Aibon-Teufel
Rest zusammenzureimen. Neu war es für mich nicht. Es gibt immer wieder Orte, wo Aibon und die normale Welt Zusammentreffen und wo dann ein Riss entsteht, durch den die unheimlichen Mächte des Druiden-Paradieses ins Freie gelangen.
Da das Paradies zwei Seiten hatte, kam es immer wieder vor, dass die negative sich breit machte, und hier hatte über Jahre hinweg ein besonderes Monstrum einen Platz finden können. Möglicherweise war es so etwas wie ein Aibon-Ghoul.
Im Schuppen hielt uns nichts mehr. Wir erklärten Edna Randall noch, dass sie jetzt unter unserem Schutz stand und sich nicht mehr zu fürchten brauchte.
»Was soll das?« Sie winkte ab. »Ich bin so alt geworden. Den Tod fürchte ich nicht mehr.«
»Das mag sein, Mrs. Randall, aber man braucht ihn ja nicht unbedingt herbeizureden.«
»Niemand kann ihn aufhalten.«
»Stimmt auch. Jeder von uns muss sterben. Es kommt nur darauf an, wie und wann.«
»Sie sind noch jung, Mister.«
»Ich heiße John Sinclair.«
»Trotzdem bleibe ich dabei.«
»Nun ja, ich bin jünger als Sie.«
»Eben, das wollte ich sagen.« Sie hakte sich bei mir ein. »Wenn Sie mal so alt sind wie ich, dann sehen Sie die Dinge in der Welt mit ganz anderen Augen.«
»Das mag sein. Vorher möchte ich allerdings noch einige Zeichen setzen. Dazu zähle ich auch die Vernichtung des Aibon-Teufels.«
Edna Randall gab mir keine Antwort mehr. Aber sie bekreuzigte sich und sprach dabei ein leises Gebet...
***
Eigentlich hatten wir daran gedacht, ein Spießrutenlaufen zu erleben. Das traf jedoch nicht ein, denn als wir den Weg nach Kinnaird hineingingen, begegnete uns kein Mensch. Die Bewohner schienen das Dorf verlassen zu haben oder hielten sich wirklich in ihren Häusern versteckt.
Kein Auto fuhr und durchbrach die Stille, die sich über den Ort gesenkt hatte. Der Nachmittag neigte sich dem Ende entgegen. Die Sonne, die tagsüber hin und wieder geschienen hatte, war nicht mehr zu sehen, und so hatte die kalte Luft freie Bahn, sich auszubreiten.
Das Bild, das wir vom Hang aus hatten wahrnehmen können, blieb auch jetzt. Ein verlassen wirkender Ort.
»Ist das hier immer so?«, fragte ich Edna.
»Nein. Nur wenn die Menschen wissen, dass der Teufel kommt.«
Ich wollte nicht weiter diskutieren und nicht fragen, warum sich bisher noch niemand gefunden hatte, der sich gegen den Aibon-Teufel stellte, aber Mrs. Randall kam von sich aus auf die Idee.
»Einmal hat es jemand versucht«, erklärte sie leise. »Da ist ein Priester bei uns erschienen.«
»Was tat er?«
»Nichts. Er floh und war froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Wir haben uns hier arrangiert. Wenn der Aibon-Teufel die Leichen haben soll, bitte schön. Eine Beerdigung haben wir immer durchgeführt. Was danach geschah, wurde dann den Angehörigen überlassen.«
»Dann haben sie die Leiche wieder aus dem Sarg geholt und in den Wald gebracht, oder?«
»Ja. Aber wenn der Aibon-Teufel dort nichts fand, dann tauchte er in unserem Ort auf. Er bekam immer, was er wollte, und ich glaube auch nicht daran, dass ich schon gerettet bin.«
»So sollte man nicht denken, Mrs. Randall«, mischte sich Maxine Wells ein.
»Nein, Sie in Ihrem Alter nicht. Aber Sie leben auch nicht hier. Das ist wie im Mittelalter.«
»Sie sagen es.«
Inzwischen hatten wir die Hauptstraße erreicht. Zwar ging Mrs. Randall zwischen uns, aber dass Carlotta Flügel auf ihrem Rücken trug, das war ihr noch nicht aufgefallen.
Der Himmel über uns zog sich immer mehr zu. Nur vereinzelt brannten Lichter, doch die meisten Häuser blieben im Grau der einsetzenden Dämmerung.
Unser Wagen stand noch immer an der gleichen Stelle. Ein moderner Fremdkörper in diesem Ort, denn ein anderes Auto parkte nicht in sichtbarer Nähe.
Wir gingen auf ihn zu. Mit einem Druck auf den Schlüssel öffnete Maxine die Türen und sagte dann: »Ich werde nicht bis nach Dundee fahren. Ich will so schnell wie möglich zurück sein.«
»Und wo lässt du Mrs. Randall?«
»Ich werde sie unterwegs bei Bekannten absetzen, denen ich mal früher als Tierärztin geholfen habe.«
»Wenn das okay ist, dann...«
»Verdammt!«
Maxine hatte nur dieses eine Wort gesprochen, aber das reichte aus, Carlotta und mich darauf aufmerksam werden zu lassen, was mit unserem Wagen passiert war. Er stand da noch, aber er hatte sich trotzdem verändert. Er war tiefer gesunken.
Maxine lief mit schnellen Schritten auf das Fahrzeug zu.
Sie umging es mit dem Blick nach unten, und als sie wieder bei uns
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