AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

bin dann tief ergriffen. Ich weiß nun fast keinen Ausweg mehr.“ Goebbels will sogar als Minister zurücktreten, er schlägt Hitler vor, ihn als deutschen Konsul nach Japan zu schicken: „Und wenn er Krawatten verkaufen müsste in Japan“, habe Goebbels gesagt, will sich Lída Baarová 1991 erinnern.
    Hitler befiehlt seinem Propagandaminister, die „Angelegenheit“ zu beenden. Sie ist längst politisch heikel geworden. Ein führender Nationalsozialist dürfe nicht öffentlich seine deutsche Musterfamilie durch ein Verhältnis mit einer tschechischen Schauspielerin diskreditieren. Die Beziehung zu seiner Frau, die ja auch außereheliche Verhältnisse hatte, hätte Goebbels aufs Spiel gesetzt, sein extremes Nahverhältnis zu Adolf Hitler hingegen nicht. Für die Karriere an der Seite des Führers opfert Goebbels das Verhältnis zur jungen und schönen Leinwand-Darstellerin. Der Minister ergeht sich dabei in Selbstmitleid. Karriere und Affäre passen nicht zusammen: „Ich fasse sehr schwere Entschlüsse. Aber sie sind endgültig. Ich fahre eine Stunde im Auto heraus. Ganz weit und ohne Ziel. Ich lebe fast wie im Traum. Das Leben ist so hart und grausam.“
    Ganz wollte er aber doch nicht von Lída lassen. Er führt ein langes Telefongespräch: „Aber ich bleibe hart, wenn mir das Herz auch zu brechen droht. Und nun fängt ein neues Leben an … Die Jugend ist nun zu Ende.“ Peter Longerich analysiert in seiner Biografie: „Goebbels hatte unterschätzt, dass Hitler das Arrangement, das er 1931 mit den Goebbels getroffen hatte, nicht ohne Weiteres aufgeben wollte, insbesondere konnte er seine engen Beziehungen zu Magda nur aufrechterhalten, solange ihre Reputation durch die Ehe mit Goebbels geschützt war.“
    Das Eheleben der beiden Kontrahenten dürfte wenig erbaulich gewesen sein. Goebbels beklagte sich über das Verhalten seiner Frau und hielt über Mittelsmänner Kontakt zu Lída Baarová und versuchte erneut – auf dem Höhepunkt der internationalen Sudetenkrise (Nazi-Deutschland erzwingt die Eingliederung der von Deutschen bewohnten Gebiete der Tschechoslowakei) –, eine Trennung durchzusetzen. Bei den Vermittlungsversuchen bediente er sich seines Staatssekretärs Hanke, der sein Mandat sehr weit auslegte und mit Magda Goebbels ein intimes Verhältnis begann.
    Treue war nur ein deutsches Wort. Im Privatleben hatten Hitlers Propagandachef und die Übermutter der Nation keinen Bezug dazu. Die tschechische Schauspielerin Lída Baarová wird 1938 aus Deutschland ausgewiesen. In Prag kann sie während des Krieges noch zwei Filme drehen. Nach 1945 wird sie von den tschechischen Behörden verhaftet, verhört, als Nazi-Sympathisantin für 18 Monate inhaftiert. Sie heiratet, lässt sich bald wieder scheiden, flieht vor den Kommunisten nach Italien, später Argentinien, dreht einige wenige Filme, ehe sie in Salzburg sesshaft und mit einem schwedischen Arzt glücklich wird. Ihre Schauspiel-Karriere ist zerbrochen. Ihr Name, ihr Leben, ihre Kunst bleiben im Schatten des Nazi-Bonzen Joseph Goebbels, ein Leben lang. Die Liebesgeschichte des Nazi-Hetzers mit der bildschönen tschechischen Schauspielerin ist eine der berühmtesten „Was wäre wenn“-Fragen der Zeitgeschichte: Kein „Jud Süß“, keine Goebbels-Rede vom „Totalen Krieg“, keine Durchhalteparolen, keine perfekte Propagandainszenierung des NS-Regimes und kein Tod im Führerbunker? Lída Baarová stirbt 55 Jahre nach ihrem Kurzzeit-Liebhaber Joseph Goebbels im Alter von 86 Jahren nach schwerer Krankheit in Salzburg.
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    Peter Longerich, Joseph Goebbels, München 2010.
    Anja Klabunde, Magda Goebbels, Gütersloh 1999.
    Ian Kershaw, Hitler 1889–1936, Stuttgart 1998.
    Lída Baarová, Die süße Bitterkeit meines Lebens, Koblenz 2001.
    Adolf Heinzelmeier/Berndt Schulz, Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars, Berlin 2000.
     

John Profumo und Christine Keeler
Die verratenen Liebesgeheimnisse
    Eine Affäre wie ein Filmdrehbuch. In der Hauptrolle agiert ein britischer Verteidigungsminister. Mitglied der konservativen Partei, verheiratet mit einer attraktiven Schauspielerin namens Valerie Hobson. Das Mitglied des britischen Kabinetts hat die beste Erziehung für junge Männer seines Standes genossen, ist knapp 35 Jahre alt, verfügt über einen untadeligen Ruf und hat eine blendende politische Karriere vor sich: John Dennis Profumo.
    Seine Sexgespielin für einige Monate ist eine bildhübsche Frau aus bescheidenen Verhältnissen. Sie entflieht dem