AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
Montez. Ein neues Kabinett, mühsam gefunden, bürgert die geborene Irin ein. Es kommt zu Protesten und Tumulten. Ludwig I. spannt den Bogen weiter. Er adelt seine Geliebte zur „Gräfin von Landsfels“ und gibt als Begründung für diese Provokation der bayerischen Aristokratie an: „Wegen der vielen, den Armen Bayerns erzeigten Wohltaten.“
Eingebürgert und geadelt legt Lola Montez alias Gräfin Landsfels Wert auf eine stramme Begleitung. Sie bezirzt den jungen Studentenführer Elias „Fritz“ Peißner. Der Senior der Korporation „Palatia“ widmet sich mit einer Handvoll Kommilitonen fortan dem Dienst an der Schönen, und zwar Tag und Nacht. Die Mätresse des Königs gebietet nun über eine eigene Leibgarde. Der nächste Skandal bahnt sich an. Denn die deutschnationalen Studenten reagieren auf die Abtrünnigen und ihre Schutzherrin mit Zorn und Hass. Senior Elias Peißner und seine Korpsbrüder werden aus der „Palatia“ ausgeschlossen und gründen eine „Alemannia“. Lola Montez bittet den König um Intervention. Dieser fordert die Studenten-Korps auf, die Leibgarde seiner Geliebten nicht mehr zu ächten. Der bayerische Justizminister Karl von Schrenck von Notzing, ein „Alter Herr“ der „Palatia“, unterzeichnet ein Manifest gegen Lola Montez und tritt aus dem Staatsdienst aus. An der katholischen Münchner Universität protestieren Studenten. Unruhen brechen aus. Die Geliebte des Königs provoziert weiter. Sie versteckt sich nicht im Palais, das mit Schneebällen und Steinen beworfen wird, sondern geht demonstrativ spazieren. Als sie schließlich von einer aufgebrachten Menge auf dem Theatinerplatz erkannt wird, kommt es zu unfeinen Beschimpfungen und handfesten Drohungen. Lola Montez rettet sich in die Theatinerkirche. Ihr Palais wird belagert. Sie tritt mit einem Champagnerglas auf den Balkon und prostet der schäumenden Menge zu.
König Ludwig I. ist empört: So darf man seine Favoritin nicht behandeln. Der Monarch will durchgreifen. Er verordnet am 9. Februar 1848 die sofortige Schließung der Universität bis zum Wintersemester 1848/49 und befiehlt allen Studenten, die Stadt binnen drei Tagen zu verlassen.
Münchner Wirte und viele Zimmervermieter solidarisieren sich mit den Studenten und Professoren. Das Geschäftsleben droht ohne trinkfreudige Hochschüler schweren Schaden zu nehmen. Die Münchner sind entrüstet. Viele formieren sich zum Marsch auf die Residenz des Königs. Unerhörtes ereignet sich. Nur schwere Reiter können die Protestierenden auseinandertreiben. Auf den winterlichen Straßen Münchens herrscht vorrevolutionäre Stimmung. Ludwig I. eilt zum Wohnort seiner Favoritin, wird von den Demonstrierenden mit Schweigen, gar mit Buhrufen bedacht. Viele verweigern die Etikette. Sie nehmen vor ihrem König den Hut nicht ab. Dieses Verhalten gilt als schwere Beleidigung. Der König und seine verbliebenen Berater erkennen den Ernst der Lage. Die Universitätssperre wird schon am nächsten Tag widerrufen. Lola Montez muss München verlassen.
Doch der Volkszorn im März 1848 lässt sich nicht mehr beruhigen. Drei Wochen später wird das Münchner Zeughaus gestürmt. Die Bürger und Studenten bewaffnen sich, sie bilden sogenannte „Freikorps“. Die Märzrevolution hat auch in Bayern begonnen, aber noch schützt den König der Respekt vor der Monarchie. Der Aufstand der Münchner Bürger und Studenten im Frühjahr 1848 richtet sich, anders als in vielen anderen deutschen Ländern, weniger gegen die überkommene Ordnung als vielmehr gegen die Person Lola Montez, die mit ihren Eskapaden und dem öffentlich zelebrierten Verhältnis zum König eben diese Ordnung aus den Angeln hebt. Schon der durch Montez erwirkte Rücktritt der konservativen Regierung Abel hat politische Wirkungen. Die liberalere Nachfolgeregierung stößt zahlreiche Reformen an.
Gerüchte verdichten sich: Lola Montez ist aus dem Schweizer Exil wieder zurückgekommen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die ungeheure Sensation. Sie soll sich mit dem König im Haus des ehemaligen Hufschmieds treffen. Dort am Rande des Englischen Gartens in der Nähe der Isar hat der König ein Liebesnest einrichten lassen. Es geht Schlag auf Schlag. Studenten, Professoren und Münchner Bürger protestieren, es kommt am 16. März zu neuerlichen Unruhen. Ludwig muss seine Lola per Fahndungsbefehl polizeilich suchen lassen. Drei Tage später ist der Druck auf ihn zu groß. Er dankt zugunsten seines Sohnes Maximilian II. ab. Seine Krone
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