AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
Madonna legte im September 2011 mit „W.E.“ ihr Regiedebüt vor.
Die Liebe der beiden ist von Intrigen, Propaganda, Geheimdienstberichten und politischen Verwicklungen auf allen Ebenen überlagert. Die historische Forschung hat erst in den vergangenen Jahren vieles davon weggekratzt, was das Geschichtsbild von König Edward VIII. und seiner Wallis eintrübt oder verklärt.
Die Schuld an der Verfassungskrise und dem Verlust von Thron und Krone musste natürlich der mondänen und „unmoralischen“ Ausländerin in die Stöckelschuhe geschoben werden. Wallis, die nicht gerade eine konventionelle Schönheit war, wurde von der englischen Boulevardpresse zur männermordenden Femme fatale stilisiert. Männerfantasien beflügelten die Berichte und Kommentare der Gesellschaftsjournalisten. Wallis habe den König sexuell hörig gemacht, mit ausgefeilten Techniken, die sie in einem Bordell in Hongkong gelernt hätte. Der König habe nur bei ihr sexuelle Erfüllung gefunden. Außerdem wurde die Geliebte des Königs als lesbisch und/oder nymphoman dargestellt, wie man es eben brauchte. Edwards offizieller Biograf Philip Ziegler schrieb: „Es muss sich um eine Art sadomasochistischer Beziehung gehandelt haben. Er genoss die Verachtung und Grobheit, mit der sie ihm begegnete.“
Frau Simpson war nun aber tatsächlich kein „Kind von Traurigkeit“. Während ihrer Affäre mit dem Thronfolger hatte sie auch ein Verhältnis mit dem englischen Autohändler Guy Trundle, das penibel von einer Spezialeinheit der englischen Polizei dokumentiert wurde. Die Seitensprünge der verheirateten Ehebrecherin erfuhr Edward nicht. So viel Diskretion wahrte die Geheimpolizei. Weltpolitische Dimensionen erreichten ihre Affären durch ihre – angebliche – sexuelle Beziehung zum deutschen Botschafter in London, Joachim von Ribbentrop. Der spätere Außenminister Hitlerdeutschlands soll Wallis Simpson täglich einen Strauß mit 17 Nelken geschickt haben – für jede Liebesnacht eine. Verbreitet und genährt wurde dieser Verdacht während des Krieges durch das amerikanische FBI. Viele Anschuldigungen des FBI können auch böser Klatsch gewesen sein, um Wallis Simpson und ihren hoheitlichen Ehemann zu verunglimpfen. Der amerikanische Botschafter Joseph P. Kennedy, Vater des späteren Präsidenten John F. Kennedy, nannte sie ein „Flittchen“; seine Frau weigerte sich, mit Mrs. Simpson an einem Tisch zu sitzen.
Nach seiner Abdankungsrede verlässt der König sein Land. Er muss ins Exil. Edward, Herzog von Windsor, reist auf den Kontinent und wählt das Schloss Enzesfeld unweit von Wien als Logis. Er darf seine Geliebte Wallis nicht sehen, solange die Scheidung nicht rechtskräftig ist. Sollte eine ehebrecherische Beziehung zwischen den beiden nachgewiesen werden, dürften Edward und Wallis nicht heiraten. Es sind Monate der Demütigung. Der ehemalige König von England und Kaiser von Indien muss sich in sicherer Entfernung seiner Geliebten aufhalten. So verbringt der Herzog von Windsor einen Frühsommer in Österreich, wartend und jeden Tag mit Wallis in Cannes telefonierend. Ende März 1937 quartiert sich Edward im Landhaus Appesbach am Wolfgangsee im Salzkammergut ein. Er wählt sein Exil mit Bedacht. Der Ansitz wurde von seinen Besitzern ganz im Stil eines englischen Landhauses gestaltet, britischer Rasen inklusive. Und vom Balkon der Villa kann Edward den Blick über den See und die Bergwelt schweifen lassen und damit sein Empire vergessen. „Ein herrliches Fleckchen Erde“, schreibt er in einem Brief an Wallis Simpson.
Der englische Adelige ist mittlerweile zur Sehenswürdigkeit und zur Modeikone geworden. Die von ihm getragene Schweizer Uhr der Marke „Vacheron Constantin“ wird weltbekannt. Fotos des eleganten Herrn mit seiner speziellen Pfeifenkreation „Prince“ gehen um die Welt. Endlich: Anfang Mai 1937 ruft Wallis Simpson an. Die Scheidung ist rechtsgültig. Edward darf nach Frankreich reisen. Schon am nächsten Tag verlässt er die Landidylle am Wolfgangsee, besteigt den Orient-Express in Salzburg und dampft nach Paris. Im neugotischen Schloss Candé im Loiretal, das einem reichen französisch-amerikanischen Milliardärs-Ehepaar gehört, heiratet Edward seine Wallis. Das Foto der – nicht mehr ganz jung – Vermählten geht um die Welt. Die Flitterwochen kann das Paar gleich an Ort und Stelle verbringen. Schloss Candé ist mit allem modernen Luxus ausgestattet. Es gibt eine Zentralheizung und Art-déco-Badewannen, die in
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