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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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abzukürzen. Dabei kamen wir durch abgelegene, archaische Dörfer mit winkenden und schrill schreienden Kindern. Viele von ihnen trugen große, gelbe Plastikkanister und waren mit ihren Müttern oder älteren Schwestern unterwegs zu einer der Wasserstellen des Dorfes, um für den bevorstehenden Tag die notwendige Ration Wasser in ihr zu Hause zu schleppen. Dabei trugen selbst die Kleinsten ein eigenes Plastikbehältnis oder teilten sich mit einem ihrer Geschwister die Last eines großen Kanisters.
    Autos sahen wir um diese Uhrzeit keine. Privilegierte durften länger schlafen. War jemand mit einem fahrbaren Untersatz unterwegs, dann auf zwei Rädern. In dem einzigen größeren Dorf, durch das wir kamen, überquerten wir einen Marktplatz mit – ohne zu übertreiben – metertiefen Schlaglöchern. Umgeben von einstöckigen Häusern hockte eine Handvoll Marktfrauen hinter ihren auf Tüchern ausgebreiteten Kartoffeln, Karotten oder Tomaten und beobachtete neugierig eine aufgeregte Menge von mehr als 50 Männern jeden Alters, die sich um zwei uralte Kleinlastwagen versammelt hatten. Gab es etwas zu kaufen? Oder trugen sie als Sklaven der Moderne ihre Haut als schlecht bezahlte Tagelöhner zu Markte? Hingen Wohl und Wehe ganzer Familien von dieser Art morgendlicher Fleischbeschau ab?
    Und über allem wachte der Präsident. Selbst in den entlegensten Winkeln des Landes waren die Wahlplakate mit dem Konterfei des Staatsoberhaupts von Uganda, des Präsidenten Yoweri Museveni, an Hauswänden und Strommasten angebracht. Sinister lächelte er seinem Staatsvolk unter dem für ihn charakteristischen breitkrempigen Hut entgegen.
    Bei jeder Gelegenheit lieferten sich unsere beiden Moto-Fahrer auf den engen Buckelpisten zwischen den einzelnen Weilern ein Rennen. Michaels Fahrer wollte partout als Erster an unserem Ziel beim Parkeingang ankommen und bretterte, eine lange Staubfahne hinter sich herziehend, voraus. Er ließ keinen Zweifel aufkommen, wer der tollkühnere, risikobereitere Hasardeur war. So blieb mir nur übrig, den beiden mit angehaltenem Atem hinterherzuwinken und inbrünstig dafür zu beten, keines der schlaftrunkenen Kinder am Wegesrand möge mit seinem Kanister auf dem Kopf vor eines unserer röhrend vorbeipreschenden Motos torkeln.
    Nach dreißig bangen Minuten fand die unnötige Raserei gottlob ein Ende und wir erreichten – außer ein paar in letzter Sekunde mit einem blitzschnell herumgerissenen Lenker verhinderte Beinaheunfälle war nichts weiter passiert – putzmunter und bereit zur Eroberung neuer Horizonte die Eingangspforte des Mgahinga Gorilla National Parks.
    Michael sah irgendwie komisch aus. Als er etwas ungelenk von seinem Plastiksitz kraxelte und die steifgefrorenen Beine ausschüttelnd auf mich zuging, bereitete mir sein Aussehen Sorgen. Er war von Kopf bis Fuß feuerrot. Überzuckert mit der roten Erde Afrikas. Und er lachte mich aus. Zeigte mit dem Finger der rechten Hand auf seinen Vater und bog sich vor Lachen. Er hatte natürlich recht: Erst jetzt fiel mir auf, dass auch ich nicht anders aussehen konnte. Dass auch ich knallrot war und eher einem Marsmenschen glich denn einem Bergsteiger.
    Nachdem wir uns gegenseitig frotzelnd den roten Staub so gut es ging aus den Klamotten geklopft hatten, wurden wir von einer freundlichen, jungen Angestellten in der grünen Uniform der Ranger zum überraschend modern gestalteten Besucherzentrum geführt, wo sie uns der Obhut von Markus überließ, unserem Führer für die Besteigung des Mount Mgahinga.
    Markus wies uns stolz darauf hin, dass wir am heutigen Tag das einzige Team am Berg wären. Anschließend klärte er uns über die Besonderheiten einer Vulkanbesteigung im Virunga-Gebiet auf. Allen voran durfte man das Wetter nicht unterschätzen. Von einer Minute zur nächsten konnte ein eben noch strahlend blauer Himmel zu einem schwarzgrauen Armageddon werden. Ein harmloses Picknick zu einer Überquerung des Hades. Gegen einen schlecht gelaunten Wettergott waren wir gerüstet, hatten Regenjacken, Fleecepullover und Goretex-Schuhe an. Gegen einen terrestrischen Feind wurden wir von Mati begleitet, unseren Kalaschnikow tragenden Sicherheitsverantwortlichen. Typ Pokerface: ausdruckslose Miene, ewig schweigsam und verschlossen, dabei immer wachsam. Besonderes – ausreichend Nervosität verursachendes – Kennzeichen: die pausenlos über den glänzenden Abzug seines durchgeladenen Sturmgewehrs streichelnden Finger, versonnen und liebevoll, als wäre es der

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