Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika
den Seiten. Besonders ich machte mich vor den dreien mehr als zum Deppen. Erntete für mein unfreiwilliges Entertainment und zum Amüsement von Michael einen Sonderapplaus nach dem anderen. Weil es mir wieder einmal auf einem querliegenden Stück Baumstamm die Beine wegzog, als hätte jemand Öl ausgebracht, oder wenn ich es – mit in der Luft rudernden Armen und im Morast steckenden Schuhen – gerade noch so geschafft hatte, nicht der Länge nach in den dunkelbraunen, feuchten Schlick zu fallen, der hier den Boden ausmachte. Es war ein langer, steiniger Weg, bis ich schließlich mit elendig verrissenem Kreuz daherkam wie ein geschundener Galeerensklave und nicht mehr erhaben wie ein Entdecker vom Format eines David Livingstone, als der ich mich gefühlt hatte, als ich den Wald betreten hatte. Nicht die Spur von der vielgepriesenen metaphysischen Verbundenheit des Waldbewohners mit seiner natürlichen Umgebung.
Für Unterhaltung war also gesorgt. Aber auch Moses und Deus ließen uns nicht zu kurz kommen. Nach einer knappen Stunde und ungefähr drei oder vier weiteren Paaren funkelnder Augen machten wir an einer besonders finsteren Ecke kehrt. Auf dem Rückweg kamen wir an einer Stelle mit einem kreisrunden Loch in der Erde des Waldbodens vorbei. Etwa dreißig Zentimeter im Durchmesser, bei einer Tiefe von höchstens zwanzig Zentimetern. „War das vorhin schon da, Peter?“, fragte Moses mich mit seiner tiefen Stimme in spaßeshalber oberlehrerhaftem Tonfall.
„Äh, also, ich weiß nicht. Was ist das denn eigentlich?“ So ganz sicher war ich mir nicht mehr. Moses hatte so viel erklärt. Von irgendeinem Loch im Boden war gewiss auch die Rede gewesen. Aber ob es exakt dieses eine hier war, wusste ich nicht mehr mit Sicherheit zu sagen. „Ich würde sagen, nein. War noch nicht da“, legte ich mich schließlich fest und suchte Michaels Blick. Der alte Vaterlandsverräter hielt sich schön zurück und schüttelte nur den Kopf.
„Peter, tut mir leid. Dieser Fußabdruck eines Waldelefanten war vorher bereits hier. Als wir an ihm vorbei kamen, zeigte ich extra ausdrücklich darauf und erklärte, woher er stammt. Aber was ich sagen will, ist Folgendes: Hier im dichten, dunklen Wald gelten andere Gesetze. Fremde, euch völlig unbekannte Vorgänge – Geräusche, Schatten, Gerüche – beeinflussen eure Wahrnehmungen und bestimmen so indirekt euer Handeln. Deshalb beachtet meinen dringenden Rat und geht hier niemals, hört ihr, niemals allein, und schon gar nicht bei Dunkelheit, in den Wald.“ Beeindruckende Show, Moses, echt cooler Auftritt. Und das ohne Wörter wie „verlaufen“ oder „hilflos umherirren“ in den Mund zu nehmen. Aber es kam noch eindrücklicher.
Unser Weg führte mittlerweile durch einen triefend nassen, an allen Ecken und Enden tropfenden Regenwald. Obwohl es, sehr zu unserem Erstaunen, nicht einmal regnete. Wir sahen Spinnen, groß wie Handteller, und kleine, weiße Insekten, die aussahen wie laufende Wattebäuschchen und von denen weder Moses noch Deus den Namen kannten. Besonders putzig waren die zur Gruppe der Feuchtnasenaffen gehörenden Buschbabys oder Galagos, die hier in Hamstergröße überall durch die Bäume flitzten und einen aus ihren kleinen, runden Knopfaugen neugierig anstarrten. Und es waren die einzigen Tiere, die halbwegs so lange ruhig sitzen blieben, wie es für ein ordentlich belichtetes Foto nötig war. Von allen anderen Erscheinungsformen tierischen Lebens zeigte das Display unserer Digitalkamera nur ein interessantes Schlierenmuster, bei dem nicht zu erkennen war, ob es einen schwingenden Waldelefantenrüssel oder die Bremsspur eines Termitenkonvois darstellen sollte.
Dann war es wieder so weit. Moses zeigte mit ernstem Gesicht auf eine Handvoll Löcher, ähnlich dem von vorhin, als er mich wie einen Schuljungen vorgeführt hatte, den er beim Schwatzen erwischt hatte. „Peter, ich habe die gleiche Frage wie vorher. Mittlerweile dürftest du ja schon etwas Erfahrung gesammelt haben.“
Selbstsicher wie Bernhard Grzimek, aber ohne wie er die Zunge zwischen den Backenzähnen einzuklemmen, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen: „Ja, natürlich. Die waren alle schon da!“, und nickte dabei völlig überzeugt zu Michael, der bereits verzweifelt den Kopf schüttelte.
„Peter“, meinte Moses mit seiner gewohnt bierernsten Miene, sich nur mühsam das Lachen verkneifend. „Kannst du dich daran erinnern, wie ich dir die Ansprache über die Gefahren im Regenwald
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