Aetherhertz
gebleckten Zähnen nach dem Biest schnappte. Paul nutzte seine Chance, krabbelte rückwärts, von den stampfenden Hufen weg. Er stand auf und lief zu dem Gewehr, drehte sich um, legte an, zielte, und schoss.
Der Schuss peitschte laut über den See. Das Wesen kreischte wie ein Kind und flatterte hoch, in Richtung des dunklen Waldes. Oberon galoppierte hinterher. Paul hielt das Gewehr im Anschlag, verfolgte die Bewegung und schoss ein zweites Mal auf die flüchtende Kreatur. Das hatte er wenigstens vor, doch es löste sich kein Schuss. Er musste nachladen! Er sah sich nach Annabelle um, die wie festgewachsen das Geschehen beobachtete. Er rannte zu ihr und gab ihr die leere Büchse. Sie fummelte die Pistole aus ihrer Tasche und er ergriff sie dankbar.
Er drehte sich um und rannte über die Wiese, den Kämpfenden hinterher. Als er nahe genug war, versuchte er zu zielen. Es war schwierig, Pferd und Fledermaus waren in ständiger Bewegung. Paul wartete ab und schoss in einem günstigen Moment.
Die Kreatur taumelte und fiel dann reglos zu Boden. Oberon stieg und landete mit seinem vollen Gewicht auf der Kreatur. Dann trampelte er wild darauf herum.
Paul drehte sich um, lief zurück zu Annabelle und streckte ihr die Hand hin. Blut lief über seine Finger, es sah in der Dunkelheit schwarz aus. Annabelle nahm seine Hand. Ihre Knie zitterten. Es war plötzlich so still, und man konnte in der Dunkelheit kaum etwas erkennen. Oberon wendete sich schließlich ab und trottete in Richtung Stall.
Paul drehte sie weg: “Geh bitte ins Haus und hole eine Laterne. Ich möchte nachsehen, ob es tot ist.“ Seine Stimme war fest und bestimmt.
Annabelle tat, was er sagte. Er nahm die Laterne und sah sie kurz an. Er hatte einen üblen Kratzer im Gesicht, über seiner Augenbraue und an der Wange. Das Blut lief herunter und er hatte es mit dem Ärmel zu einer noch schlimmeren Sauerei verwischt. Annabelle erschrak, auch über seinen Gesichtsausdruck. So hatte sie ihn bis jetzt noch nie gesehen.
Er ging langsam zu dem dunklen Hügel, der die Kreatur war. Eine Weile stand er mit schussbereiter Pistole neben ihr, dann trat er einmal dagegen, aber sie rührte sich nicht mehr.
Er sah hoch zu seinem Käuzchen und aktivierte das Armband, das er immer noch trug. Der Vogel kreiste über ihnen und wartete auf Anweisungen. Er landete die Maschine vor der Terrassentür und ging mit Annabelle zu Sissi. Der Hund lebte noch, hatte aber einige schlimme Verletzungen. Paul gab Annabelle die Laterne und nahm den Hund.
Als sie am Haus ankamen, sagte sie nur: “Oberon.“ Er nickte und sie lief zu ihrem Pferd.
Nachdem sie sich um Oberon gekümmert hatte, seine Wunden ausgewaschen und ihn in den Stall gebracht hatte, verband sie Sissi so gut es ging. Als der Hund schließlich erschöpft einschlief, kümmerte Annabelle sich um Pauls Wunden. Das Fledermauswesen hatte ihn übel an der linken Schulter erwischt. Die Wunden am Kopf und der Wange erwiesen sich zum Glück als oberflächlich.
Sie säuberte die Verletzungen, als auf einmal die ganze Ungeheuerlichkeit der Situation auf sie einstürzte. Ihre Hände fingen an zu zittern und aus ihren Augen liefen Tränen wie Wasser. Sie konnte nicht mehr weitermachen und setzte sich weinend. Paul nahm sie etwas hilflos in den Arm und wartete geduldig, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
„ Ich bräuchte da noch einen Verband“, sagte er leise.
„ Mein Gott, Paul“, sagte Annabelle gequält, „was war das?“
Sie fing an, einen Verband um den Oberarm zu wickeln. Es sah nicht besonders gut aus, aber sie steckte es einfach fest und setzte sich dann auf den Rand der Badewanne.
„ Es wollte dich töten, oder?“
Paul schüttelte den Kopf: “Ich weiß es nicht. Es hat ja zunächst Oberon angegriffen. Und auch Sissi. Vielleicht war es nur auf Beute aus. Aber wir werden es wohl nie erfahren.“
Annabelle verbarg ihr Gesicht in den Händen. Dann sagte sie leise, ohne ihn anzusehen: “Das hätte mir auch geschehen können.“
„ Was?“ Paul verstand nicht, aber er wollte das nicht hier diskutieren.
Er schob Annabelle aus dem Bad ins Wohnzimmer. Dort setzte er sie in ihren Lieblingssessel und warf ein paar Scheite Holz aufs Feuer, öffnete den Spirituosenschrank, griff nach der erstbesten Flasche und goss zwei Gläser voll. Es war nicht leicht, mit nur einem Arm. Aber der andere hatte angefangen, bei jeder Bewegung zu schmerzen.
Annabelle sah ins Feuer. Sie nahm abwesend das Glas und trank einen großen
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