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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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ausgebauten Truck inmitten ihrer Zelte auf dem zur Bungalowanlage gehörenden Campingplatz abgestellt. Michael und ich waren bereits wiederholt und in den unterschiedlichsten Ecken Afrikas auf diese eigenwillige Touristen-Spezies getroffen. Auch wenn sich die zumeist noch sehr jungen Europäer, Australier oder US-Amerikaner gern durch ihr lautes, raubeiniges Auftreten und dem Tragen von verschlissenen Kleidungsstücken mit dem Nimbus des Abenteurers schmückten, reisten sie doch in der Geborgenheit und mit der Gewissheit eines organisierten Reiseprogramms und kokettierten letztendlich nur mit dem tatsächlichen Abenteuer, das Reisende erlebten, die von einem Tag auf den anderen – oft mit schmalem Geldbeutel – ihre Reise selbst organisieren und die selbst begangenen Fehler auch selbst ausbaden mussten. Aber auch wenn die mit Tablet-Computern, Smartphone und Laptop bewaffneten Overlander-Touristen auf ihren Reisen überwiegend unter sich blieben und Land und Leute der jeweiligen Reiseziele aus dem sicheren Inneren eines Trucks heraus kennenlernen wollten, so durften sie – zumindest nach Michaels und meiner ausnahmsweise zu hundert Prozent übereinstimmenden Meinung – nur ein bisschen belächelt werden. Wer wollte nicht gerne taff sein? Unterhaltsam waren sie allemal.
    Als letzte in der Chronologie kamen Angehörige der elegant zurecht gemachten, elitären Oberschicht Dar es Salaams. Und solche, die gern den Anschein erweckten, als gehörten sie zu eben jenem Kreis. Sie besetzten zumeist die größten Tische und bestellten querbeet alles, als gäbe es anderntags keine Nahrungsmittel mehr. Darüber hinaus waren sie mehr als freundlich und suchten nicht selten das Gespräch. In ihrer Höflichkeit und Eleganz wurden sie nur von einigen aparten und auffallend kontaktfreudigen, jungen Damen überboten, die definitiv nicht elitären Kreisen angehörten. Ihre Liebenswürdigkeit hatte ausschließlich eine monetäre Triebfeder, ihren potenziell grenzenlosen Gunstbeweis gab es nicht zum Nulltarif.
    Auf diese allabendlich anbrandende Besucherwelle warteten die Auserwählten. Es war ein Heer von Bediensteten in blauen Hemdchen mit Namensschildchen auf der Brust, die bereitstanden, um den Gästen jeden noch so ausgefallenen Wunsch von den Lippen abzulesen und eilends zu erfüllen. Ausgefallen waren die Wünsche zwar mitnichten, jedoch schienen sie bei einem Großteil der Kellner, Köche und Barkeeper unvorstellbar. Nach relativ kurzer Zeit kam bei mir der Verdacht auf, dass aus dem Heer der Arbeitssuchenden nicht die Geeignetsten ausgesucht worden waren, sondern dass viel eher andere, afrikanischere Kriterien – etwa die verwandtschaftliche Nähe oder die Höhe des Bestechungsgeldes (Verzeihung, natürlich des Ausbildungsbeitrages) – zugrundegelegt wurden, als es hieß, neue Trainees zu finden. Den Trainee-Button als Entschuldigung für die eigene Unzulänglichkeit trug im Übrigen beinahe jeder.
    Infolge dieses Zusammenpralls der Kulturen – der der internationalen Gastronomie mit der der Galaxien entfernt erscheinenden Lebenswirklichkeit eines jungen tansanischen Arbeitssuchenden – spielten sich jeden Abend vor unseren Augen grotesk-komische Szenen ab, die uns als Betroffene zwar anfangs ärgerten, über die wir uns aber letztendlich nur noch amüsieren konnten.
    Eine der schillerndsten Figuren war Ziadi (summendes S, langes I, noch längeres A, ganz weiches D, kurzes I), der uns gleich am ersten Abend eine ausgiebige Kostprobe seines nervtötenden Unvermögens gab. Er war die perfekte Antithese eines Kellners: Selten schien es schwerer, die genaue Zahl an Flaschen, Gläsern oder Gerichten an den Tisch zu bringen, als wenn Ziadi dies tat. Durften zwei Personen wirklich drei Hauptspeisen bestellen? Was mache ich, wenn ich eine Stunde nach Bestellungsannahme feststelle, dass ich noch immer keinen Auftrag an die Küche weitergegeben habe? Nehme ich meinen Chefkellner mit ins Boot oder ist davonlaufen die bessere Lösung? Aber auch wir – manchmal dem Hungertod nahe – stellten uns Fragen: Darf nicht jede Bedienung einmal ein Tablett mit mehreren Cola-Flaschen, Gläsern und Tassen Kaffee fallen lassen? Trinkt man abends tatsächlich keinen Kaffee mehr, wie Ziadi entschuldigend behauptete oder ist dies nur in Dar unüblich? Ist es wirklich schon auslachen, wenn wir anstatt loszuschimpfen in heller Verzweiflung vor Lachen losprusteten? Wegen des auf dem letzten Meter vom Teller gerutschten Hamburger mit Pommes? Durfte

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