AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
hat er im Liebestaumel verloren, die Monarchie wird noch einmal über die Revolutionswirren gerettet.
Der große Historiker Golo Mann zeichnet in einem Essay über den König von Bayern ungeachtet seiner Eskapaden mit und um Lola Montez ein freundliches Bild des ersten Ludwig. „Mit seinen großen Tugenden, seinen im Vergleich mit jenen doch nur geringfügigen menschlichen Schwächen, war er ein König, wie Europa ihn im 19. Jahrhundert nur einmal sah und wohl nie wieder sehen wird.“
Und seine Geliebte? Lola Montez versucht sich weiterhin als Tänzerin und als Reisende. In Genf lebt die königliche Mätresse in Luxus und tröstet Ludwig I. zumindest brieflich über das Ende der Beziehung hinweg. Der bayerische Ex-König finanziert weiter den freizügigen Lebenswandel von Lola Montez, bis er schließlich vom Studentenführer Peißner selbst erfährt, dass dieser eine Affäre mit der Geliebten des Königs hatte. Damit ist die Angelegenheit für den abgedankten Monarchen erledigt. Montez muss sich nach einer neuen Finanzquelle umsehen. Sie verlässt die Schweiz, kehrt nach London zurück und findet neuerlich einen Mann, der sie heiraten wird. Peinlicherweise gilt eine zweite Eheschließung als Bigamie und daher als Verbrechen. Montez flieht nach Spanien und Frankreich und veröffentlicht auf 1400 Seiten ihre reichlich ausgeschmückten Lebenserinnerungen. Das Buch wird ein kommerzieller Erfolg, aber mit Ehemann Nummer zwei ist es bald vorbei. Die Montez schifft sich Richtung New York ein, tritt am Broadway als „Lola Montez in Bavaria“ auf, heiratet wieder, tanzt bei einem Wanderzirkus und siedelt sich für zwei Jahre in der kalifornischen Goldgräberstadt Grass Valley an.
Während der bayerische Ex-König das Leben an der französischen Côte d’Azur genießt, hält sich Lola Montez mit Vortragsreisen und Ratgebern über weibliche Schönheitspflege finanziell über Wasser. Das exzessive Leben fordert ihren Tribut. Montez erleidet einen Schlaganfall, wird von einem protestantischen Pastor zum christlichen Leben bekehrt und stirbt, nicht einmal 40 Jahre alt geworden, verarmt an einer Lungenentzündung. Auf ihrem Grabstein auf dem Green-Wood Cemetery in Brooklyn steht: „Eliza Gilbert. Ein Leben lang ist sie vor ihrer wahren Identität davongelaufen.“
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Golo Mann, Ludwig I., König von Bayern, Waakirchen 1989.
Bruce Seymour, Lola Montez – Eine Biografie, Düsseldorf 1998.
Fritz Weissensteiner, Liebe in fremden Betten, Wien/Frankfurt am Main 2001.
http://www.lola-montez.com
http://www.corpspalatia.de
Franz Joseph I. und Anna Nahowski
Der Monarch und seine Liebe zum Morgengrauen
Wer einen Kaiser liebt, muss früh aufstehen oder frühmorgens ins Bett gehen. Franz Joseph I., Habsburger-Kaiser von Gottes Gnaden, pflegte bei Tagesanbruch (und im Winter Stunden vor Sonnenaufgang) im Park des Schlosses Schönbrunn zu lustwandeln. Der Monarch, dessen Bild als gebeugter greiser Mann mit Backenbart an seinem Arbeitstisch im historischen Gedächtnis eingebrannt ist, war auch einmal jung und durchaus viril. Franz Joseph wird im jugendlichen Alter von 18 Jahren zum Kaiser der mitteleuropäischen Monarchie, ein attraktiver, fescher Bursch, der schon im Teenager-Alter Interesse am anderen Geschlecht zeigt und forsch zu Werke geht.
Das Zeitalter Franz Josephs I., das bis heute unser Bild von der Habsburger-Monarchie prägt, beginnt nach den Wirren des Revolutionsjahres 1848. Das Ende des Biedermeiers verlief weder bieder noch beschaulich, schon gar nicht friedlich. Der Aufstand der Bürger gegen die absolutistische Monarchie und das politisch rückwärtsgewandte Biedermeier mit seinem Kaisertum von Gottes Gnaden war gerade erst militärisch – und blutig – niedergeschlagen worden. 2000 Wiener starben in den Oktoberkämpfen. Österreichische und kroatische Truppen unter der Führung von General Alfred Fürst zu Windisch-Graetz hatten die Kaiserstadt Wien mit Artillerie beschossen. Der weitgehend unfähige Kaiser Ferdinand war mit seinem Hof nach Olmütz geflohen, der Reichstag folgte ins mährische Kremsier nach.
Die erkämpften Errungenschaften der Märzrevolution von 1848 gingen Schritt für Schritt verloren. In Österreich begann der Neoabsolutismus. Symbol dafür war der Kaiser. Nach dem Rücktritt von Ferdinand I. und dem Thronverzicht seines Bruders Erzherzog Franz Karl trat dessen Sohn Franz Joseph die Nachfolge an. Der 18-Jährige wurde in Olmütz zum Kaiser gekrönt, ins nachrevolutionäre Wien wagte
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