oder?«
Amanda biss sich auf die Unterlippe, schüttelte dann den Kopf. »Er hat Michael nichts verraten. Womit könnten wir ihm drohen, das schrecklicher ist als diese Folter? Außerdem … sobald wir fort sind, wird er Roman aus der Villa holen lassen und …« Ihre Stimme brach. Sie wandte sich ab, und ihre Schultern hoben und senkten sich, als sie mehrmals tief durchatmete. Der Anblick weckte einen dumpfen Schmerz in Juls Brust. Hatte er wirklich die beste Möglichkeit gewählt, als er Baal von seinen Ketten befreit hatte?
»Drei der gefiederten Schlappschwänze bewachen
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