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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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ihm die Sicherheit, die er bis jetzt in seinem Leben verspürt hatte. Jeder barg Risiken, die er nicht absehen konnte, und ihm war auch bewusst, dass er eine mögliche Entscheidung nicht alleine treffen konnte.
    Warum wusste man oft nur, was man nicht wollte? Er wollte keine Ehe, wie die seiner Eltern. Seiner Mutter ging es gut, aber die Liebe, die sie seinem Vater nicht geben wollte oder konnte (denn Peter Falkenberg liebte seine Frau sehr wohl), hatte sie auf Paul fokussiert. Das hatte ihn zum Außenseiter in der Familie gemacht, eine Rolle, die undankbar war. Er wollte mit Frauen aber auch nicht so umgehen wie Friedrich. Obwohl er seinem jüngeren Bruder vielleicht Unrecht tat, fand Paul ihn oft sehr oberflächlich.
    Paul wollte aus Liebe heiraten. Er hatte eine vage Vorstellung, was das bedeutete, aber nun traute er seinem Gefühl nicht mehr. Was war Liebe? In jedem Falle bedeutete es, sich erst einmal kennenzulernen, bevor man einen Bund schloss. Aber das war nicht so leicht, denn durch das Küssen waren sie da vielleicht schon einen Schritt zu weit gegangen.
    War er dazu bereit, auf manche Konventionen zu pfeifen? Er wusste, dass Annabelle und ihr Vater ein gesellschaftlich umstrittenes Leben geführt hatten. Die vielen Reisen, merkwürdige Besucher, die Spekulationen über die Tätigkeiten des Professors. Wie stand er zu diesem Gerede?
    Es blieb ihm nur übrig, sich auf sein Gefühl zu verlassen. Und seine Gefühle überrannten ihn gerade. Er wünschte sich Zeit, gleichzeitig hätte er gerne jede Sekunde mit ihr verbracht ...
    Fast wäre er an dem Krankenhaus vorbei gegangen. Er blieb kurz stehen und nahm den Hut ab, um sich durch die Haare zu fahren. Verflixte Gefühle!
     
    * * *
     
    Annabelle versuchte Hans zu überzeugen, der nicht glauben wollte, dass es sich um eine Praline handelte.
    „ Sie hat irgendwie meine Gefühle beeinflusst. Wie eine Droge.“
    „ Wir haben doch schon auf Opiate getestet!“ Hans tippte auf die Protokolle.
    „ Es war auch nicht beruhigend, was da passierte!“, insistierte Annabelle. „Es war eher aufpeitschend.“
    „ Aber ihr habt doch alle geweint, haben Sie erzählt.“
    „ Ja, schon. Aber doch nur, weil die Arie so traurig war. Es war alles so intensiv, man fühlte es so sehr mit.“ Annabelle versuchte sich daran zu erinnern, aber es fiel ihr schwer. Zu viel war seither geschehen.
    „ Frauen.“ Hans verdrehte die Augen. „Wie sollen wir 'Mitfühlen' denn nun testen?“
    „ Das können wir nicht“, gab Annabelle zu. „Vielleicht bringt uns Herr Falkenberg ja eine Testpraline.“
    „ Also ich esse das nicht.“
    „ Sollen Sie auch nicht. Obwohl Sie etwas Gefühl brauchen könnten.“ Vielleicht konnte sie ihn ja doch zum Lachen bringen. Aber Hans war misstrauisch und blieb mürrisch.
    „ Was meinen Sie, Hans“, versuchte sie es anders. „Wenn wir es wirklich herausfinden, dann ... ich meine, niemand wird ja ernsthaft vermuten, dass ich ... alle werden denken, dass Sie ... und ich verrate es auch nicht.“
    Seine Miene hellte sich auf. „Und was ist mit Ihrem Kandidaten?“
    Annabelle stutzte. „Paul – äh, Herr Falkenberg? Der verrät sicher auch nichts. Und er ist nicht mein Kandidat“, fügte sie noch hinzu.
    „ Dann ist er ganz schön dumm.“ Er seufzte. „Wonach sollen wir denn jetzt Ihrer Meinung nach suchen?“
    „ Ich habe da noch einige Ideen ...“, sagte sie. “Wir sollten uns noch einmal in das Thema einlesen, damit wir auf alle nötigen Tests vorbereitet sind.”
    Annabelles Hobby war schon seit Langem das Studium von Giften, seien es nun pflanzliche oder tierische Substanzen. Da aber immer galt: “dosis facit venenum“, also „Die Dosis macht das Gift“, hatte sie sich auch mit schwach giftigen oder generell Bewusstseins erweiternden Pflanzen nebenbei beschäftigt. Sie hatte ein Buch mitgebracht und schlug es nun auf: „Wir sollten auch die exotischeren Gifte in Betracht ziehen, und da nur die, die man oral einnimmt. Aber es sollte nicht zu geschmacksintensiv sein. Also es gäbe da zum Beispiel die Pilze: Wirkstoff Psilocybin. Oder der Peyote Kaktus, den die südamerikanischen Schamanen benutzen. Ausschließen würde ich eigentlich die Scopolamine – also Bilsenkraut oder Stechapfel. Der Moment des Rausches war dafür zu kurz, und keine der Damen hat sich dabei irgendwie bewegt, was typisch für diese Gifte wäre. Ich könnte mir auch vorstellen, dass er Wahrsagersalbei benutzt, aber das würde man doch schmecken, ich kenne mich

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