Ahnentanz
dass Vinnie sich so mitteilsam gegeben hätte, wenn er schuldig wäre.
Nicht zu vergessen, dass er nicht einmal sicher sein konnte, dass die Fälle der zehn verschwundenen Frauen, auf die Zachgestoßen war, tatsächlich miteinander in Verbindung standen.
Was hatte er bislang wirklich an Fakten?
Zwei menschliche Oberschenkelknochen – die aus jüngerer Zeit stammten oder auch nicht. Das Wissen, dass zumindest eine junge Frau spurlos in New Orleans verschwunden war.
Einige andere Vermisstenfälle höchstwahrscheinlich in der gleichen Gegend, Fälle, die sich in den letzten Jahren häuften.
Und ein Albtraum, in dem ein Meer von verstümmelten Leichen ihn umfing und in dem eine Frau in Weiß um Hilfe rief.
Er hatte noch immer das Gefühl, dass die Antwort oder zumindest ein entscheidender Hinweis irgendwo auf diesem Friedhof zu finden war, doch es wurde spät, und er musste für heute aufgeben.
Als er schmutzbedeckt zurück ins Haus ging, starrte sogar Zachary ihn verwundert an.
„Frag nicht“, wies er seinen Bruder zurecht.
„Tue ich nicht. Ich fahre jetzt in die Stadt, um mich für Jeremys großen Abend zurechtzumachen.“ „Wir sehen uns dort“, sagte Aidan.
Oben duschte er und kleidete sich für die Gala an. Er ging zurück ins Esszimmer und betrachtete die Familienporträts und Fotos an der Wand. Amelia war in ihren reiferen Jahren aufgenommen worden. Doch sie war noch eine gut aussehende Frau gewesen, schlank, mit einem strahlenden Lächeln und einem Gesicht, aus dem die Lebenserfahrung sprach.
„Ich würde es sehr begrüßen, wenn du mich nicht in meinen Träumen heimsuchen würdest“, sagte er zu der Frau auf dem Gemälde.
Unbeeindruckt lächelte sie ihn weiter an.
Es war nur ein Bild. Ein Bild, das ihn irgendwie bis in seinen Schlaf verfolgt hatte. Einfach nur mein Unterbewusstsein, sagte er sich. Und doch konnte er sich von dem Gedanken nicht freimachen, dass das Haus oder zumindest die Geister der Vergangenheit, die darin wohnten, ihn drängten, das Rätsel zu lösen.
Er betrachtete die Porträts seiner lange verstorbenen Vorfahren und hielt inne bei einer schönen Frau in einem weißen Abendkleid mit aufgestickten winzigen Rosen. Die kleine Tafel unter dem Bild identifizierte sie als Fiona MacFarlane Flynn, doch das „Flynn“ war von einer anderen, gröberen Hand darübergraviert worden. Merkwürdig.
Er erinnerte sich, den kunstvollen Sarkophag der Frau auf dem Friedhof gesehen zu haben, doch die Inschrift dort lautete nur Fiona MacFarlane. Sie war diejenige gewesen, die sich vom Balkon in den Tod gestürzt hatte. Aus irgendeinem Grund berührte er das Gemälde, und während er daraufstarrte, hatte er das merkwürdige Gefühl, dass jemand hinter ihm stand.
Als er herumwirbelte, schien ganz am Rande seines Sichtfeldes ein Schatten in der Küche zu verschwinden.
Entschlossen folgte er ihm, um herauszufinden, ob sich noch jemand im Haus befand.
Die Küche war leer.
Es musste ein Arbeiter gewesen sein.
Doch die Hintertür war abgeschlossen, und die restlichen Arbeiter standen alle draußen und packten ihr Werkzeug zusammen.
Anscheinend hatte er doch niemanden gesehen, und keiner hatte hinter ihm gestanden.
Und falls es irgendwelche Schatten in diesem Haus geben sollte und falls diese menschlicher Natur waren – diese Voodoo-Puppen waren eindeutig von einer menschlichen Hand platziert worden –, dann stand ihnen Ärger bevor. Denn er würde von nun an immer seinen Colt mit sich führen.
Dieses E-Book wurde von der "Osiandersche Buchhandlung GmbH" generiert. ©2012
17. KAPITEL
Da es Oktober war und Halloween vor der Tür stand, war das Aquarium in Schwarz und Orange geschmückt. Doch nichts an der Dekoration wirkte furchteinflößend. Die Kürbisse trugen alle ein fröhliches Grinsen zur Schau, und die anwesenden Hexen waren sämtlich gute Hexen in farbigen Kleidern mit niedlichen Hüten. Sie wurden von Freiwilligen des örtlichen Colleges gespielt und servierten Punsch und spezielle Kindersnacks. Da Kinder heute Abend besonders willkommen waren, standen viele Freiwillige bereit.
Die Stadt war durch verschiedene Angestellte jeder Behörde vertreten. Die Band, die der Radiosender besorgt hatte, spielte gut, wenn auch Kendalls Meinung nach nicht annähernd so gut wie die Stakes, worin Vinnie übereinstimmte.
Sie standen bei einem Bassin, das Hunderte von winzigen Tintenfischen enthielt. Vinnie musterte traurig die Band, während Mason eine hübsche junge Blondine betrachtete.
Weitere Kostenlose Bücher