Agrippina - Kaiserin von Rom
Mordopfer stehen? Er hat doch überhaupt nichts mit Agrippinas Agentenkreis zu tun.«
»Doch«, gab Volturcius knapp zurück, »er hat ihn finanziert.«
»Er hat ihn ... finanziert? Bei den Göttern, wieso das? Ich meine, wieso muss ...?«
»Glaubst du vielleicht, ein Ring von Agenten kostet nichts? Alle wollen bezahlt werden, halten die gierigen Hände auf. Idealisten wie dich und ... mich findet man kaum noch. Ein Netz von Agenten zu unterhalten, verschlingt beträchtliche Summen. Und Fulvius Petrusius war derjenige, der sie für unseren hiesigen Bereich übernommen hat. Besser gesagt hatte, denn jetzt ist er tot, und die Schatulle verschlossen.«
Der Curator atmete schwer auf. »Alles scheint sich gegen uns verschworen zu haben! Aber das Jammern hilft nicht weiter. Du wirst als Erstes diese so genannten Unfälle untersuchen. Finde heraus, ob es wirklich ... Unfälle waren! Wenn es keine Unfälle waren, so bring mir den Täter! Besondere Sorgfalt aber verwende auf den Fall des Fulvius Petrusius.«
»Warum gerade auf den?«
Der Curator lehnte sich zurück und machte auf einmal einen entspannten Eindruck. Sogar der Hauch eines Lächelns zog über seine Lippen.
»Erstens, weil der Tod des reichsten Mannes der Stadt naturgemäß Stadtgespräch ist. Auf den Gassen und Märkten haben sie zurzeit nur ein Thema. Und zweitens wegen des Senatus consultum Silianum !«
»Verzeih, Curator , der Begriff ist mir ... äh, ich meine, ich kenne ihn nicht. Worum handelt es sich?«
Der Beamte schien seine augenblickliche Überlegenheit sichtbar zu genießen.
»So, du kennst ihn nicht. Wenn du in deiner Laufbahn weiterkommen willst, musst du deine juristische Ausbildung vervollständigen. Also ... der Senatus consultum Silianum ist ein bindenderSenatsbeschluss, nach dem alle Sklaven, sogar die im Hause wohnenden Freigelassenen, mit dem Tode zu bestrafen sind, wenn ihr Herr durch die Hand eines Sklaven umgekommen ist. Wusstest du das nicht?«
»Natürlich wusste ich das«, gab Valerius ärgerlich zurück, »nur den Namen des Gesetzes kannte ich nicht.«
Mit süffisantem Lächeln berichtigte Gaius Volturcius Crassus den Tribun im Stile eines Oberlehrers: »Es handelt sich nicht um ein Gesetz, sondern wie gesagt um einen Senatsbeschluss, was aber an der Wirkung nichts ändert. Sollte sich also herausstellen, dass einer der Sklaven für den Tod des Petrusius verantwortlich ist, müssten wir hier mehr als vierhundert Menschen hinrichten, was nicht nur in unserer Stadt, sondern darüber hinaus in der ganzen Provinz für Aufsehen sorgen würde. Zwangsläufig würde die Sache auch in Rom bekannt, was unbedingt zu vermeiden ist. Also gehe diskret vor, und sprich mit mir, bevor du irgendetwas unternimmst. Das ist ein Befehl!«
Abrupt war das Gespräch beendet, und Valerius verließ das Amtszimmer des kaiserlichen Curators , nicht ohne sich erhebliche Gedanken über dessen Verhalten zu machen.
***
Als Erstes suchte er die fragliche Baustelle auf, an der Faustus Celerinus sein Leben verloren hatte. Die Arbeiter waren inzwischen ein Stück weitergezogen und an anderer Stelle mit der endgültigen Fertigstellung eines Mauerabschnitts beschäftigt. Mehrere Arbeiter warfen gerade lautstark Bauschutt herab und transportierten ihn in Ochsenkarren ab. Valerius stellte sich in gehöriger Entfernung auf, winkte einen der Arbeiter herbei und fragte nach dem für die Baustelle Verantwortlichen.
»Ich werde ihn rufen, Tribun.«
Der Arbeiter, offensichtlich einer der Servi publici, der städtischen Sklaven, verneigte sich ehrerbietig und eilte davon. Wenig später trat ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit groben, vernarbten Gesichtszügen auf Valerius zu.
»Ich bin Longinus, der Vorarbeiter. Womit kann ich dem edlen Tribun dienen?«
»Es geht um den ... äh ... Unfall, der vor zwei Wochen stattgefunden hat, den Unfall, bei dem der Quaestor Faustus Celerinus den Tod gefunden hat. Ich bin damit beauftragt, das Geschehen zu untersuchen. Was kannst du mir über die Umstände des Unfalls sagen?«
Longinus’ grobes Gesicht nahm kummervolle Züge an. »Der Unfall wird untersucht? Sicher, weil ein hoher Herr dabei zu Schaden kam, nicht wahr? Aber, Herr, bei meiner Ehre: Du siehst mich sehr betrübt. Es war ein tragischer Unfall, an dem wohl niemand Schuld trägt als das beklagenswerte Opfer selbst. Sicher haben meine Leute nicht genügend aufgepasst, aber der bedauernswerte Quaestor hat auch zu nahe dabeigestanden. Ich war selbst an jenem
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