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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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nicht hatten entkommen können. Dunkelblaue Barrakudas, silbrige Makrelen, rot blutende Haie oder Tausende winzig kleiner, an Nadeln erinnernder Fischchen – alle bohrten ihren starren Blick in die Ferne und gereichten ihren Artgenossen dennoch nicht zur Warnung. Auch morgen würden ihresgleichen wieder zappelnd an Land gebracht und an gleicher Stelle verkauft werden. Ein sich ewig wiederholendes Schauspiel.
     

    Bild 14: Mit der MV Magogoni fuhren wir ins Zentrum von Dar es Salaam
     
    Kaum war es uns gelungen, die letzten Reste des beißenden Fischgestanks aus unseren Nasen zu vertreiben, wurden wir auf einen zerlumpt gekleideten Jugendlichen aufmerksam, der mit dem Blick völliger Verzweiflung in einigen Metern Abstand hinter einem Polizisten herlief. Dieser trug eine auffallend saubere und frisch gebügelte Uniform, glänzende Springerstiefel, am Gürtel ein Pistolenholster und – martialischer ging es nicht – einen langen, weißen Schlagstock. Und er trug, weit von sich gestreckt, als könnte man sich daran infizieren, einen aufklappbaren, hölzernen Bauchladen mit einem unüberschaubaren Sortiment an Sonnenbrillen. Eine besonders extravagant verspiegelte, in spacigem Silber, trug er samt dem daran baumelnden Etikett auf seiner breiten Boxernase. Der Virus war also tatsächlich schon übergesprungen. Noch ehe wir rückschließen konnten, dass es sich wohl um die Ware eines der vielen fliegenden Händler handelte, der sicher zum wiederholten Mal mit seinen Standgebühren oder ähnlichen Zahlungen an die Obrigkeit oder wen auch immer hier die Macht innehabenden in Verzug geraten war, mussten wir mit ansehen, wie die Stiefel des Polizisten ein um das andere Mal auf die nun bereits auf dem Boden liegenden Brillen eintraten und in wenigen Sekunden die Lebensgrundlage des verzweifelt daneben Stehenden zerstörten. Ohne jegliches Mitleid wurde der zu diesem Zeitpunkt hemmungslos Weinende mit drohend erhobenem Schlagstock vom Ort der Zerstörung vertrieben. Das ging uns zu Herzen. Keiner sprach ein Wort. War Afrika wirklich so hart? Uns war bisher alles, trotz, oder gerade wegen all der Armut, doch eher menschlich als unmenschlich und grausam erschienen. Offensichtlich waren die Dinge, wie andernorts auch, nicht immer so, wie sie auf den ersten Blick zu sein schienen. Doch es sollte noch härter kommen.
    Im Kariakoo trafen wir Mark. Zwischen all den unzähligen Verkaufsbuden mit handgefertigten Sandalen aus alten Autoreifen, selbst gemachten Seifen, zu spitzen Türmen aufgebauten Kangas, den farbenprächtigen Tüchern für jede Lebenslage, und allen nur erdenklichen Lebensmitteln stand er und fotografierte – nichts. Nicht, dass er nicht fotografiert hätte. Nur ließ es sich nicht erkennen, auf welches Motiv er seine Kamera richtete. Denn die dunkelbraunen Flecke auf dem festgestampften Lehmboden zwischen zwei Wellblechhütten konnten nach unserem Dafürhalten nicht so interessant sein, dass wir sie für die Ewigkeit im Lichtbild hätten festhalten wollen. Wir nicht. Mark wollte dafür umso mehr.
    Wenn Weiße inmitten ausnahmslos dunkelhäutiger Menschen auf andere Weiße treffen, richtet sich die Aufmerksamkeit automatisch aufeinander. Mark war Ingenieursstudent und stammte aus den Niederlanden. Während seiner Semesterferien wollte er sich etwas Besonderes gönnen. Er hatte sein ganzes Geld zusammengekratzt und war für zwei Wochen zu seiner Cousine Marina nach Dar es Salaam geflogen, die dort bei einer internationalen Nichtregierungsorganisation beschäftigt war. Quasi nebenbei hatte er vor, bei einer Safari die reiche Tierwelt des Landes kennenzulernen. Die Lust auf Safari war ihm aber gehörig vergangen, nachdem er bei einem Streifzug mit Marina durch das Kariakoo Zeuge eines grausamen Vorfalls geworden war, der ihn seitdem nicht mehr losließ.
    Es war erst vier Tage her, als er sich – zum ersten Mal in Afrika und bis zum Platzen voll Neugierde auf den fremden Kontinent – im Gefolge der Cousine zum Kariakoo Markt aufgemacht hatte. Sie, die Erfahrene, wollte ihm, dem Newcomer, all die versteckt gelegenen Geheimnisse und des Sehens würdigen Ecken des Marktes, die nur der Ortskundige zu finden wusste, zu Füßen legen. Sie immer voraus, Mark hinterher. Sie befanden sich weder in einem besonders abgelegenen Teil des Marktes, noch an den Stellen mit großem Gedränge, an denen Körper an Körper Meter um Meter weiter geschoben wurde, als Mark, immer noch Marina auf Schritt und Tritt folgend, einen

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