Aibon-Teufel
schüttelte den Kopf. »Nein, nicht oft. Ich denke auch nicht an sie, wenn du das meinst. Ich träume nur manchmal von ihr. Wenn ich dann aufwache und mich in meinem eigenen Zimmer befinde, dann bin ich dem Schicksal so dankbar.«
»Das kann ich mir denken.«
Maxine Wells hatte es geschafft, dass die alte Frau ihr vertraute. Sie ließ sich von der Tierärztin aufhelfen, und wir sahen, dass sie nicht nur sehr alt war, sondern auch klein. Ein richtiges Mütterchen mit roten, verweinten Augen in einem faltigen Gesicht, in dem es zuckte.
Maxine hielt sie an der Hand und erklärte uns, dass sie Edna Randall hieß.
»Lebt sie auch hier?«, fragte ich.
»Ja und fast allein.«
»Wieso fast?«
»Ihr Mann ist tot. Aber ein Sohn wohnt bei ihr, der nicht verheiratet ist. Nur ist er selten zu Hause. Erfährt zur See und besucht seine Mutter nur im monatlichen Rhythmus.«
»Dann kennt sie sich hier aus.«
»Und ob, John!« Maxine lachte und schüttelte dann den Kopf. »Es ist eigentlich nicht zu begreifen, doch wie ich hörte, zeigte sie sogar Verständnis für die drei Männer.«
»Das bedeutet, dass sie voll und ganz in dieses Dorfleben integriert ist.«
»Davon gehe ich aus.«
Carlotta fragte: »Wo sollen wir Mrs. Randall denn hinbringen? Zu sich nach Hause?«
»Da werden die Männer warten.« Ich runzelte die Stirn. »Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.«
»Sie kann nicht hier im Ort bleiben«, erklärte Maxine. »Egal, wo sie sich aufhält, man würde immer wieder versuchen, sie zu töten. Wir dürfen den Einfluss des Aibon-Teufels nicht unterschätzen. Und ich gehe davon aus, dass er in dieser Nacht erscheinen wird, um sich das Ersatzopfer zu holen. Da müssen wir eben schneller sein.«
»Okay.« Ich hatte eine Entscheidung getroffen. »Die Sache ist im Prinzip gar nicht mal so schwer. Wir sind mit dem Auto da, und du, Maxine, kannst Mrs. Randall in Sicherheit bringen.«
»Wohin denn?«
»Entweder bei dir zu Hause, oder übergib sie der Polizei. Den Kollegen kennst du ja.«
»Und ich soll dich hier allein lassen?«
»Genau.«
Maxine wollte etwas sagen, doch Carlotta kam ihr zuvor. »Ich könnte ja mit ihr wegfliegen«, flüsterte sie.
»Könntest du, aber dann wäre dein Geheimnis gelüftet. Du kannst mit Max fahren und mir das Feld hier überlassen.«
Carlotta war damit nicht einverstanden. »Sag was, Max. Hast du gehört, was er will?«
»Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Ich halte es für keine so gute Idee, John. Du hast doch alle Menschen gegen dich.«
»Stell dir mal vor, das bin ich gewohnt. Ich stehe leider sehr oft als Einzelkämpfer da, es wird mich schon nicht umbringen, denke ich.« Mein Lächeln sollte optimistisch aussehen, aber wohl fühlte ich mich nicht in meiner Flaut.
»Gut, John, ich werde mir etwas einfallen lassen auf dem Weg zum Wagen.«
»Tu das.«
Edna Randall hatte sich wieder so weit erholt, dass ich es wagte, ihr eine Frage zu stellen.
»Da Sie sich hier auskennen, möchte ich gern von Ihnen wissen, ob sich dieser Aibon-Teufel in der kommenden Nacht wieder zeigen wird.«
Es war eine klare Frage, auf die ich eine klare Antwort erwarten konnte, aber Edna Randall zögerte. Schließlich sagte sie: »Es ist alles so schrecklich.«
»Das stimmt schon, aber wir müssen etwas dagegen tun. Wollen Sie denn weiterhin unter dem Terror leiden?«
»Nein, aber es gibt keine andere Möglichkeit, das müssen Sie mir glauben. Wir sind verflucht, wir alle hier. Wenn Sie zum Friedhof gehen, dann sehen sie die Kreuze und Grabsteine, aber es liegt kein Toter in der Erde. Alle Verstorbenen wurden Opfer des Aibon-Teufels. Wir Menschen sind nicht stark genug.«
»Das sehe ich anders, Mrs. Randall. Aber warum existiert er gerade hier in Kinnaird?«
Die alte Frau senkte den Blick und schüttelte zugleich den Kopf.
»Es ist kein gutes Land«, erklärte sie mit leiser Stimme. »Es ist uralt, und es ist verflucht. Hier haben Menschen gelebt, die eigentlich keine gewesen sind. Monster und Druiden, Dämonen und Mörder. So jedenfalls steht es geschrieben. Wir haben ja nie etwas von Aibon gewusst, bis mal ein Mann kam und die Menschen aufklärte.«
»Kennen Sie den Mann?«
»Nein, das liegt schon lange zurück. Angeblich soll er ein Druide gewesen sein, der von hier geflohen ist. Er hatte auch die Menschen davor gewarnt, hier zu siedeln, aber sie haben nicht auf ihn gehört. Und wir alle müssen die Folgen tragen.«
Viel hatte ich nicht gehört, aber ich war in der Lage, mir den
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