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Affären

Affären

Titel: Affären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
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schweigend. Die Bahnhofsuhr zeigte auf zehn Minuten nach acht. Sie wussten beide, dass sie nicht kommen würde. Die andere Frau. Er schaute auf seine Uhr.
    »Ich muss gehen.«
    »Kommen Sie mit mir«, sagte sie. Er zögerte und starrte sie an. In diesem Moment wusste sie, dass er mitkam.
    »Ich arbeite im Theater als Gewandmeisterin. Um diese Zeit ist niemand da. Ich kann Ihnen ganz ungestört zeigen, was ich tue.« Er stand auf. Er zauderte nicht, er brachte keine Vorwände vor, und er ging nicht seiner Wege. Sie griff nach ihrer Tasche und ging zum Taxistand. Er folgte ihr und steckte die Zeitschrift unter seinen Arm.
    »Drury Lane«, wies sie den Fahrer an. Er zog die Tür hinter sich zu. Ihre Arme berührten sich, als sie nebeneinander saßen. Der Taxifahrer lächelte und blinzelte ihn im Spiegel an.
    Er hält uns jetzt schon für ein Liebespaar, dachte Lily. Die Fahrt dauerte, denn der Fahrer musste sich durch die morgendliche Rush Hour quälen. Die Leute hetzten aneinander vorbei und stießen nur selten zusammen, als befänden sie sich in einem sorgsam choreographierten Tanz, dem sie sich jeden Tag hingaben. Lily war stets erstaunt, wie wenig körperlichen Kontakt sie in der Stadt sah. Das machte sie traurig.
    Es begann zu nieseln. Sie saßen warm und trocken im Taxi. Lily war froh, dass die Fahrt so lange dauerte. Man konnte glauben, dass sie sich miteinander bekannt machten. Stumm. Einige Male wandte er sich ihr zu, als ob er etwas sagen wollte, und sie empfand aufsteigende Erregung. Seine Berührung war warm. Sie fühlte seine Hand, die ihre berührte.
    Wie ein Pärchen beim ersten Treffen, dachte Lily lächelnd. Er, unsicher, wie der Abend verlaufen war und wie er empfangen würde, unternahm schüchterne Annäherungsversuche. Sie reagierte darauf und ließ ihn wissen, dass auch intimere Berührungen freundlich aufgenommen würden.
    Dies war der Morgen. Der Beginn des neuen Tages. Und sie hatten sich noch nie gesehen. Doch, hatten sie. Sie hatte ihn viele Male beobachtet. Er war ein Gewohnheitsmensch. Jeden Morgen trank er eine große Latte, bevor er zur Arbeit ging. Er war Fotograf. An einem Morgen war sie ihm zur Arbeit gefolgt, zu seinem Studio. Er hatte sie nicht erkannt, denn sie hatte sich absichtlich unauffällig gekleidet. Auch jetzt erkannte er sie nicht, denn sie hatte - wie so oft - ihr Erscheinungsbild verändert. Wenn er sehen könnte, wie sie um diese Zeit vergangene Woche ausgesehen hatte, wäre er sehr verwundert gewesen. Eines Tages würde sie gern von ihm fotografiert werden.

 
    Es war wirklich ein verrückter Zufall gewesen, dass sie ihn an diesem Morgen vor drei Wochen gesehen hatte. Am späten Sonntagabend war sie angerufen worden. Es hatte eine Katastrophe gegeben. Bestimmte Kostüme waren auf dem Transport verloren gegangen. Sie würde anfangen müssen zu nähen. Der Regisseur vertraute ihr. Er wusste, dass sie es in der knappen Zeit noch schaffen würde.
    Aber der Druck lastete jetzt auf ihr. Sie brauchte einen großen Espresso, um diesen Tag anzuschieben und um ihre Kreativität zu beleben. Und das war der Morgen, an dem sie ihn gesehen hatte. Sie war nie da an einem Montagmorgen um acht; ihr Tag begann viel später.
    Sie musste rechtzeitig vor den Aufführungen da sein, um die Kostüme zu begutachten, ob alles richtig saß, ob der Stoff nicht zwickte. Aber an diesem Morgen hatte sie gesehen, wie er die andere Frau beobachtet hatte. Sie schien keinen Sinn für seine schmachtenden Blicke zu haben, war Lilys Eindruck. Offenbar war sie auf einen Typ festgelegt, und dem entsprach er nicht. Lily nahm an, dass er das auch wusste, tief im Herzen wenigstens, aber er weigerte sich, die Hoffnung aufzugeben, und ihre abweisende Art hinderte ihn auch nicht, sie weiter anzuschauen.
    Lily beneidete die Männer um ihr Selbstbewusstsein. Er nahm jedes Detail von der Frau auf und bewunderte ihre strenge Schönheit. Er schien ein geübtes Auge dafür zu haben. Sie wusste sofort, dass er es war, als sie die Anzeige in Time Out gelesen hatte. Sie bewunderte seine Entschlossenheit. Und sie wollte nicht, dass er eine Enttäuschung erlebte. Dafür war er zu schön. Deshalb hatte sie während der Arbeit die Kostüme betrachtet, bis sie das gefunden hatte, was zu dem passte, was die andere Frau getragen hatte.
    Seine Hand lag jetzt auf ihrem Oberschenkel. Fortschritt, dachte Lily. Das Taxi hielt am Straßenrand.
    »Drury Lane, Miss. Passen Sie beim Aussteigen auf. Es ist nass und rutschig.«
    Lily drückte

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