AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
langjährige Geliebte des Kronprinzen. Als sich Thelma 1934 zum Besuch ihrer Schwester Gloria über den Atlantik einschiffte, bat sie ihre Freundin Wallis Simpson, ein wenig auf Edward aufzupassen. Das war ein Fehler. Wallis wurde die Geliebte des Thronfolgers. Nach ihrer Rückkehr reagierte die abservierte Society-Lady etwas unwirsch und beklagte sich offen über die „Eiseskälte“ ihres Verflossenen. Der von der Damenwelt umschwärmte Königssohn zeigte wenig Empathie. Thelma sei ein „Biest“, ließ seine königliche Hoheit verlauten.
Im November 1934 begegnen einander Edward und das Ehepaar Simpson bei der Hochzeit seines jüngeren Bruders George abermals. Die mondäne Amerikanerin macht wieder großen Eindruck auf den künftigen König. Sie hat sich für die Hochzeit in der Westminster Abbey ein prachtvolles Diadem von Cartier ausgeliehen. Der Thronfolger ist geblendet. Schon beim Empfang im Buckingham Palace stellt Edward dem König seine neuen Bekannten vor.
Frau Simpson entsprach keinen gewöhnlichen Schönheitsidealen, dafür war sie zu dünn, zu hager und – Anfang 40 – auch zu alt. Aber Wallis Simpson war eine intelligente, selbstbewusste, mondäne Frau. Edward suchte die Nähe zu den Simpsons. Um Wallis zu sehen, musste er auch ihren Ehemann in Kauf nehmen.
Er lud das amerikanische Millionärspaar regelmäßig zu Festen in seine Residenz Fort Belvedere in der Nähe von Windsor ein. Edwards Diener musste am Morgen nach einer derartigen Fete eine schockierende Feststellung machen: Als er das Frühstück ans Bett servieren will, findet er den Thronfolger nicht unter seiner Tuchent, die Laken sind unbenutzt. Er ahnt: Sein Herr hat die Nacht im Zimmer von Frau Simpson verbracht.
Es ist schwer zu glauben, dass der gehörnte Ehemann die Avancen des Thronfolgers nicht registrierte. Er ging auf Reisen, überließ seine Frau Edward. In einer Welt der Waren und Geschäfte hatte auch Untreue einen Preis. Der Amerikaner Simpson erhoffte sich vom künftigen englischen König lukrative Kontakte und Geschäfte, jedenfalls aber einen Adelstitel. Edward und Wallis lebten ihre Affäre offen aus. Im Februar 1935 adeln die beiden den Tiroler Wintersportort Kitzbühel, sie schnallen sich Holzlatten an die Beine und kurven durch den Pulverschnee. Im August wollen sie mit der Yacht „Cutty Sark“ durchs Mittelmeer kreuzen. Die unruhige weltpolitische Lage verhindert eine ausgedehnte Schiffsreise. So dampft das Paar auf dem Schiff des Herzogs von Westminster nur bis Korsika. Später besuchen Edward und Wallis Wien und Budapest. Während die britische Presse über die Eskapaden des Thronfolgers schweigt, ist der Rest der Welt über die Liaison des künftigen Königs bis ins Detail informiert.
Die acht Wochen zwischen dem 16. Oktober und dem 11. Dezember 1936 verdichten die Affäre, erhöhen den Druck und enden mit der Abdankung des Königs. Die Fronten werden bezogen. Während Edward den Eigentümer des „Daily Express“ und des „Evening Standard“, William Maxwell Aitken, auf seine Seite ziehen kann und den mächtigen Verleger überzeugt, Berichte über das Scheidungsverfahren zwischen Wallis Simpson und ihrem Ehemann Ernest zu unterdrücken, ergreifen die „Times“ und ihr Herausgeber Geoffrey Dawson die Partei von Premierminister Stanley Baldwin. Noch schweigt die Presse. Doch der Privatsekretär des Königs wittert den drohenden Sturm. Er schreibt seiner königlichen Hoheit einen besorgten Brief: „Das Schweigen der britischen Presse bezüglich der Freundschaft Eurer Majestät mit Frau Simpson wird nicht anhalten. Den Briefen britischer Untertanen im Ausland, wo die Presse sich offen äußerte, nach zu urteilen, werden die Folgen verhängnisvoll sein.“
Am Wochenende um den 17. Oktober berät der konservative Regierungschef mit führenden Mitgliedern seiner Partei die weitere Vorgangsweise. Die Herren fürchten, dass die Ehe von Wallis Simpson geschieden werden und damit die formale Hürde für eine Hochzeit des Königs mit der Amerikanerin fallen könnte. Eine Heirat noch vor der für Mai 1937 festgelegten Krönung wäre zeitlich möglich. Wallis Simpson bei der Krönungsfeierlichkeit in Westminster Abbey an der Seite des Königs – das ist für den britischen Regierungschef eine Katastrophe.
Baldwin trifft den König und will, dass seine Geliebte die Scheidungsklage zurückzieht. Edward lehnt entrüstet ab. Am Tag vor dem Gerichtstermin in der ostenglischen Stadt Ipswich beginnt die Intrige des
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