Aibon-Teufel
Bewegungen.
Am Himmel war der Mond zu sehen. Fast voll stand er zwischen zwei Wolken wie ein blasses Auge. Aber auch sein Licht reichte nicht aus, um die Erde voll auszuleuchten.
Kein Aibon-Teufel zeigte sich. Es war auch niemand zu sehen, der durch den Ort ging, um etwas vorzubereiten. Soweit sie erkennen konnte, hielt sich niemand in der Nähe des Hauses auf.
In Kinnaird schien man wirklich nur auf den Aibon-Teufel zu warten.
Ihr kam die Idee, wieder zu Holbrooks Haus zu fliegen. Der Witwer spielte eine nicht unwesentliche Rolle. Sein Opfer war dem Aibon-Teufel schließlich geraubt worden.
Plötzlich stutzte sie. Drei Männer waren ihr aufgefallen. Sie bewegten sich auf das Haus zu, in dem Holbrook wohnte.
Carlotta flog etwas zur Seite, um die Gestalten besser erkennen zu können.
Sie hatten das Haus bereits erreicht und sprachen mit Holbrook.
Carlotta verhielt sich still. Sie hatte sich auf einem Hausdach einen Beobachtungsposten gesucht. Jetzt wollte sie nur noch lauschen und hoffte, dass die Männer laut genug sprachen.
»Du kennst sie, Harold«, sagte der mit der Schrotflinte. »Sie waren bei dir im Haus.«
»Na und?«
»Was haben sie gesagt?«
»Der Blonde ist ein Bulle.«
Alle kicherten. »Na und? Was kann ein Bulle schon gegen den Aibon-Teufel ausrichten?«
»Ich habe keine Ahnung. Jedenfalls leben die drei Fremden noch.«
»Drei?«
»Ja, drei.«
»Wieso?«
»Weil ich drei gesehen habe. Da war die Frau, der Mann und das Mädchen.«
»Scheiße, ja, die Kleine, die in der Scheune erschien und dann wie vom Erdboden verschluckt verschwand.«
Der Kleinste zog wieder sein Messer. Von ihrem Standort aus sah Carlotta sogar das Funkeln der Klinge.
»Hör zu, Harold. Wenn der Aibon-Teufel keine Leiche bekommt, wird er dafür sorgen, dass es bald eine gibt. Und du...«
»Halt dein Maul. Was habe ich damit zu tun? Gar nichts. Ich habe ihm meine Frau gebracht. So geht es schon seit Jahren. Er war immer zufrieden. Dass es mal Probleme gibt, ist doch klar. Es kann nicht immer alles glatt laufen.«
»Er wird es nicht akzeptieren.«
»Und was wollt ihr von mir?«
»Unterstützung.«
»Wie?«
»Du sollst bei uns mitmachen. Und in dieser Nacht«, sagte der Mann mit dem Messer, »wird alles noch ganz anders werden. Wir werden dem Aibon-Teufel nicht nur eine Leiche präsentieren, sondern gleich drei. Der Mann, die Frau und das Mädchen. Vielleicht auch noch die alte Edna. Dann werden wir für lange Zeit Ruhe haben.«
»Ha!« Holbrook lachte. »Wer sagt das?«
»Wir.«
»Und ihr wisst genau, wie die Dinge laufen, wie?«
»Ja, denn du machst mit.« Der Schrotflintenmann hatte diesmal gesprochen. »Du bist uns nämlich noch etwas schuldig. Durch dich ist indirekt alles ans Tageslicht gekommen. Du hast uns alle hier ganz schön in die Scheiße geritten. Wir haben immer warten können, bis jemand gestorben ist, aber jetzt müssen wir uns selbst um den Nachschub kümmern.«
»Dann tut es doch.«
»Aber nicht ohne dich. Du bist uns was schuldig. Uns und den Bewohnern von Kinnaird.«
»Nein. Ich halte mich da raus und...«
Ein seltsames Geräusch erklang. Carlotta hatte es gehört und zuckte leicht zusammen. Dann schaute sie wieder hin. Sie sah Holbrook nach hinten taumeln, und sie sah auch den kleinen Mann, der seinen rechten Arm und seine rechte Hand rückwärts bewegte, um das Messer aus dem Hals des Mannes zu ziehen.
»Bist du irre, Flock?«
»Nein, aber er wollte...«
»Es gibt andere, nicht ihn. Er gehört zu uns, verdammt. Dir ist deine Zeit im Knast nicht bekommen.«
»Hör auf, davon zu reden. Sonst gibt es wirklich Ärger. Wir haben jetzt einen für den Aibon-Teufel, und die anderen vier holen wir uns auch noch. Sie werden auf Nimmerwiedersehen verschwinden, das sollte dir doch klar sein.«
»Noch sind wir nicht fertig.«
Flock kicherte. »Aber nahe dran.«
»Und was machen wir mit Harold?«, fragte der Mann mit der flachen Mütze.
Flock schaute auf die tote Gestalt, die am Boden lag. »Den lassen wir erst mal im Graben liegen. Der Aibon-Teufel wird ihn riechen und mitnehmen.«
»Gut. Aber von uns hat ihn keiner getötet.«
»Schon gut.« Flock winkte herrisch. »Schaff ihn schon zur Seite. Außerdem habe ich ihn nie gemocht.«
»Wer mag dich denn, Flock?«
»He.« Der Mann hob das Messer. »Red nur nicht zu viel Scheiße. Du kannst schneller tot sein, als du denkst. Ich bin mit meinem Messer besser als du mit deiner Flinte.«
»Schon gut.«
Carlotta hatte alles gesehen und
Weitere Kostenlose Bücher