Agrippina - Kaiserin von Rom
Ernte schlechter als erwartet ausfällt, fällt das Land an den Kreditgeber – so wollen es die Verträge –, und Petrusius setzt den bisherigen Eigentümer als Pächter ein. Das ist zwar nicht ganz legal, aber wer wollte dagegen klagen, ist doch der Vorsitzende des zuständigen Gerichts sein ehemaliger Schwager!
So kann es niemanden wundern, dass Fulvius Petrusius auch gerne als öffentlicher Mäzen auftritt und sich an der Errichtung von Bauten finanziell erheblich beteiligt. Die Verwaltung der Ubierstadt weiß es zu schätzen, dass er das neue Marsfeld – nach dem Vorbild Roms vor den Toren der Stadt errichtet – finanziert, und Petrusius wird es auch schätzen, denn es wird seinen Namen tragen.
Und als der Curator Gaius Volturcius Crassus dann zu ihm kam und ihn bat, seine Schatulle auch zum Schutz Agrippinas und zur Finanzierung ihres Agentendienstes zu öffnen, da war der Gefragte nur zu gern bereit, schmeichelte es doch seiner Eitelkeit nicht wenig, dass eine solch hohe Dame auf seine Finanzmittel zurückgreifen musste. Außerdem konnte es für seine Geschäfte nur von Vorteil sein, einen mächtigen Mann wie den Curator auf seiner Seite zu wissen. Man konnte nie wissen ... Freilich geschah die Unterstützung im Geheimen, und niemand wusste davon ... oder jedenfalls fast niemand.
***
An diesem schönen Morgen betrachtet Fulvius Petrusius voller Stolz seine Neuerwerbung, einen schwarzen Hengst edelsten Blutes mit dem königlichen Namen Rex.
»Er vereint in sich die edle Abstammung des Orients, das Feuer des Südens und die Kraft des Nordens«, flüstert Gulvenius, der eloquente Verwalter, ergriffen.
» Recte , mein Gulvenius«, antwortet Petrusius voller Stolz, »achte darauf, dass niemand ihn reitet. Er kommt ausschließlich in die Zucht. Der Einzige, der ihn satteln darf, bin ich, hörst du, Gulvenius?«
Gulvenius nickt in der üblichen devoten Art. »Sicher, Herr, niemand wird ihn reiten außer dir!«
»Die Kosten für ihn waren erheblich, aber nach längstens einem Jahr hab’ ich das raus!«
»Eher schneller, Herr, man wird sich um seine Füllen reißen.«
» Bene ! Bring mir noch ein Glas Mulsum, und dann sattle den Königshengst. Ich werde sehen, welches Feuer unter seinen Flanken brennt.«
Während eine Sklavin rasch den bestellten Honigwein bringt, zieht Petrusius das Reitgewand an. Inzwischen wird Rex gesattelt und tänzelt unruhig auf dem Hof.
»Er hat ein Temperament wie Cerberus , der Höllenhund«, lacht Gulvenius, »du wirst deine Freude an ihm haben.«
»Ist der Sattel richtig festgezurrt? Wenn der sich löst, wird der Hengst mich durch die Gegend schleudern!«
»Keine Angst, Herr, ich hab’ es selbst überprüft!«
Wenig später sitzt Petrusius auf. Er ist nicht nur ein leidenschaftlicher Reiter, er ist auch ein besonders guter. Er wird den wilden Hengst schon zügeln. Scharf reißt er am Zaumzeug, der Hengst duckt sich, dann prescht das stolze Paar davon. Zuerst über die an das Haus angrenzende Wiese, dann in den Wald, über das abgeerntete Feld. Hinter dem Feld biegt der Weg wieder in einen kleinen Wald von uralten Eichen ein. Petrusius genießt den Ritt, jauchzt laut auf. Bei den Göttern, was für ein Pferd! Der Sattel rutscht leicht hin und her, verschiebt sich plötzlich zur rechten Seite.
»Bei Diana und allen Waldgeistern, hat der Bursche nachlässig gearbeitet? Ich werde besser selbst nachsehen. Nur den Bach noch!«
Kraftvoll prescht der Reiter über den schmalen Weg, zieht die Zügel ein wenig an. Ein kleiner Bach kreuzt sprudelnd den Weg, kaum mehr als vier Fuß breit. Kein Problem für den Hengst, der zu gewaltigem Sprung ansetzt. Es sollte der letzte Sprung für Gaius Fulvius Petrusius sein!
Kräftig drückt er die Fersen in die Flanken des Tieres, weit und hoch springt das Pferd ab. Da, mitten auf dem höchsten Punkt der Sprungkurve geschieht es! Der lederne Sattelgurt reißt mit einem peitschenden Knall. Petrusius fliegt in weitem Boden durch die Luft, sein Kopf landet hart an einem abgebrochenen Eichenstamm. Der Aufprall nimmt ihm das Bewusstsein – er spürt nicht mehr, wie sich die abgebrochene Spitze des Baumrumpfes in seinen Brustkorb senkt.
Fast schuldbewusst nähert sich das Pferd der Leiche und scharrt neben ihr unruhig mit den Hufen.
***
Stunden braucht man, bis die Sklaven ihren Herrn gefunden haben. Voller Erschütterung steht Gulvenius neben dem Leichnam und hebt die Arme vor Verzweiflung in die Luft.
»Bei den unsterblichen Göttern, welch
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