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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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aufgehört zu regnen, und die Sonne schien mit ihrer letzten herbstlichen Kraft etwas Wärme verbreiten zu wollen.
    »Du kennst mich nicht, Tribun«, sagte der junge Mann atemlos und blickte wie gehetzt um sich. »Mein Name ist Horatius Pulcher.«
    Der Beiname »der Schöne« war nicht übertrieben, und irgendwo hatte Valerius das ansehnliche Gesicht des jungen Mannes schon einmal gesehen. Aber wo?
    »Erinnerst du dich an mich?«
    Valerius schüttelte den Kopf. »Nein, aber irgendwo habe ich dich schon einmal gesehen ...«
    »Ich habe dir damals den Zettel zugesteckt, als du vom Cäsar kamst, dem alten, meine ich natürlich.«
    »Vertrau nicht der Kaiserin« – der Zettel, den er achtlos weggeworfen hatte!
    »Du erinnerst dich daran, nicht wahr? Ich sehe es.«
    »Warum hast du das damals getan? Was weißt du?«
    »Alles! Ich weiß alles! Ich gehöre auch zu den Nazarenern und habe durch den unglücklichen Antisios von diesem schrecklichen Geheimnis erfahren. Als ich hörte, dass du zum Kaiser gerufen wurdest, wusste ich warum. Und als ich sah, dass dich danach die Augusta rufen ließ, war mir klar, dass sie eine Falle für dich vorbereitet hatten. Ich wollte dich warnen, mehr konnte ich nicht tun.«
    »Das ehrt dich. Aber wenn deine Warnung etwas ausführlicher gewesen wäre, hätte ich sie vielleicht ernster genommen.«
    Der junge Mann wurde rot. »Dazu fehlte es mir an Mut. Die Aussicht, in der Arena blutrünstigen Bestien gegenüberzustehen, erfüllte mich mit Angst und Schrecken.«
    »Dann hast du mir auch den Brief in die Ubierstadt geschickt?«
    »Ja, ich wollte, dass du deine Ermittlungen aufgibst, damit du nicht in Gefahr gerätst.«
    »Und warum hast du das für mich getan?«
    »Wir Nazarener versuchen jedes Leben zu retten, das in Gefahr kommt.«
    »Hättest du dann nicht zum Kaiser gehen und ihm von der Verschwörung berichten müssen?«
    »Du hast Recht, Tribun. Aber ich hatte Angst! Wer sich zwischen zwei Mühlsteine begibt, der wird zermalmt!«
    ***
    Die beiden Freunde begrüßten sich herzlich. »Den Göttern sei Dank!«, rief Gaius, nachdem ihm Valerius von seinem Gespräch mit der Augusta berichtet hatte. »Das ist ja gerade noch gut gegangen. Auch ich bin von Niger und Pallas in die Mangel genommen worden – aber danach haben sie mir die Freiheit versprochen. Ich kann meinen Dienst in Novaesium fortsetzen und werde Antonia wieder sehen! Was hast du jetzt vor, mein alter Freund?«
    Valerius dachte einen Augenblick nach. »Zuerst habe ich hier in Rom noch einige Besuche zu machen. Dann werde ich meine Eltern besuchen, und dann muss ich so schnell wie möglich nach Colonia Agrippinensium . Du glaubst nicht, wie ich mich nach Dirana sehne!«
    »Doch, das glaube ich dir gerne. Mir geht es mit Antonia nicht anders. Wen willst du hier noch besuchen?«
    »Ich muss zu Seneca, dem alten Fuchs. Es interessiert mich, wie er die Entwicklungen hier in Rom beurteilt ...«
    »Treffen wir uns in sechs Wochen hier am Forum an der Basilica Iulia ?«, fragte Gaius.
    »Abgemacht! In sechs Wochen an der Basilica «, lachte Valerius.
    ***
    Es war schon später Abend, als Valerius an der Tür des Philosophen klopfte. Er kam unangemeldet, aber immerhin hatte der Philosoph ihn damals gebeten, ihm nach seiner Rückkehr Berichtzu erstatten. Von innen näherten sich schlurfende Schritte. Ein unbekanntes Gesicht lugte durch den Türspalt und sah ihn fragend an.
    » Der Tribun Marcus Valerius Aviola wünscht den edlen Lucius Annaeus Seneca zu sprechen!«
    »Der Herr ist noch nicht zu Hause. Er ist noch im Palatin. Wir erwarten ihn aber bald zurück. Möchte der edle Tribun so lange warten?«
    Valerius nickte, und der Ostiarius führte ihn schweigend ins Atrium , wo sich Valerius auf eine der zahlreichen Marmorbänke setzte. Nach etwa einer halben Stunde trat Seneca ein und bat um Verzeihung, dass er seinen Gast habe warten lassen.
    »Aber ich war gar nicht angemeldet«, erwiderte Valerius lächelnd.
    »So, warst du nicht? Mir ist, als hätten wir uns für heute Abend verabredet. Ich komme gerade vom Cäsar und das dauert immer länger, als man denkt. So viele Ideen hat der junge Kaiser, einiges muss man noch ein wenig zurechtrücken, aber es wird schon. Willst du mir bitte ins Arbeitszimmer folgen. Wie wäre es mit einem kleinen Imbiss?«
    Valerius nahm die Einladung gerne an.
    »Thisbe, richte einen kleinen Imbiss für meinen Gast. Ich habe mit dem Cäsar gespeist. Für mich nur einen Mulsum , aber schön erwärmt. Das tut den

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