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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Liste entlang, um dann noch entschiedener mit dem Kopf zu schütteln, dass das Gel die Haare kaum noch halten konnte.
    »Was ist?«, fragte Vinzi.
    »Tut mir leid. Wir haben hier keinen Herrn Augustin. Weder in 644 noch sonst wo.« Er sagte es bemüht gefällig, als entschuldigte er sich für eine Verspätung. Oder für einen lauwarmen Kaffee.
    »Was?«
    »Sehen Sie selbst.« Als würde damit der Kaffee heiß und die Verspätung sofort aufgeholt werden. Er drehte den Bildschirm zu den beiden. Vinzi und Plotek sahen die Liste durch. Auch ihre vier Augen sahen nicht mehr als die zwei des Stewards. Selbst wenn sie noch die zwei aus der Plastiktüte hinzugezogen hätten, wären sie zu keinem anderen Ergebnis gelangt. Ralf Augustin war auf der ganzen Passagierliste nicht zu finden.
    »Aber ich hab ihn doch gesehen!« Vinzi schien langsam die Fassung zu verlieren. »Verstehen Sie, mit eigenen Augen. Gestern.« Er zeigte auf seine Augen, als wäre das der Beweis. Der Steward lächelte wieder und blickte ihn in einer Mischung aus Mitleid und Verwunderung an.
    »Vielleicht ein blinder Passagier!« Der Steward lachte wie bei einem schlechten Witz.
    »Der glaubt mir nicht!«, sagte Vinzi zu Plotek und ignorierte dabei den Steward. Wie einen Garderobenständer. Einen lächelnden Garderobenständer, dem er sich jetzt wieder zuwandte.
    »He, hören Sie mal zu. Ich bin zwar ein Krüppel, aber nicht plemplem, klar?«
    Der Steward errötete ein wenig und nickte. Wobei sein Lächeln tatsächlich abnahm. Aber keinesfalls ganz verschwand.
    »Gestern, beim Abendessen, saß an unserem Tisch ein Ralf Augustin und . . .«
    Der Steward zuckte hilflos mit den Schultern. Er zeigte wieder auf die Passagierliste.
    »Sag mal, willst du mich verarschen. . .« Vinzi versuchte sich aus dem Rollstuhl auf den Rezeptionstresen zu hieven. Der Steward wich dahinter automatisch einen Schritt zurück, als bekäme er es langsam mit der Angst zu tun.
    »Lass mal«, versuchte Plotek Vinzi zu beruhigen.
    »Was denn. . .«
    »Das hat keinen Sinn.« Der Steward bestätigte lächelnd. Er nickte so heftig mit dem Kopf, dass sich eine Haarsträhne lockerte und in die Stirn fiel.
    »Aber. . . das gibt es doch nicht.«
    »Komm.«
    Plotek schob den Rollstuhl mit Vinzi von der Rezeption weg. Der Steward blickte ihnen hinterher. Als Plotek sich im Weggehen zu ihm umdrehte, schlug er die Augen nieder und ordnete seine Frisur.
    »Hier ist irgendetwas faul.«
    »Klar. Oberfaul.«
    »Hallöchen!« Herlinde Vogler-Huth stand im Atrium vor ihnen, unentwegt auf der Stelle tretend. Mit Stirnband, Turnschuhen, hautengen himmelblauen Leggins und einem dazu passenden Top. Was normalerweise pubertierende Mädchen tragen. Ein straffer braungebrannter Bauch schimmerte Plotek und Vinzi provozierend entgegen, als wollte er sagen: »Von nichts kommt nichts!« Und tatsächlich: Für eine fast Sechzigjährige sah Herlinde Vogler-Huth atemberaubend frisch aus. Oder andersherum: Plotek und Vinzi wirkten in ihrer Gegenwart ziemlich alt. In den Händen hielt sie zwei lange Skistöcke.
    »Na, wäre das nicht auch was für Sie beide?!« Mehr Feststellung als Frage.
    Vinzi wackelte mit seinen Beinstümpfen. Was nicht nur komisch aussah, sondern auch so, als wäre das nicht gerade seine Paradedisziplin. Plotek wiederum verdrehte es allein bei dem Gedanken an Sport und körperlicher Anstrengung den Magen.
    Herlinde drehte sich jetzt zu ihm, sah ihm tief in die Augen und lächelte. Als wollte sie Plotek nicht nur zum Walken überreden, sondern vielmehr auch um Erlaubnis bitten, mit ihrem durchtrainierten Körper auf seinem dicken Bauch herumzuturnen. Was Plotek zusätzlich verunsicherte. Er verfing sich in den blauen Augen der Physiotherapeutin wie eine indisponierte Fruchtfliege an einem klebrigen Streifen, der von der Decke hing.
    »Keine Turnschuhe«, stammelte Plotek.
    »Schade«, kam es von Herlinde Vogler-Huth, als würde sie den einen Wunsch damit aufgeben, am anderen aber noch gerne festhalten. Sie trabte weiter und ließ ein fröhliches, fast gesungenes »Bis später!« zurück. Die beiden blickten ihr hinterher. Unschlüssig, ob sie Herlinde Vogler-Huth nicht lieber über Bord gestoßen hätten. Oder doch eher von ihren muskulösen Händen bedient worden wären.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Frühstücken«, sagte Vinzi trotzig.
    Die Cafeteria auf Deck 7 war am frühen Morgen noch nicht gut besucht. Die meisten Passagiere schienen noch in ihren Kabinen zu liegen. Trotz der toten Augen

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