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AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

Titel: AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Jelinek
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und ermöglichte den weiteren Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht. Seine Ehefrau Katharina hasste hingegen Preußen, viele Offiziere wollten den Allianz-Wechsel nicht mitmachen. Peter III. hatte sein Todesurteil unterschrieben.
    Katharinas Geliebter Grigori Orlow durfte sich durchaus Hoffnungen machen, an der Seite Katharinas zum Zaren aufzusteigen. Doch die Herrscherin weigerte sich, ihre mühsam errungene Macht zu teilen. Sie hielt ihren Geliebten auf Distanz, belohnte ihn mit höchsten Posten, die wunderbare Möglichkeiten zur Bereicherung boten, dachte aber nicht daran, dem strammen Offizier aus niederem Adel ihr Jawort zu geben. Die herrschende Klasse der russischen Aristokratie hat den Putsch und die Ermordung des ungeliebten Herrschers toleriert. Den Verräter als Zaren zu präsentieren, das wäre nicht mehr akzeptiert worden. Grigori Orlow reagiert wie ein verschmähter Liebhaber. Er wird fordernd. Er wird mürrisch. Es kommt zum Streit. Orlow provoziert die 35-jährige Monarchin, hat Verhältnisse mit Hofdamen. Als er seine 13-jährige Cousine verführt, reicht es der Zarin. Sie delogiert Orlow aus der Suite des Kammerherrn, von der aus der Favorit über eine geheime Treppe direkten Zugang zu ihrem Schlafzimmer hat. Ein neuer Kammerherr zieht ein.
    Doch Katharina II. lindert Orlows Trennungsschmerz durch höchste Ehren und üppige Landschenkungen. Gemeinsam entwickeln sie in der Tradition der Aufklärung eine Modernisierungsstrategie für das Riesenreich. Katharina macht Orlow zum Verantwortlichen dafür. Zarin und Geliebter gehen mit mutigem Beispiel voran. Sie lädt den englischen Arzt Thomas Dimsdale nach Sankt Petersburg ein. Er hat Grundlagen für eine Impfung gegen die gefürchteten Pocken beschrieben. Gegen den Rat ihrer eigenen Ärzte lässt sich die Herrscherin von Dr. Dimsdale mit menschlichem Pockeneiter ritzen. Auch Grigori Orlow muss seinen Oberarm freimachen und als Versuchskaninchen für die Pockenimpfung herhalten. Das Beispiel macht Schule. Die Impfung wird in Russland zum Erfolg. Der englische Arzt erhält 10.000 Pfund als Honorar und wird zum russischen Baron erhoben.
    Ihr Reich war unüberschaubar groß. Es gab keine genauen Pläne und selbst die Herrscherin hatte nur ungenaue Vorstellungen, welche Ländereien zu ihrem Reich gehörten. Es mangelte an Menschen, um die ungeheuren Rohstoffe des Imperiums zu nutzen. Die Zarin aus deutschen Landen verfolgte eine konsequente „Ausländer rein“-Politik. Im Juli 1763 erließ sie ein Manifest, das die Einwanderung propagierte: „So verstatten Wir allen Ausländern, in Unser Reich zu kommen, um sich in allen Gouvernements, wo es einem jeden gefällig, häuslich niederzulassen.“ Etwa 30.000 Deutsche folgten diesem Ruf und siedelten sich in Russland an.
    Potemkins Macht, sein Einfluss und sein ungeheurer Reichtum gründeten in seiner Partnerschaft zur Zarin. „Sein Leben bestand aus einem einzigen Begehren, nicht jedoch aus dem Genuss, denn mit nichts war er zufrieden.“ So analysiert der Berliner Slawistik-Professor Georg Witte den Feldherrn und Politiker. Ohne die Beziehung zu Katharina wäre Potemkin ein leidlich erfolgreicher Schwerenöter an einem kaiserlichen Hof gewesen. Gemeinsam führten sie Russland zu neuer Größe. Potemkin regierte das Zarenreich mit Tatkraft, Mut und Intelligenz. Er war ein kongenialer Partner einer starken – auch skrupellosen – Herrscherin, die erlaubt, dass er zum einflussreichsten Mann Russlands aufsteigt. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms ist Grigori Alexandrowitsch Potemkin ein wahrer Machtkoloss, dick mit Edelsteinen behängt und doch unsicher. Er kaut seine Fingernägel blutig, herrscht aber über hunderttausende Leibeigene, mehr hat nur die Zarin unter ihrer Knute.
    Katharina die Große, Elizabeth I. und Maria Theresia – drei Frauen auf Herrscherthronen, die Europa prägten.
    Potemkin wollte stilvoll sterben, nicht in einer Kutsche, geschwächt durch Aderlässe und Brechmittel, den bevorzugten „Heilmitteln“ der Ärzte, die Kranke damit umso sicherer dem Tode weihten. Der Fürst wollte wie ein Kosake sterben, unter freiem Himmel. Gräfin Branicka hatte einen orientalischen Teppich auf dem Boden ausbreiten lassen, die gesamte Entourage – Generäle, Würdenträger, Priester, Beamte – versammelte sich in gebührender Entfernung und beobachtete das Sterben eines Großen. In seinem prachtvollen Morgenmantel aus Seide hatte er Briefe von Katharina verborgen. Auch nach dem Ende ihrer

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