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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Kopfkissen. Nichts. Plotek setzte sich erneut auf das Sofa unter dem Bullauge. Vinzi ließ sich aus dem Rollstuhl neben ihn rutschen.
    »Was soll das?«, fragte Plotek ruhig, fast schläfrig. »Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, ich habe mir das mit dieser Kabine nur eingebildet. . .«
    Vinzi hob die Schultern. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Scheiße!« Er schlug wie aus dem Nichts mit der Hand gegen die Wand. Obgleich es doch Plotek war, der sich vor allem ärgern sollte. Und zwar mehr über Vinzis Misstrauen als über das spurlose Verschwinden des Pastors. Der Plastikschutz der in der Wand eingelassenen und ausgeschalteten Lampe fiel trotzdem herunter. Er landete auf dem Sofa. Als Vinzi fluchend das durchsichtige Plastik wieder auf die Lampe setzen wollte, entdeckte er, dass in der Fassung gar keine Glühbirne steckte.
    »Schau mal!« Etwas ganz anderes steckte in der Fassung.
    »Was ist das denn?« Plotek sah auf das schwarze knopfgroße Teil, als wäre es ein Außerirdischer. Ein Außerirdischer, der sprechen konnte. Den er aber leider nicht verstand.
    »Sieht aus wie ein Objektiv«, übersetzte Vinzi, mit dem Dialekt der kleinen schwarzen Teile vertraut. »Eins von einer winzigen Videokamera.« Er zog das Objektiv, das an einem Kabel wie an einer Nabelschnur hing, vorsichtig aus der Fassung.
    »Hier wollte jemand unbedingt wissen, was in der Kabine so vor sich geht.« Er lächelte. »In einer Kabine, die leer ist?«
    »Pscht!«, machte Plotek und legte seinen Zeigefinger an den Mund.
    »Hä?« Vinzi schien nicht zu kapieren.
    Plotek drehte sich vom Einfallswinkel des Objektivs weg und zeigte darauf, als würde davon eine ansteckende, gar tödliche Strahlung ausgehen. Vinzi lachte.
    »Mann, das ist ein Objektiv und kein Mikrofon. Und ich sehe auch keins.« Er blickte sich demonstrativ um. »Also, die sehen vermutlich mit, hören aber nichts.«
    Plotek schien nicht wirklich erleichtert. Was Vinzi offensichtlich dazu veranlasste, mit einem Ruck die Kamera samt Kabel aus der Fassung zu reißen.
    »Feierabend«, sagte er, wie wenn man »Fick dich!« sagt.
    Plotek fing nun erneut an, die Kabine auf den Kopf zu stellen. Er sah unter dem Bett nach. Unter dem Sofa. In der Ritze zwischen Matratze und Wand. Zwischen den Polsterspalten des Sofas. Bis er plötzlich mit einem spitzen Schrei seine Hand aus der Sofaritze zurückzog.
    »Was ist?«
    Plotek begutachtete seinen Finger, der blutete, als hätte ihm eine Nadel »Hallo« gesagt.
    »Verdammt, da hat mich was gestochen.« Er griff erneut in die Ritze und zog vorsichtig einen kleinen, harten Gegenstand zwischen Sofarückenlehne und Liegefläche hervor. In der Hand hielt er ein winziges silbernes Kreuz.
    »Kommt dir das nicht bekannt vor?«
    Es war Augustins Ohrring.
    »Er muss also hier gewesen sein.« Plotek sagte es, als wäre es ein Triumph. Sein Triumph.
    »Scheiße!«
    »Ja.«
    Noch ehe sie weiter spekulieren konnten, klopfte es an der Kabinentür. Ganz kurz und dreimal. Es klang wie dumpfe Pistolenschüsse.
    »Kabinenservice. Frühstück!«
    Wieder erklang die männliche Stimme, wieder etwas gehetzt.
    Als wäre es ein Déjà-vu-Erlebnis von der ganz üblen Sorte, sahen sich Plotek und Vinzi erstaunt an. Und schwiegen. Als hätten sie spontan und kollektiv beschlossen, gar nicht da zu sein. Keiner der beiden sprang auf, um den Überbringer des Frühstücks zwischen Tür und Angel zu stellen. Vielleicht sogar zu überwältigen. Der Grund dafür war, dass beide, der eine mit verkürzten Beinen, der andere mit dickem Bauch und phlegmatischem Körper, sich außerstande sahen, eine derartige körperliche Anstrengung abzurufen. Schon gar nicht am frühen Morgen. Mit entleertem Magen und ohne Kaffee. Und so saßen sie eben noch eine Weile so nebeneinander auf dem Sofa. Womöglich dachten sie auch, die Tür würde schon von alleine aufgehen. Das Frühstück selbstständig hereinmarschieren. Tat es aber nicht. Nach einer Weile stand Plotek schließlich doch auf, ging zur Tür und öffnete sie. Vor der Tür stand wie vermutet kein Steward, sondern ein Teller mit einer Servierhaube. Plotek holte das Set in die Kabine und stellte beides auf dem Schreibtisch ab. Er hob die Haube aber nicht an. Er hatte keine Lust, sich schon wieder übergeben zu müssen. Vinzi auch nicht.
    »Knobeln wir.«
    Beide ballten eine Hand zur Faust und schüttelten sie im gleichen Rhythmus. Dabei murmelten sie wie Kinder im Vorschulalter »Schnick, schnack, schnuck« vor sich hin. Bis sie

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