Aibon-Teufel
erzähle.«
»Weil wir Sie gefragt haben.«
»Ja, stimmt.« Er wälzte sich zur Seite, um sich in die Höhe zu stemmen. »Und jetzt verschwinden Sie!«
»Noch nicht«, erklärte ich.
Holbrook war so überrascht, dass er vergaß, aufzustehen, und hocken blieb. »Was soll das denn bedeuten?«
Maxine, die bisher geschwiegen hatte, wollte auch etwas sagen. »Das werden wir Ihnen erklären, Mr. Holbrook. Wir glauben Ihren Beteuerungen nämlich nicht.«
Der Mann drehte den Kopf mal nach rechts, dann nach links. »Was glauben Sie nicht?«
Die Tierärztin deutete auf das Grab. »Dass in dem Sarg dort Ihre tote Frau liegt.«
Harold Holbrook sagte zunächst kein Wort. Er war überrascht. Er musste nachdenken. Wir hatten ihn ziemlich überrascht, das erkannten wir auch an seiner Gesichtsfarbe. Zuerst wurde er bleich. Dann stieg ihm das Blut ins Gesicht, dessen Haut eine rötliche Färbung annahm, und er fragte: »Sie meinen also, dass ich ein fremdes Grab zuschaufle? Dass im Sarg jemand liegt, mit dem ich nichts zu tun habe?«
»So ähnlich.«
»Das ist Unsinn«, keuchte er, »das stimmt nicht! Ich habe das Grab meiner Frau zugeschaufelt. Verdammt noch mal, ich...«
»Wir werden es bald wissen«, sagte Maxine.
Holbrook schwieg. Aber er hatte begriffen, was mit der letzten Bemerkung gemeint war. Plötzlich konnte er wieder aufstehen, auch wenn es nicht so schnell klappte. Er öffnete den Mund und fing an zu schreien.
»Haut ab! Haut ab! Haut endlich ab!« Dann bückte er sich, als suchte er die Schaufel, fand aber nur den Lehm und griff mit beiden Händen in den Haufen hinein. In seiner Wut und Verzweiflung schleuderte er uns das Zeug entgegen und zwang uns so in Deckung.
Wir ließen ihn toben. Es dauerte nicht lange. Getroffen hatte er uns so gut wie nicht. Nur ein paar kleinere Brocken hatten wir abbekommen.
Als er seine Beherrschung wiedererlangt hatte, sagte ich: »Sie werden den Sarg noch mal öffnen. Das macht nicht viel Arbeit. Sie brauchen nur das bisschen Erde vom Sargdeckel zu entfernen.«
Holbrook überlegte. Seine Nervosität hatte er noch immer nicht abgelegt. Mit den Handflächen rieb er über seine Hosenbeine hinweg. »Wie kommen Sie überhaupt dazu, so was zu fordern? Wer sind Sie eigentlich, verdammt?«
»Polizei«, sagte ich.
»Was?«
»Ja, Polizei. Scotland Yard, um es genauer zu sagen. Wir interessieren uns nun mal dafür, warum man Tote in eine Astgabel legt und sie nicht im Sarg lässt.«
Damit hatte ich genau die richtigen Worte gesprochen. Holbrook hätte schon ein perfekter Schauspieler sein müssen, um uns weiterhin den Ahnungslosen vorzuspielen. Er war es nicht. Seine Wut verrauchte, und er schien innerlich zusammenzusacken. Diesmal setzte er sich freiwillig auf den flachen Erdhaufen, und wir sahen, wie er langsam nickte.
»Das ist wohl die Spur«, flüsterte Maxine mir zu. »Wir haben den richtigen Mann.«
»Das denke ich auch.«
Holbrook kämpfte mit sich. Er strich über seine Wangen und schloss die Augen. Danach schaute er ins Grab und fragte, ohne uns dabei anzuschauen: »Ist sie gefunden worden?«
»Ja«, erklärte Maxine.
»Und dann?«
»Wir haben sie wegbringen lassen.«
Der Mann nickte vor sich hin. »Wie sah sie aus?«
Die Frage überraschte Maxine. So musste sie sich Zeit mit der Antwort lassen. »Nun ja, wie eine tote Frau so aussieht, die erst seit kurzem tot ist.«
»Das meine ich nicht.«
»Was dann?«
Die nächsten Worte fielen ihm schwer. »Sie – sie – war also noch nicht verändert?«
»Nein, das war sie nicht.«
»Und wo ist sie jetzt? Kann ich sie sehen?«
»Das wird etwas schwierig sein, Mr. Holbrook. Wir haben sie in die Obhut der Kollegen in Dundee gegeben. Dort ist sie erst einmal sicher. Aber sie ist nicht das Problem, sondern Sie, Mr. Holbrook. Was haben Sie mit Ihrer Frau gemacht?«
»Sie wurde ja begraben«, gab er mit leiser Stimme zu. »Ja, sie hat eine Beerdigung bekommen.«
»Und dann?«
»Habe ich sie wieder aus dem Sarg hervorgeholt, als alle Trauergäste weg waren. Ich habe das getan, was ich tun musste.« Er wandte den Kopf und schaute Maxine an.
Wahrscheinlich wollte er nicht aussprechen, was er getan hatte. Das übernahm Maxine für ihn. »Sie haben die Leiche Ihrer Frau also in den Wald geschafft und in den Baum gelegt.«
»So war es.«
»Und warum haben Sie das getan?«
Die Antwort ließ auf sich warten. Holbrook schaute ins Leere und flüsterte: »Ich musste es einfach tun. Ich hatte gar keine andere Wahl. Ich war
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