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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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erwartet. Draußen vor dem Flugzeug umringte mich sofort eine Meute von fünf, sechs Männern. Sie schienen aufgeregt. Mit ihren Fragen versuchten sie sich gegenseitig zu übertönen. Wer ich sei, was ich hier tue? – die Fragen stürmten nur so auf mich ein. Sie verzogen sich erst, nachdem ich den Mann der Hilfsorganisation identifiziert hatte, der mich abholen sollte. Ich hatte nicht mit ihrem Flugzeug fliegen dürfen, aber Garibaldi, ihr Mann vor Ort, erklärte sich bereit, mir ein Visum zu besorgen.
    Neben dem Flugfeld stand eine aus krummem Holz zusammengenagelte Hütte, das Flughafenterminal von Bosassao. Ein Beamter führte mich dorthin und stempelte meinen Pass.
    Die Meute, die merkte, dass bei meiner Einreise alles glatt gehen würde, stürzte sich nun wie ein Mann auf Mohammed. Als ich an ihm vorbeiging, sagte er hilfesuchend, es sei niemand da, um ihn abzuholen.
    Vom Innern der Hütte hörte ich durch das offene Fenster die lauten Wortwechsel draußen: „Wer ist dein Vater? Den kennen wir nicht! Aber du hast gesagt, er wäre dein Vater. Was du redest, macht keinen Sinn!“ Mohammed stotterte. Man merkte, dass er unsicher wurde, dass er Angst hatte. Genau das schien die Männer jedoch anzustacheln. Mohammed hatte am Anfang noch in Somali gesprochen, sie aber sofort in Englisch, damit auch wirklich klar war, dass er hier als Fremder galt.
    Als ich wieder aus der Hütte trat, saß Mohammed auf einem wackeligen Stuhl und versuchte gar nicht mehr richtig, auf alle Fragen zu antworten, die auf ihn einstürmten. Er zitterte am ganzen Leib. Eigentlich hätte er ja von dem Mädchen mitgenommen werden sollen, das mit uns im Flugzeug gekommen war, sagt er nun leise. Verlor er jetzt schon die Nerven?
    Garibaldi drängte mich, ins Auto zu steigen. Über Mohammed sagte er: „Was? Aus London kommt der? Was zum Teufel macht er dann hier! Vielleicht haben sie ihn dort hinausgeschmissen.“
    Nach ein paar Tagen habe ich versucht, Mohammed zu finden. Jedoch ohne Erfolg. Am Flughafen erfuhr ich, dass er schließlich von einem Onkel abgeholt wurde. Aber diesen Onkel konnte ich nicht finden.
    Und Mohamoud Askar, mit dem ich später meine eigenen Erfahrungen machen sollte, und der selbst einer war, der Mohammed bedrängt hatte, sagte am Tag danach, Mohammed sei verdächtig gewesen, weil er einmal Somali und dann wieder Englisch gesprochen hat. Die Grenzer hätten geglaubt, „der Junge hat sie nicht mehr alle. Erst sagt er, er weiß, wie sein Vater aussieht. Dann wieder, er weiß es nicht.“
    Mohammed war also verrückt? Mir war er völlig normal erschienen. Aber dann halten sich ja viele Leute in Somalia für verrückt, wie ich später selbst herausfinden musste. Es kommt nur auf die Perspektive an.
    In Bosasso zum Beispiel strömte auf der Straße vor meinem Hotel auf einmal eine Menschenmenge zusammen. Es war mitten am Nachmittag. Für mich sah es so aus, als würde der Mann in der Gruppe von Schaulustigen predigen. Als ich aber einen in der Menge fragte, ließ er seinen Zeigefinger seitlich vor der Schläfe rotieren und sagte: „Die Leute kommen aus Europa zurück und wollen hier die Demokratie einführen. Die sind nicht mehr ganz richtig im Kopf.“
    Und Mohammed selbst hatte natürlich seine eigene Meinung über seine Landsleute. Nachdem ich über die Hast gelacht habe, mit der die zwei Fahrer in Galkayo den Khat abtransportiert hatten, reckte er sein Kinn nach draußen und sagte völlig sachlich: „Die spinnen sowieso alle!“

SOMALIA

Mit Abdullahi am östlichsten Punkt (Bosasso – Hurdiye und zurück)
    Somalia ist der Alptraum jedes Reisenden. Seit das Land Anfang der neunziger Jahre in einen anarchischen Bürgerkrieg gefallen ist, darf man dies nicht und das nicht, ohne sich in Gefahr zu begeben, und etwas anderes sowieso nicht. Das Land ist in Clan-Provinzen zerfallen. Individuelle Reisen ohne Wachmannschaft sind nur in den beiden „befriedeten“ Gebieten im Norden möglich: Der autonomen Region Puntland in der Nordostecke des Landes, sowie der selbsterklärten Republik Somaliland in der Nordwestecke.
    Die Geschichte des somalischen Bürgerkriegs ist schnell erzählt, denn die Grundlagen für den späteren Zerfall des Landes wurden schon durch die Unterwerfung der Somali-Gebiete von verschiedenen Kolonialmächten gelegt: Das Zentrum, die spätere Republik Somalia, wurden von Italien kolonialisiert; der Süden, der heutige Nordosten Kenias, und der Nordwesten, das heutige Somaliland, von den Briten; der

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