Aetherhertz
Peter Falkenberg kam. Dr. Burger hatte sich nicht gesetzt und begrüßte den Anwalt ernst. Er überragte den Mann um einen ganzen Kopf. Diesen Größenunterschied wollte er nutzen, es kam ihm jetzt darauf an, die Oberhand zu haben.
„ Wie geht es Ihrer Frau?“, fragte er.
„ Sie hat sich einigermaßen beruhigt“, erwiderte Falkenberg.
„ Es war ein bedauerliches Missverständnis.“
Falkenberg zog die Augenbrauen hoch und sah weg. Er hatte Angst vor einer Konfrontation, wollte aber nicht einfach so nachgeben.
„ Das Fräulein hätte das nicht tun dürfen“, presste er hervor.
„ Was? Sie hat Ihre Frau geheilt!“
„ Das war nicht nötig. Es war nur ein kleiner Schnitt. Wir wollen mit so etwas nichts zu tun haben.“
„ Womit genau?” Er ließ den Anwalt eine peinliche Pause lang nach einer passenden Antwort suchen.
“ Sie sind sich schon über die Konsequenzen im Klaren, oder?“, fragte er dann, als keine kam.
Falkenberg sah ihn an, presste er die Lippen zusammen und ging zum Flaschenschrank. Er schenkte sich ein Glas ein. Burger verneinte, er wollte nichts trinken.
„ Welche Konsequenzen meinen Sie?“
Burger war genervt, dass er es wirklich aussprechen musste.
„ Nun, zunächst mal kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie unsere Interessen vertreten können, wenn Sie dem Fräulein nicht vertrauen, und Sie ihnen nicht vertrauen kann.”
Burger beobachtete den Mann. Das Prestige, einer der Vorstände der Stiftung zu sein, war dem Anwalt von Anfang an sehr wichtig gewesen.
“ Sie wissen, Paul ist entschlossen, Annabelle zu heiraten. Er wird das auch ohne Ihre Zustimmung tun.“
Peter Falkenberg trank sein Glas aus, stellte es ab und setzte sich. Er zündete sich eine Zigarre an. Schließlich nickte er mit zusammengepressten Lippen.
“ Was schlagen Sie vor?”, fragte er Burger.
“ Beruhigen Sie Ihre Frau und stellen Sie sich den Tatsachen.”
Burger setzte sich auch und rauchte eine seiner ägyptischen Zigaretten. Wie bei den Ureinwohnern, von denen die Tradition des Rauchens kam, bedeutete es auch hier einen Abschluss, wenn auch nicht Frieden. Zeit, den Anwalt von den neuesten Entwicklungen in Kenntnis zu setzen.
“ Annabelles ist erneut verhaftet worden.“
Peter Falkenberg reagierte erschrocken. Gerade eben noch hatte er noch damit gerungen, eine geringe Andersartigkeit bei seiner zukünftigen Schwiegertochter zu akzeptieren. Nun sollte er die weitere Ungeheuerlichkeit eines erneuten Gefängnisaufenthaltes auch noch verarbeiten! Er war skeptisch und unsicher, eine schlechte Kombination.
Burger musste einschreiten, bevor die Gedanken in die falsche Richtung schweiften: “Hören Sie, aber das bleibt jetzt unter uns: Falls auch nur der geringste Verdacht sich bestätigt, Annabelle könnte ihre Veränderung nicht im Griff haben und Schaden damit anrichten, dann schwöre ich hier und jetzt, dass ich sie aus dem Land bringe. Ich werde die besten Leute finden, um ihren Zustand zu verbessern und im schlimmsten Falle werde ich mit ihr dauerhaft im Ausland verbleiben.
So könnte Ihr Sohn Gelegenheit bekommen, sich unbeeinflusst von möglichen Schuldgefühlen oder Verpflichtungen, die er empfindet, zu entscheiden. Eine Trennung auf Zeit bringt häufig Klarheit.“
Falkenberg sah ihn an. Der Anwalt rang um eine rationale Entscheidung. Burgers Argumente schienen logisch und für alle Seiten akzeptabel. Der Anwalt schenkte sich noch ein Glas ein.
Burger stand auch auf und stellte sich vor ihn: “Sie müssen sich entscheiden. Die Zeit drängt.“
Falkenberg fand in seinem Glas offenbar eine Antwort. Er nickte. „Ich werde auch weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen die Interessen des Fräuleins vertreten.“
Burger klopfte ihm anerkennend und erleichtert auf die Schulter. Das brauchte er nicht zu kommentieren.
* * *
“ Karl, ich muss etwas unternehmen, sonst drehe ich durch“, sagte Paul zu Burger am nächsten Tag. Karl hatte ihn zu sich nach Hause eingeladen, um über Handlungsmöglichkeiten nach zu denken. Sie saßen in Burgers Studierzimmer und grübelten.
“ Was schwebt dir denn vor? Wir können nicht einfach da oben hereinspazieren und sie mitnehmen.“
“ Je länger ich darüber nachdenke, umso klarer wird mir, dass etwas nicht stimmt. Könnte es eine Falle gewesen sein? Was wissen wir denn über Depuis und Hartmann nun genau?“
“ Hast du mir nicht erzählt, der Russe hätte Geschäfte mit denen gemacht?“
“ Ja, er wollte aber erst Details erzählen,
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