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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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ein Unglück! Wie konntet ihr dies zulassen?«
    Behutsam heben sie ihn auf, legen ihn auf eine schnell gefertigte Trage aus Zweigen und bringen ihn auf sein Gut zurück. Da herrscht ein Jammern und Wehklagen auf den Höfen und in den Quartieren der Sklaven, dass es bis zu den Mauern der Ubierstadt dringt. Die Weiber zerraufen sich die Haare, die Männer stieren stumm in ihre Weinbecher, selbst die Kinder haben ihr Spiel unterbrochen. Aber nur zum kleinsten Teil ist es wahre Trauer, die sie bewegt. Es ist mehr Sorge. Wer weiß schon, was jetzt aus ihnen wird? Wird der neue Herr besser sein, gütiger? Oder wird er sie quälen? Man hat so vieles schon gehört. Eigentlich war Petrusius gar nicht so übel gewesen.
    Am Abend legt sich Gulvenius, der treue Verwalter, zufrieden in sein Bett. Zärtlich streichelt er den nackten Rücken seines jungen schönen Weibes, zieht die Linie der Wirbelsäule nach.
    »Das ist es, meine Liebe!«
    »Das ist was?«, fragt Silana, sein Weib, verständnislos und dreht sich herum.
    Gulvenius holt unter dem Stroh ein kurzes Messer hervor, das im Schein der rußenden Fackel glänzt.
    »Das ist das Messer, mit dem ich den Sattelgurt angeschnitten habe. Endlich sind wir diesen eitlen Großkotz los, und fünfhundert Sesterzen hat es auch gebracht.« Mit fröhlicher Miene wirft er den prall gefüllten Lederbeutel in die Luft.
    »Waaaas? Warum? Warum hast du das ... äh ... gemacht?«, will sein Weib atemlos wissen. Sie sitzt kerzengrade im Bett und sieht ihren Mann fragend an.
    »Ein Auftrag! Man hat mir den Auftrag dazu gegeben, und ich habe es gemacht. Einfach so!«
    »Wer? Wer hat dir den Auftrag gegeben, unseren Herrn zu ... ermorden?«
    »Ermorden? Weib, bist du von Sinnen? Es war ein Unfall, nur ein Unfall. Und wer den Auftrag gab? Besser, du weißt es nicht! Weiberzungen sind geschwätzig, aber so viel kann ich dir sagen, es war eine ... eine ganz hohe ... äh ... Persönlichkeit. Und nun dreh dich herum!«
    ***
    Die Reise des Tribuns verlief zügig und ohne unangenehme Vorfälle. In den südlichen Teilen hielten schon die Vorboten eines nahenden Frühlings Einzug. Sanfte Westwinde sorgten für angenehme Temperaturen und gut passierbare Straßen. Je weiter man aber nach Norden kam, umso kälter wurde es. Tief verschneite Wälder, vereiste Bäche und Flüsse säumten seinen Weg, kalte Nebelfetzen hingen in der Luft. Als Valerius bei Confluentes auf die Mosella stieß, zerschlug sich seine Hoffnung auf eine bequeme Weiterreise per Schiff sehr schnell: Der Fluss war an vielen Stellen noch zugefroren, jegliche Schifffahrt unmöglich. So blieb nur die unbequemere Alternative einer weiteren Landreise, die Valerius seufzend in Kauf nahm.
    Bis zum Legionslager Bonna vertraute er sich verschiedenen schwankenden Reisekutschen an, in Bonna jedoch erhielt er einLegionspferd und legte den Rest des Weges auf dem vertrauten Pferderücken zurück. Gegen Ende der zwölften Stunde – schon längst hatte sich abendliche Dunkelheit über das eiskalte Land gelegt – stand er vor den Toren von Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Ein starkes Gefühl von Heimat verdrängte die Mühen und Strapazen der Reise. Die Stadttore waren bereits verschlossen, öffneten sich aber nach Vorlage seiner Diploma wie von Zauberhand.
    Der späte Zeitpunkt ermöglichte es ihm, durch die Stadt zu reiten. Sein erster Weg führte ihn am Forum vorbei in den südwestlichen Teil der Stadt. Die schneebedeckten Straßen waren so leer, als stünde ein Ansturm feindlicher Barbaren bevor. Die Verkaufsstände unter den Arkaden der Insulae waren geräumt, und lediglich aus den Wirtshäusern drang das Geschrei fröhlicher Zecher an die Ohren des müden Reiters.
    Valerius verließ nun die Hauptstraße des Decumanus Maximus und bog kurz hinter den Thermen links in eine kleine Seitengasse ab. Die einsamen Straßen lagen in völliger Dunkelheit, aber das machte Valerius nichts aus. Diesen Weg hätte er auch mit verbundenen Augen gefunden. Aber ein neues Problem machte sich breit: Vom Rhein her wälzte sich eine Wolke dichten Nebels durch die Straßen und schien langsam von der Stadt Besitz zu ergreifen. Wie mit gierigen Händen griffen die wabernden Fluten nach ihm, und Valerius war mehr als froh, dass er jetzt bald an seinem Ziel angelangt sein würde. Er verlangsamte seine Geschwindigkeit, denn das Pferd fand auf der glatten Straße schwer Halt und war schon mehrfach gestrauchelt. Die Straße, die er jetzt betrat, war sauber, die Häuser wirkten

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