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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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aller Willensstärke forderten die Höhenmeter ihren Tribut. Nicht nur einmal fanden wir uns keuchend und schnaufend nebeneinander auf dem Rücken liegend wieder – flankiert von den sich schnaufend auf ihre Stöcke stützenden Gipfelstürmern Markus und Mati. Jetzt lachten auch sie nicht mehr.
     

    Bild 24: Erschöpft im Dickicht des Mgahinga
     
    Wir lagen inmitten von Baumriesen, von deren Ästen Farne, dick verfilzten Haaren gleich und in den mannigfachsten Grünschattierungen, fast bis zum Boden hingen. Wir hörten Schreie von unbekannten Vögeln und – soweit man Markus bei all seinen detaillierten Erklärungen glauben wollte – das aufgebrachte Geplärr der hier endemisch vorkommenden Goldmeerkatze. Einer etwa cockerspanielgroßen, ockerfarbenen Affenart, die wir zwar überall hören, jedoch nicht ein einziges Mal zu sehen bekamen.
    Waren es die ersten ernst zu nehmenden Zeichen von Erschöpfung oder lag es daran, dass die Bäume wie im Märchen lange Bärte trugen - ob ich wollte oder nicht, überkam mich so etwas wie ein Anflug von Sentimentalität. Als ich rücklings neben Michael an der Flanke des Vulkans lag, überwältigten mich, ja, doch, überwältigen ist an dieser Stelle kein zu starkes Verb, die Erinnerungen an meine eigene Jugend. Für mich erfüllte sich mit der Tour in die Virungas ein seit jeher gehegter Lebenstraum. Immer eindringlicher hatte ich zuhause von den nebelverhangenen Vulkanbergen im Herzen Afrikas geschwärmt und zuletzt sogar Michael mit meinen Fantastereien von den Entdeckungstouren durch märchenhafte Nebelwälder, entlang krokodilverseuchter Flüsse, verfolgt von über das Kronendach der Urwaldriesen dahin jagenden Affenhorden und der latenten Gefahr eines Angriffs von in den Tiefen der Wälder versteckt lebenden Eingeborenen – sprich Rebellengruppen – infiziert.
    Nun war der Traum wahr geworden. Aus der Perspektive der auf gleicher Höhe kreisenden Adler ließ ich meinen Blick über Nebel- und Bambuswälder gleiten, die Grenzen des Nationalparks überschreiten und schließlich entlang dicht besiedelter Gebiete bis tief hinein in die Demokratische Republik Kongo wandern, wo sich die Sonne durch den morgendlichen Dunst auf den Hausdächern der Stadt Bunagana glitzernd spiegelte.
     
    Exakt drei Stunden und fünf Minuten, nachdem wir am Besucherzentrum aufgebrochen waren, erreichten wir schweißnass und völlig ausgepowert, aber erhobenen Hauptes den Gipfel des Mgahingas. Zugegeben, auf den letzten Metern war es ein sich unendlich dahinziehender Knochenjob gewesen, und wir konnten der Versuchung, uns einfach in das weiche Gras zwischen die meterhohen, vielarmigen Baum-Senecien und urwüchsigen Riesenlobelien zu legen und die Seele baumeln zu lassen, nur schwer widerstehen. Es waren die durch unser Blut rauschenden Endorphine, die dafür sorgten,  keine Minute unserer kostbaren Zeit in dieser fremden afroalpinen Welt zu vergeuden.
    Trotz aller Erschöpfung standen wir dicht beieinander am unmittelbaren Rand des Kraters, hatten uns die Arme um die Schultern gelegt wie die Fußballnationalmannschaft während der Hymne und blickten in den einige hundert Meter unter uns gelegenen Kraterboden. Der sumpfige Grund war mit giftgrünen Moosen bewachsen, dazwischen schimmerten schwarze Wasserläufe. Aus westlicher Richtung waberte gerade, von dem hier oben unerwartet starken Wind getragen, dichter Nebel über den Kraterrand und verlieh der ganzen Szenerie etwas Surreales, ja gar Gespenstisches – also durchaus Angemessenes für unseren Auftritt. Schließlich war es unsere erste Vulkanbezwingung.
     

    Bild 25: Die beiden stolzen Gipfelstürmer
     

    Bild 26: Das Innere des Vulkankraters
     
    An einen Abstieg in das Kraterinnere war nicht zu denken. Viel zu dicht rankte sich der Bewuchs entlang der Innenseite der Kraterwand. Nachdem unsere beiden Ranger uns als Zeichen der Anerkennung plakativ den nach oben gereckten Daumen entgegengehalten und mit einem Wortschwall biblischen Ausmaßes unsere Zähigkeit gelobt hatten, sackten sie wie von einem Betäubungspfeil getroffen nach hinten zusammen und stellten sich tot. Von nun an, da wir ihnen gezeigt hatten, wo des Bergsteigers Hammer beziehungsweise Pickel hängt, wollten wir sie großmütig als unsere neuen Freunde fürs Leben bezeichnen.
    Anstatt sich wie die beiden hinzusetzen und neue Kräfte zu sammeln, konnten wir nicht aufhören, zwischen den nie zuvor gesehenen Büschen und baumähnlichen Nadelgewächsen umherzustreunen. Der

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