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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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man Pommes vom Boden essen? Nein, nein, böse konnten wir dem liebevoll tollpatschigen Ziadi nicht sein, dazu verstand er es zu sehr, sein Unvermögen mit einem herzerwärmenden Dackelblick und den beeindruckendsten Sorgenfalten zu kaschieren, die wir je gesehen hatten. Schließlich freuten wir uns mit jedem Abendessen mehr auf ein Wiedersehen mit unserem lieb gewonnenen Dussel und malten uns schon im Vorhinein blumig und fantasievoll Ziadis neue Streiche aus. Eins hatten wir jedoch gelernt: Richtig ausgehungert durften wir Ziadis Reich nicht betreten.
     
    Ganz im Gegensatz zu Ziadis eigener Meisterleistung war seine bezaubernde Kollegin Jasmin eine perfekte, fürsorgliche Rezeptionistin. Vor allem ihre sorgenvollen Warnungen vor den üblen Gestalten ihres Heimatlandes ließen uns aufhorchen. Weniger sah sie die Gefahr eines brutalen Überfalls, vielmehr wollte sie uns für die scheinbar allgegenwärtigen Taschendiebe sensibilisieren. Besonders im Gedränge der „Daladalas“, wie die als Sammeltaxi genutzten Minibusse in Tansania genannt wurden, und natürlich in der Enge der brodelnden Märkte konnte man sich vor ihnen nicht genügend in Acht nehmen. Ihre fetteste Beute machten die Langfinger nach Jasmins Erfahrung im Kariakoo, dem Viertel um den gleichnamigen legendären Kariakoo Market. Dieser Markt glich einem lebenden Organismus, durch dessen dampfende Eingeweide der unbedarfte Besucher gequetscht wurde, vorwärts geschoben von Tausenden seinesgleichen, stets den Pesthauch und die scharfe Schweißfahne des Hintermanns im Nacken, nur um an einem der vielen Ausgänge – mit leeren Taschen und all seiner Wertgegenstände beraubt – wieder ausgeschissen zu werden. Jedenfalls, wenn man Jasmins – möglicherweise etwas übertriebener – Ausführung folgte.
    Das Kariakoo war aber gleichzeitig auch einer der geheimnisvollsten Orte der ganzen Stadt. Gegründet zu Beginn des vorigen Jahrhunderts entwickelte es sich nach und nach zu einem der größten und facettenreichsten Marktviertel ganz Ostafrikas. Auch wenn viele der alten Lehmhütten von früher bereits abgerissen und durch moderne Bauten ersetzt worden waren, so wussten wir, dass in dem ganzen Gewimmel immer noch unzählige versteckte, der Zeit entrückte Ecken auf uns warteten, in denen das alte Afrika weiter lebte. Wo die Kräuterheiler und die Geistervertreiber ihr Zuhause hatten. Wo sich die Geheimnisse des schwarzen Kontinents versteckten. Kurz gesagt, Beutelschneider hin oder her, wir konnten uns einen Besuch des Kariakoos keinesfalls entgehen lassen.
    Doch wir zogen nicht unvorbereitet los. Uns Jasmins Warnung zu Herzen nehmend verstauten wir unseren Tagesrucksack samt Fotoausrüstung und den Großteil des Geldes sicher in unserem Bungalow. Federleicht wollten wir uns in das Gedrängel stürzen, außer einer gehörigen Portion Mut, Michaels alter Pocketkamera und umgerechnet 100 Euro Bargeld, verteilt auf vier Hosentaschen und einen Schuh, hatten wir nichts von materiellem Wert bei uns. Michael und ich hatten diese Vorsichtsmaßnahme bereits auf früheren Reisen durch Schwarzafrika – besonders wenn wir nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Haus gingen – erfolgreich praktiziert und setzten deshalb mit Zuversicht und die Herzen voll Abenteuerlust unsere Füße auf eine der ersten Fähren des Tages, die uns nach zwanzigminütiger Fahrt ins Zentrum Dar es Salaams bringen sollte.
    Dar es Salaam ist heutzutage eine lebendige Großstadt mit einer Einwohnerzahl von knapp vier Millionen und wird fälschlicherweise gern als Hauptstadt Tansanias bezeichnet. Was natürlich nicht stimmt. Die Hauptstadt heißt Dodoma, liegt mitten im Nirgendwo, ist ohne Charme und Sehenswürdigkeiten und so uninteressant, dass wir gar nicht mehr davon reden wollen. Dar hingegen stellt das kulturelle Zentrum, ja, einen richtiggehenden Schmelztiegel der Kulturen dar und ist schon allein wegen seines kolonialen Flairs und der bunt gemischten Einwohner einen Besuch wert.
    Als wir leichten Schrittes von Bord der Fähre sprangen, waren wir die einzigen Weißen im Heer der zu ihren Arbeitsplätzen strömenden Pendler. Wir ließen uns von der Menge mitreißen und genossen es, ein Teil dieser exotischen Stadt zu sein. Dem scharfen Geruch unwiderstehlich folgend, erreichten wir schon nach wenigen Minuten den sich um eine große Markthalle ausbreitenden Fischmarkt. Hier wurden all die unglücklichen Kreaturen des Meeres gehandelt, die in der vergangenen Nacht den unersättlichen Netzen

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