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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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Nippel einer Geliebten. Mit ihm an unserer Seite brauchten wir uns vor nichts und niemandem zu fürchten. Er schien gut in Form zu sein und würde sich mit Feuereifer angreifenden Waldelefanten oder einer brandschatzenden Soldateska entgegenstellen.
    Doch der Teufel steckt häufig im Detail: Führten wir auch ausreichend Trinkwasser mit uns? Hielten wir es nicht doch für nötig, auf die Schnelle noch einige zusätzliche Kohlenhydratreserven einzupacken, etwa eine Handvoll Kekse und Bananen oder ein paar hartgekochte Eier bei einer der Hausfrauen in der Umgebung? Markus dachte an einfach alles. Ausgerüstet – wieder auf Markus‘ ausdrückliche Empfehlung hin – mit einem über zwei Meter langen Wanderstock aus Bambus liefen wir schließlich zu viert mit festem Blick auf die 1100 Höhenmeter entfernte Spitze des Mount Mgahinga gut gelaunt vom Gelände des Park Hauptquartiers.
     
    Schon nach weniger als einer Stunde hatten wir Hunger. Der oben flache Vulkankegel, dort, wo wir unser Siegestänzchen aufführen wollten, erschien uns noch genauso weit weg wie vor dem Aufbruch. Trotzdem, ohne Pause ging es nicht. Völlig ausgehungert setzten wir uns in das feuchte Gras und stürzten uns gierig auf den Proviant in meinem Tagesrucksack – unter den bohrenden Blicken von Markus und Mati. Auch ohne die Transzendenz bewusstseinserweiternder Erschöpfung konnte ich förmlich hören, was sie dachten: „Die zwei Luschen schaffen das nie!“ – „Stimmt, noch vor Erreichen der Bambuszone drehen sie um. In einer Stunde haben wir Feierabend.“
     

    Bild 23: Eine letzte Stärkung vor dem Gipfelsturm
     
    Auch Michael war nicht entgangen, dass die beiden Waldläufer uns nicht an-, sondern auslachten. Dabei kamen wir uns keinesfalls lächerlich vor, als wir am Fuße des Vulkans im hohen Gras saßen und mit dicken Backen und laufender Nase Bananen und Eier in uns hinein stopften. Ich kannte diesen Blick in Michaels Augen. Er verhieß erfahrungsgemäß nichts Gutes. Etwa so viel wie: „Auch wenn du mir bei lebendigem Leib die Haut vom Körper ziehst, werde ich mein Zimmer heute nicht mehr aufräumen!“, oder: „Ich schau die Verlängerung bis zum Elfmeterschießen, selbst wenn ich den Fernseher mit in mein Bett nehmen muss!“
    Übertragen auf das Hier und Jetzt im Kreise unseres in der Wildnis kampierenden Quartetts ließe sich folgende, nicht allzu kühne Behauptung aufstellen: Kein Weg könnte heute zu weit, kein Guerillero zu blutrünstig und kein brünstiger Waldelefant zu angriffslustig sein, um uns unser Ziel nicht erreichen zu lassen. Selbst wenn Michaels Fußsohlen vor lauter Blasen einer Kraterlandschaft glichen und sich mit der vor Erschöpfung in seinen Muskeln gebildeten Milchsäure eine ganze Joghurtfabrik versorgen ließe – mit diesem entschlossenen, ja, trotzigen Blick in seinem erschöpften Gesicht käme Aufgeben für ihn niemals infrage.
    Damit es auch ja alle mitbekamen, fragte Michael mich auf Englisch: „Papa, wie viel Zeit ist für den Aufstieg veranschlagt?“
    Seinen streitlustigen Unterton nicht überhörend, antwortete ich frei von der Leber: „Maximal drei Stunden“, ohne mir ganz sicher zu sein, ob bei einer anvisierten Gesamtdauer unserer Tour von maximal sechs Stunden, tatsächlich die Hälfte der Zeit für den Aufstieg eingeplant war.
    „In zwei Stunden sind wir oben, schließlich wollen wir nachmittags noch Burger essen und zum Baden“, kam es zurück, als wär`s ein Klacks.
    Markus und Mati durchzuckte es kurz, dann flüsterten sie zusammen in ihrem Heimatidiom und schüttelten dabei um die Wette die Köpfe.
    Michaels Kampfgeist konnte mir nur recht sein, auch wenn mir im Hinblick auf seine in naher Zukunft anbrechende Pubertät Böses schwante. Heute wurde mir jede Menge kräftezehrende Motivationsarbeit erspart. Stattdessen konnte ich mich auf meinen eigenen Atem konzentrieren, was auch dringend nötig wurde, denn der Aufstieg geriet immer atemberaubender. Was die extreme Steigung nicht schaffte, erledigte die unberührte Natur, durch die wir uns wie die Geckos mit Händen und Füßen aufwärts kämpften.
    An besonders steilen Abschnitten waren Holzleitern angebracht, deren Sprossen bis zu einem Meter auseinanderlagen. Spätestens jetzt wurden unsere Wanderstöcke Gold wert. Anfangs hatten wir uns geärgert, dass wir die wie Sauerbier angepriesenen langen Dinger auch noch mitschleppen mussten. Nach dem Überwinden der ersten Leiter hätten wir sie mit unserem Leben verteidigt. Trotz

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