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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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gepflegt, wenn auch ohne jeden Prunk. In den Erdgeschossen fanden sich ein Laden mit Ton- und Glaswaren, ein Goldschmied und an der Ecke eine Caupona , die allerdings geschlossen war. Wenig später machte Valerius Halt vor dem Ladenlokal eines Weinhändlers. Neben der Tür wies eine halb verblasste Kreideinschrift auf den Besitzer hin (immer noch in falscher Orthografie, wie Valerius seufzend bemerkte):

    Mietblok Pulchra Habitantia
    Eigentum des Sosimus Gavinius
    Zur Zeit nur eine Dachstuhbe zu vermieten.
    Interesenten wenden sich an Syrnophax,
    den Sklaven des Sosimus Gavinius.

    Doch über dem Geschäftslokal schälte sich ein Schild aus feinstem Eichenholz aus dem Nebel, auf dem in makelloser Schrift und mit Gold eingelegt zu lesen war:

    * Subrius Caesonius *
Excellente Weine aus einheimischer Produktion – Importweine
aus aller Welt – sachverständige Beratung – angemessene Preise –
kleine und große Abfüllungen

    Über Valerius’ erschöpftes Gesicht zog ein Lächeln. Endlich zu Hause! Hier wohnte Dirana, seine geliebte Freigelassene, hier, irgendwo hinter diesen Mauern wurde jetzt gerade der kleine dreijährige Titus Valerius für die Nacht fertig gemacht. Eine Welle der Zärtlichkeit erfasste den Mann, und für einen Augenblick schien es, als könnten gleich Tränen über das ausgemergelte Gesicht in den schwarzen Bart fließen.
    Aber er hatte schon als Kind gelernt, Gefühlsaufwallungen jeglicher Art zu unterdrücken, und so drängte er die Tränen zurück. Was er nicht verhindern konnte, war, dass die Narbe an seiner Stirn wie verrückt zu brennen begann, ein untrügliches Zeichen für seinen aufgewühlten Gemütszustand. Aber da half ein kräftiges Kratzen mit den Fingern, und die Dinge waren im Lot. Valerius band das Pferd am dafür vorgesehenen Ring an der Hauswand an und klopfte gegen die Tür. Eine Zeit lang tat sich nichts. Dann waren von innen Schritte zu hören, die die hölzerne Treppe herunterstürmten. Eine weibliche Stimme vergewisserte sich durch die Tür: »Wer ist da?«
    »Dein Herr und Gebieter!«, antwortete Valerius und unterdrückte ein Lachen.
    Eilig wurden die Riegel zurückgeschoben, und die Tür öffnete sich. Sogleich wälzte sich der Nebel hinein, gab aber nach einigen Sekunden die runden Formen einer weiblichen Gestalt frei. Im Türrahmen erschien das freudige Gesicht von Dirana. Strahlend lachtesie den Gast an – und wich darauf sofort erschreckt zurück. Im ersten Schrecken wollte sie die Tür zuwerfen, aber Valerius kam ihr zuvor und stellte seinen Fuß dazwischen.
    »Erkennst du mich nicht, Geliebte?«, murmelte er enttäuscht.
    Ein zweiter vorsichtiger Blick durch den Türspalt, dann ein Schrei. Dirana öffnete die Tür vollends und warf sich an seinen Hals. Sie bedeckte Mund, Hals und Stirn des Ankömmlings mit Küssen, zog ihn in den Gang und konnte gar nicht aufhören, ihn immer wieder nur zu küssen.
    »Verzeih, Liebster, verzeih!« Tränen strömten über ihre Wangen. »Ich habe dich nicht erkannt! Bei Juno, du siehst so fremd aus. Ich hätte dich für einen Bettler gehalten oder ... oder ...
    »Schon gut, Muscula, mein Mäuschen. Ich hatte ganz vergessen, dass du mich in dieser Aufmachung und mit Bart nie gesehen hattest. Vielleicht hätte ich dich warnen sollen oder ...«
    »Egal! Egal! Die Hauptsache ist, dass du wieder gesund und wohlbehalten zurückgekommen bist.«
    »Und der kleine Titus Valerius?«
    »Er schläft schon. Ihr werdet euer Wiedersehen auf morgen verschieben müssen. Du siehst müde aus, so müde. Und so ganz anders. An ... deinen ... Bart könnte ich mich kaum gewöhnen.«
    »Ich bin müde, Liebste. So eine Reise von Rom hierhin im Winter ist kein Kinderspiel. Und was den Bart anbetrifft, so freue ich mich auf den baldigen Besuch beim Barbier.«
    »Wie ist es dir in Rom ergangen?«
    Während sie sprachen, hatte Dirana in Windeseile einen kleinen Imbiss hergerichtet. Ausgehungert fiel Valerius über die bescheidene Mahlzeit her. Von seinem Besuch in Rom erzählte er nur so viel, wie Dirana wissen konnte. Er wollte sie auf keinen Fall in Gefahr bringen. Dirana ahnte, dass es nicht die ganze Wahrheit war, was er da kauend und schmatzend von sich gab, aber mit dem Zartgefühl der Liebenden drängte sie nicht weiter in ihn.
    Nachdem er sich gesättigt und die Mahlzeit mit einem ordentlichen Schluck Wein, und zwar unverdünntem, beendet hatte, streckte er sich und rief:
    »Bei den Göttern, es ist schön, wieder zu Hause zu sein. Jetzt muss das

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