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Agent 6

Titel: Agent 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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meine Frau mit ihren Verletzungen ganz gelegen: Sie war schwer verwundet, aber sie wäre nicht gestorben, nicht, wenn Sie Hilfe geholt hätten. Die Sache zu vertuschen war nicht die Idee von Ihren Vorgesetzten. Es war Ihre Idee. Aber damit der Plan funktionierte, musste meine Frau sterben. War es nicht so?
    Mit fest zusammengepressten Lippen weigerte sich Yates zu reden. Er übte Druck auf die Wunde aus, um die Blutung zu stoppen, und ignorierte die Fragen. Leo zog Yates die Hand zur Seite, damit die Wunde offen lag und das Blut floss, und fragte auf Russisch:
    – Haben Sie das bei meiner Frau getan? Haben Sie ihr die Hand weggezogen? Sie bluten lassen?
    Yates stand Schweiß auf der Stirn, er zitterte am ganzen Körper. Leo fragte:
    – Haben Sie gewartet, bevor Sie den Krankenwagen gerufen haben?
    Als Nara die Vorwürfe übersetzte, geriet sie nicht mehr ins Stocken, jetzt wollte auch sie eine Antwort. Yates sagte nichts.
    Leo sprach weiter, ohne laut zu werden, er redete wie mit einem Kind.
    – Yates, Sie haben nicht mehr viel Zeit. Wenn Sie mir nicht antworten, sehe ich Ihnen beim Sterben zu, so wie Sie meiner Frau. Was hier passiert, nehme ich als Wiederholung von dem, was in New York geschehen ist, also müssen Sie gar nichts sagen, damit ich diese Nacht verstehe. Ich kann Ihnen einfach dabei zusehen, wie Sie verbluten.
    Yates war ein Meister darin, bei anderen Menschen Schwächen zu erkennen, und konnte bei Leo keinerlei Unsicherheit sehen.
    – Sie sind bei ihr geblieben, oder? Zwanzig Minuten lang haben Sie aufgepasst, dass sie wirklich stirbt. Sie sind auf die Idee gekommen, die Morde zu verknüpfen, zu behaupten, Anna hätte Raisa getötet und dass es ein Racheakt war, aber nicht gegen Sie.
    Yates setzte sich auf und betrachtete sein verschmiertes Hemd, das Blut hatte es bis zur Brust rot gefärbt und breitete sich auf dem Teppichboden aus. Leo sagte auf Englisch:
    – Los, reden Sie.
    Endlich reagierte Yates. Er nickte. Leo packte sein Gesicht.
    – Das reicht nicht. Ich will hören, wie Sie es sagen. Haben Sie meine Frau sterben lassen?
    Auf Yates Zähnen war Blut. Er antwortete:
    – Ja, ich habe sie sterben lassen.
    Leos Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    – Meine Frau hat die letzten Momente ihres Lebens mit Ihnen verbracht. Beschreiben Sie sie.
    Yates war leichenblass geworden. Er schloss die Augen. Mit einer Ohrfeige wollte Leo ihm eine Reaktion abringen. Yates öffnete den Mund, sagte aber nichts. Leo wiederholte:
    – Ihre letzten Minuten. Ich will es wissen.
    Yates versuchte, die Schusswunde zu berühren, doch Leo hielt seine Hand weiter fest.
    – Sie haben nicht mehr viel Zeit.
    Als Yates sprach, klang er wie ein Mann kurz vor dem Ertrinken, voll aufsteigender Panik schnappte er nach Luft.
    – Ich habe ihr gesagt, dass ein Krankenwagen unterwegs ist. Sie hat mir nicht geglaubt. Sie wusste, dass ich lüge. Sie wollte um Hilfe rufen. Als sie gemerkt hat, dass keine kommt, wurde sie ganz ruhig. Ihr Atem ging langsam. Ich dachte, es ist schnell vorbei, aber es hat fünfzehn Minuten gedauert. Da war viel Blut. Ich dachte, jetzt stirbt sie.
    Er schüttelte den Kopf.
    – Sie hat etwas gesagt. Ganz leise, als würde sie beten. Bestimmt Russisch, habe ich gedacht. Aber sie hat Englisch geredet. Sie hat mit mir gesprochen. Also bin ich näher rangegangen. Ich sollte … ihrer Tochter sagen …
    – Elena?
    Yates nickte.
    – Dass sie ihr nicht böse ist. Und dass sie sie liebt. Das hat sie immer wieder gemurmelt. ›Sagen Sie ihr, ich bin nicht böse. Sagen Sie ihr, ich liebe sie.‹ Dann hat sie die Augen geschlossen. Und sie nicht noch mal geöffnet.
    Leo weinte. Die Tränen liefen ihm über das Gesicht, er konnte sie nicht wegwischen, weil er Yates’ Arme auf den Boden drückte. Dann beruhigte er sich so weit, dass er fragen konnte:
    – Das haben Sie Elena nicht gesagt? Nicht mal dazu waren Sie fähig?
    Yates schüttelte den Kopf.
    Leo stand auf. Als Yates sich bewegen konnte, drückte er eine Hand auf die Wunde, um die Blutung einzudämmen. Seine Wut und sein Selbstvertrauen kehrten zurück.
    – Ich habe Ihre Fragen beantwortet! Rufen Sie einen Krankenwagen!
    Leo ergriff Naras Hand und führte sie stumm die verkleideten Stufen hinauf. Yates schrie ihnen nach:
    – Ruft mir einen verdammten Krankenwagen!
    Im Flur legte Leo den Revolver auf der Vitrine ab. Das Telefon stand unter dem Hochzeitsfoto des jungen, attraktiven Yates und seiner bildhübschen Braut, die ein

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