Aibon-Teufel
zurück und wunderte mich darüber, dass ich von Maxine nichts sah, als ich um die Hausecke kam. Dafür stand die Eingangstür offen.
Ich hörte auch Maxine’s Stimme.
»Mr. Holbrook! Mr. Holbrook...?«
Sie erhielt keine Antwort, und ich zog den Kopf ein, als ich das Haus durch die niedrige Eingangstür betrat. Ich fand mich in einem schmalen Flur wieder. Es roch irgendwie nach alten Menschen. Erklären konnte ich den Geruch nicht. Er setzte sich aus vielen Nuancen zusammen. Es mochte an der Kleidung liegen, die schon lange getragen worden war und auch an den Körperausdünstungen, die von den Tapeten und Gardinen aufgenommen worden waren.
Ich hörte auf den schmalen Stufen der Treppe das Geräusch von Tritten. Dann erschien Maxine Wells in meinem Blickfeld. Sie hob die Schultern.
»Er ist nicht da. Ich habe wirklich überall nachgesehen, auch im Sterbezimmer der Frau.«
»Woher weißt du, dass es das Sterbezimmer gewesen ist?«
»Es standen einige Kerzen neben dem Bett. Bestimmt hat man Totenwache gehalten.«
Das war durchaus möglich, aber weiter brachte uns das auch nicht.
Ich verließ das Haus wieder. Maxine folgte mir und überholte mich. Vor mir blieb sie stehen, die Hände in die Hüften gestützt. »Was machen wir jetzt?«
»Holbrook finden.«
»Toll«, erwiderte sie lachend. »Und du hast dabei kein ungutes Gefühl ?«
Ich deutete ein Kopfschütteln an. »Warum sollte ich das haben?«
»Weil ihm etwas passiert sein könnte. Zum Beispiel.«
»Nein, daran denke ich nicht. Ich gehe eher davon aus, dass er irgendwie Bescheid weiß.«
»Über das Monster meinst du?«
»Ja, und nicht nur er. Ich könnte mir vorstellen, dass auch die anderen Bewohner Bescheid wissen.«
»Dann sollten wir sie fragen.«
»Nicht jetzt, später. Wir wissen noch zu wenig von diesem Ort und seiner Umgebung.«
»Denkst du an den Wald?«
»Auch.«
»Den wollte ich mir sowieso ansehen. Das könnte unser nächstes Ziel sein. Es liegt nicht weit weg und...« Sie stoppte ihren Redefluss, denn sie hatte an meinem Gesicht abgelesen, dass ich mich mit den Gedanken ganz woanders befand.
»He, was hast du? Wo bist du gedanklich?«
»Auf dem Friedhof.«
»Heißt das, du willst dorthin?«
»Ganz genau. Diese Ladentante hat davon gesprochen, dass Liane Holbrook begraben worden ist. Und ich denke, dass alle hier im Ort dieser Meinung sind. Wenigstens nach außen hin. Wir wissen es aber besser. Deshalb würde es mich interessieren, wer in diesem Grab liegt und ob es überhaupt belegt ist.«
Die Tierärztin kaute an ihrer Unterlippe. »Ja, das hört sich plausibel an«, gab sie zu. »Aber weißt du, wo wir den Friedhof finden?«
»Gesehen habe ich ihn nicht. Wir fragen.«
»Oder er liegt an d er anderen Dorfseite in Richtung Westen.«
»Kann auch sein.«
Holbrook zeigte sich nicht, und so nahmen wir Kurs auf den Wagen.
Wir hatten Glück, dass die Geschäftsfrau vor ihrem Laden beschäftigt war und die leeren Kisten hineintrug. Ich ging noch mal auf sie zu und fragte nach dem Friedhof.
Sie stellte eine Kiste ab, schaute dann zum Himmel, der sich wieder bezogen hatte, und deutete schließlich nach vorn, dem Ende der kleinen Ortschaft entgegen.
»Fahren Sie da hinaus. Auf der linken Seite sehen Sie dann die Gräber schon. Sie liegen an einem Hang.«
Ich stutzte für einen Moment und fragte dann: »Es ist also nicht der Friedhof?«
Ihr Lachen schallte in mein Gesicht. »Nein, das kann man nicht als Friedhof bezeichnen. Jeder hier redet von einem Totenacker. Das ist alles. Kein Friedhof.«
»Danke. Aber Liane Holbrook liegt dort?«
Sie schaute mich mit einem leicht verhangenen Blick an. »Ich war zumindest auf der Beerdigung.«
»Und wie hat ihr Mann den Tod aufgenommen?«
Sie hob die Schultern. »Gefasst, würde ich sagen. Wie wir alle hier. Liane war schon lange krank. Wir wussten, dass sie bald sterben würde. Deshalb hat ihr Tod keinen von uns überrascht.«
»Wir haben uns nur gewundert, dass ihr Mann nicht zu Hause war.«
»Keine Ahnung. Aber was wollen Sie denn überhaupt von den Holbrooks? Lassen Sie den armen Kerl doch in Ruhe.«
Gewisse Ausreden hatte ich immer parat. So war es auch jetzt.
»Ja, Sie haben Recht. Das würden wir ja gern, aber unsere Firma hat uns Druck gemacht. Es geht da um eine Versicherung, die ausgezahlt werden soll, wenn jemand – naja, Sie wissen schon.«
»Ahhh«, staunte sie und ihre Augen weiteten sich. »So ist das also. Geht es denn um viel Geld ?«
»Nun ja, das kommt ganz
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