Aibon-Teufel
sie genau hatte, das kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Gestern wurde die beerdigt?«, fragte ich nach.
»Genau.«
»Hatte sie Verwandte?«
»Harold, ihren Ehemann.«
»Und der lebt?«
»Bis gestern schon.«
»Wohnt er auch hier?«
Sie nickte.
Es ärgerte mich, dass wir ihr jedes Wort aus der Nase ziehen mussten, aber so war sie nun mal.
»Können Sie uns den Weg zum Haus beschreiben ?«
»Kein Problem.« Sie hob die Schultern. Danach ging sie mit uns zum Fenster. Wir konnten über die dort ausgestellten Waren hinwegschauen, ohne uns anstrengen zu müssen. Schräg gegenüber war die Einmündung einer schmalen Straße zu sehen.
»Da müssen Sie rein. Harold Holbrook wohnt im letzten Haus auf der rechten Seite.«
»Danke.«
»Keine Ursache.«
Wir wollten ihr trotzdem einen Gefallen tun. So kaufte Maxine eine helle Strickmütze für Carlotta.
»Da haben Sie ein gutes Stück erworben. Ein tolles Material. Die Mütze hält ziemlich warm.«
»Das soll sie auch.«
Wir verabschiedeten uns und gingen. Bis zum Haus der Holbrooks brauchten wir nicht mit dem Wagen zu fahren. Die paar Meter konnten wir auch zu Fuß gehen.
Maxine sagte nur Carlotta Bescheid und übergab ihr die Mütze. »Die hält richtig warm, denke ich.«
»Danke, das ist super.«
Sie erfuhr, was auch wir wussten, und meinte, dass sie schon die Augen offen halten würde.
»Bis gleich dann.«
Ich wartete auf der anderen Straßenseite auf Maxine. Dabei hatte ich Zeit gehabt, mich ein wenig umzusehen, und mir war aufgefallen, dass dieser kleine Ort doch nicht so leer war, wie es zu Beginn den Anschein gehabt hatte.
Zwar sahen wir auf der Straße keine Menschen. Sie hielten sich in den Häusern auf. Wahrscheinlich waren wir bereits aufgefallen, denn hin und wieder erschien ein Gesicht am Fenster, das immer dann schnell wieder verschwand, wenn ich meinen Kopf in diese Richtung drehte.
Was wussten die Bewohner hier?
In kleinen, abgelegenen Orten wie diesem kannte ich mich recht gut aus. So mancher Fall hatte mich in solche einsamen Gegenden geführt. Da fiel mir sofort der Mondmann ein, bei dem mir Carlotta und Maxine ebenfalls zur Seite gestanden hatten. Doch dieser Fall hier lief anders, und ich konnte mir vorstellen, dass er auch gefährlicher war.
Ich schaute Maxine entgegen, die leicht lächelte. »Es geht voran«, sagte sie, »und jetzt bin ich gespannt, was uns dieser Holbrook über seine Frau zu sagen hat.«
»Bestimmt wird er uns anlügen.«
»Wieso?«
Wir bogen in den Weg ein und sahen wieder kein Pflaster unter unseren Füßen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er uns die Wahrheit sagen wird.«
»Dann gehst du davon aus, dass er über das Schicksal seiner Frau informiert ist?«
»Bestimmt.«
»Sollte das auf eine Opferung hinauslaufen? Oder auf ein Geschenk, das er...«
»Nein, nein, so weit will ich gar nicht denken, John. Aber ungewöhnlich ist dieser Fall schon. So etwas hätte ich mir früher in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.« Sie hob die Schultern. »Nachdem ich dich kennen gelernt habe, bin ich in ein zweites Leben eingetreten, denn die Dinge, die mir seit dieser Zeit widerfahren sind, die habe ich zuvor nicht erlebt.«
»Du siehst die Welt eben jetzt mit anderen Augen an.«
»Mag sein.«
Die Häuser hier standen auf eigenen Grundstücken und waren allesamt von einer schmutzigen Schneeschicht umgeben. Zäune aus Holzlatten oder Maschendraht umgaben die Gärten. Wäscheleinen hingen verlassen von einem Pfosten zum anderen, und nur der Rauch, der aus den Öffnungen der Kamine quoll, zeigte an, das hier Menschen wohnten. Und natürlich die Autos, die neben den Häusern oder auf den Grundstücken ihrer Besitzer parkten.
Das letzte Haus stand dort, wo ein Hang begann. Hier musste der Witwer wohnen, und wir waren gespannt, was er uns sagen würde. Eine Klingel gab es nicht. Dafür einen altmodischen Klopfer.
Ich schlug einige Male gegen das Holz der Eingangstür und wartete darauf, dass uns jemand öffnete.
Auch nach dem zweiten und dritten Klopfen geschah nichts.
»Nicht da?«
»Moment, Maxine«, sagte ich. »Lass mich mal eine Runde um das Haus drehen. Dann sehen wir weiter.«
Ich schritt über Schneehaufen und ging durch Pfützen, die von einer dünnen Eisschicht bedeckt waren, sodass sie unter meinem Gewicht zerknackten. Ich schaute durch mehrere Fenster in das Haus hinein, konnte jedoch keinen Menschen entdecken. Außerdem brannte nirgendwo Licht.
Ich ging den gleichen Weg wieder
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