Aetherhertz
Dann stand er auf und ging in die Bibliothek, um auf Karl Burger zu warten.
Paul fasste gerade die Ereignisse des Abends für Karl zusammen, als es an der Tür klopfte. Ein Bote brachte eine Nachricht.
Paul nahm die Nachricht und öffnete sie. Er las sie und sah Burger entsetzt an: “Sie ist wieder im Adlerhorst!“
„ Was?“ Burger riss Paul die Nachricht aus der Hand.
„ Wir müssen sofort dort hin“, sagte Paul. Sein Kopf drehte sich. Die schlaflose Nacht machte es schwierig, klar zu denken.
„ Ja“, nickte Burger. „Wir nehmen das Automobil.“ Er ging, um Naumann Bescheid zu sagen.
Paul konnte daher nicht anders: Er musste es Frau Barbara erklären.
Er war froh, dass die von Burger bestellte Krankenschwester da war, denn die alte Kinderfrau nahm die Nachricht nicht gut auf.
„ Rufen Sie mir einen Arzt“, forderte die Pflegerin, und Paul richtete die Bitte an Naumann.
Dann brauste er mit Burger in den Schwarzwald hoch.
Burger fuhr die kurvigen Straßen in einem halsbrecherischen Tempo. Paul war froh um seine Schutzbrille und den dicken Mantel. Es war nicht möglich, sich zu unterhalten. Es war allerdings auch nicht möglich, die schlimmen Gedanken zu verdrängen, die immer wieder in seinem Kopf kreisten.
Als schließlich der Gebäudekomplex sichtbar wurde, beschlich Paul das Gefühl, das seine komplizierte Situation nun noch um einiges Schlimmer werden würde.
Nach langer Wartezeit wurden sie schließlich empfangen.
„ Major Götz“, begrüßte ihn Dr. Karl Burger ernst.
„ Dr. Burger, Herr Falkenberg.“ Der Mann füllte sie Schultern seiner Uniform bis zum Bersten aus. Paul war das beim ersten Mal nicht aufgefallen, aber heute bemerkte er es. Sie wurden wieder lange gemustert. Der Soldat trommelte mit den Fingern seiner rechten Hand auf einer Akte.
„ Wir haben Nachricht, dass das Fräulein Rosenherz sich hier befindet“, eröffnete Karl Burger das Gespräch. Der Major nickte. Er öffnete die Akte, um sie gleich wieder zu schließen. Es war eine leere Geste um Zeit zu gewinnen. Paul stand auf, er konnte nicht mehr sitzen.
„ Was ist mit ihr? Warum ist sie hier?“
„ Setzen Sie sich“, sagte der Major ruhig.
Paul sah zu Burger, der nickte. Widerwillig setzte er sich.
„ Ich fasse es Ihnen kurz zusammen: In den frühen Morgenstunden wurde das Fräulein bewusstlos neben einem schwer verletzten Mann gefunden. Sie war voller Blut und es ist zu klären, ob sie ihn angegriffen und ihm die Verletzungen zugefügt hat.“
„ Das ist doch Unsinn“, ereiferte sich Paul und wollte sich wieder erheben, wurde aber von Burger zurückgehalten.
Der Major betrachtete sie unter seinen buschigen Augenbrauen hervor.
„ Ist sie jetzt bei Bewusstsein?“, fragte Karl.
„ Sie kann sich nicht erinnern“, erwiderte der Major.
„ Und der Verletzte?“
„ Er ist noch nicht vernehmungsfähig.“
Stille. In Pauls Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander.
„ Ich will sie sehen!“, sagte er dann.
Der Major schüttelte verneinend den Kopf.
„ Bis wir sie verhört haben, darf niemand zu ihr.“
„ Wir müssen doch irgendetwas tun können!“, ereiferte sich Paul.
„ Ich muss Sie hier und jetzt davon unterrichten, dass wir bereits rechtliche Schritte geprüft haben, die die Vorfälle beim letzten Aufenthalt des Fräuleins untersuchen sollen.“ Karl Burger war ganz ruhig und selbstsicher.
Der Major presste die Lippen aufeinander.
„ Das ist Ihr gutes Recht.“
„ Falls wieder etwas Unrechtmäßiges geschieht, werden höchste Stellen eingreifen.“
„ Wir führen hier nur Befehle aus“, erinnerte ihn der Major sanft.
„ Fragt sich nur, wessen Befehle. Ich war lange genug selbst Soldat, Major Götz, um zu wissen, dass man einen Befehl auf unzählige Arten befolgen kann. Sie können Ihr Gewissen damit nicht reinwaschen.“
Der Major bekam eine steile Falte über der Nasenwurzel, dann legte er die flache Hand auf die Akte, als ob er sie zuhalten wolle.
„ Nun, als ehemaliger Soldat verstehen Sie aber auch, dass ich nicht anders handeln kann. Und das ich noch viel zu tun habe. Sie werden benachrichtigt, wenn es neue Entwicklungen gibt.“
Karl Burger erhob sich und zog Paul mit.
Wie betäubt ging Paul hinter ihm her durch die Gänge, durch die Türen, die Gitter, die Mauern, immer weiter von Annabelle weg.
„ Wir können sie doch nicht hier lassen!“, versuchte er es noch einmal. Aber Burger startete den Motor.
„ Wir haben keine Wahl. Aber wir werden
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