Afrika Quer (German Edition)
Da würden die Leute hier Löcher graben und sich hineinsetzen“, sagte er.
Ich versuchte, einen Geländewagen nach Timbuktu zu finden. Die Mauren in Gao fahren dorthin und durch die Wüste weiter bis nach Mauretanien, um dort Schmuggelware zu holen. Aber das Auto, das ich finden konnte, musste erst repariert werden.
Also entschloss ich mich, mit dem Bus nach Mopti zu fahren und von dort wenn möglich mit dem Schiff den Niger hinunter nach Timbuktu.
Am Morgen verlangte ein Arbeiter, der das Gepäck in den Bauch des Reisebusses lud, 500 FCFA für meine Tasche, umgerechnet 80 Cent. Ich ignorierte ihn und wurde gleich misstrauisch, weil er meine Tasche trotzdem auflud. Nach einer Weile kam er wieder, und ich gab ihm das Geld. Aber ich fragte den Fahrkartenverkäufer, und der sagte mir, niemand müsse etwas für das Aufladen bezahlen. Also verlangte ich meine 500 FCFA zurück.
Solche Sachen passierten ständig. Ich musste stets auf der Hut sein. Überall konnte jemand eine Weißen-Steuer auf den Preis aufschlagen. Und wie der Arbeiter in Gao auch noch pampig werden, wenn man sich beschwerte. Meine Hautfarbe war in diesen Fällen jedoch eigentlich nur ein Schild mit der Aufschrift: „Bitte nehmt mich aus. Ich bin neu hier.“
Denn wenn Afrikaner ortsfremd waren und die Preise nicht kannten, wurden auch sie über den Tisch gezogen. Die Unehrlichkeit gehörte einfach zu einem guten afrikanischen Geschäftsmann, so wie eine Marketingstrategie zu einem guten Schreinermeister, der nicht nur schöne Tische, sondern außerdem noch Werbung für sie machen musste.
Das machte das Lebe n dort so beschwerlich. Als mein Fernseher in Nairobi kaputtging, beging ich den Fehler, ihn reparieren zu lassen. Ich war kein Neuling mehr in Afrika. Ich hatte das Gerät aus Deutschland mitgebracht und war klug genug, es nicht auf gut Glück in irgendein Geschäft zu bringen. Meine indischstämmige Nachbarin riet mir zu einem Laden in der Innenstadt. Der Besitzer gehöre zur selben Religionsgemeinschaft wie sie. Sie war Ismaili und er ehrlich.
Allein der Besitzer des Ladens hatte inzwischen gewechselt. Als ich meinen Fernseher abholte, sagte der Verkäufer, der Strom sei gerade ausgefallen. Ich konnte ihn also nicht im Laden ausprobieren.
Als ich ihn zuhause anschaltete, erschien ein Bild, das keines war. Die Mattscheibe war hell, aber egal, ob ein Spielfilm lief oder die Nachrichten, alles sah gleich aus.
Ich rief im Laden an und beschwerte mich. Der Besitzer verstand meinen Ärger nicht. „Na ja, wir hatten das richtige Ersatzteil nicht“, sagte er wie selbstverständlich. Hätte er mir das nicht sagen können, bevor er mir 100 Euro abnahm!
Ich beging einen weiteren schweren Fehler. Ich ärgerte mich schon wieder. Ich hatte lange mit mir gerungen, bevor ich den Fernseher in einen Laden brachte. Und es war genau das passiert, was ich hatte vermeiden wollen.
Wieder beging ich denselben Fehler. Ich ärgerte mich schon wider. Über Wochen rief ich in dem Laden an. Und ich war ein paar Mal dort. Meistens war der Besitzer nicht da. Oder es war ein alter Mann am Telefon, wahrscheinlich sein Vater, der sagte: „Ja, das kann ja jeder sagen. Wahrscheinlich haben Sie den Fernseher selbst kaputt gemacht.“ Am Ende gab mir der Besitzer die Bestellnummer eines Kondensators, den ich mir aus Deutschland besorgen sollte. Mit der Nummer konnte dort niemand etwas anfangen. Und ich tat, was ich gleich am Anfang hätte tun sollen. Ich schmiss den Fernseher weg. Und ich zog die Konsequenzen. Außer Nahrungsmitteln habe ich in Nairobi nur das Nötigste gekauft.
Das ging natürlich nicht nur mir so. In Kenia nahm niemand die Kreditkarte einer der großen, renommierten Firmen an. In Uganda war die Karte der Konkurrenzfirma unbrauchbar. In Nigeria konnte man noch nicht einmal mit einem Scheck bezahlen. Und das galt auch für Weiße. Den afrikanischen Wirtschaften nützte das natürlich nicht.
In Nairobi gewöhnte ich mir an, nicht nur Briefe von meiner Bank, sondern meine gesamte Korrespondenz nicht einfach nur wegzuschmeißen, sondern zu verbrennen. Und ich kam mir dabei nicht vor wie ein paranoider Weißer.
Meine Vorsicht erinnerte mich eher daran, dass manche Afrikaner früher ihre abgeschnittenen Haare und Fingernägel vergruben, so dass niemand damit einen Zauber gegen sie sprechen konnte. Es war einfach besser, auf Nummer sicher zu gehen.
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Den traditionellen Heiler Sana Tembini lernte ich durch Mamadou
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