Akanis: Die Wiedergeburt des dunklen Herrschers (German Edition)
zu erkennen, doch der Kadaver war fort! Liam ging mit schnellem Schritt zu der Lache hin und musterte den Boden. Es waren rote Schleifspuren am Boden zu sehen, die sich von der blutigen Stelle weg zwischen die Bäume schlängelten. Leicht nervös, jedoch von der Neugier gepackt, folgte er der Spur, bis noch dichter aufkommende Büsche und Bäume vor Liam wuchsen. Hinter einer großen Rotbuche hielt sich Liam versteckt und spähte an der Seite des Baumes vorbei, als er ein fernes Geräusch vernahm. Er sah, wie die Spuren zu zwei ferne, schemenhafte Gestalten verliefen, die sich mit einer dritten kleinen und flachen Gestalt fort bewegten. Liam duckte sich und lief mit schnellem Schritt zwei Dutzend Fuß zu der nächsten großen Buche vor, um einen klareren Blick zu erhaschen. Er sah, wie die eine Gestalt die flache, am Boden liegende Gestalt hinter sich her schleifte und dies mit nur einer Hand. Die Hand war riesig und umfasste den ganzen Oberschenkel des Tieres, wie Liam nun ausmachen konnte. Die zweite Gestalt ging neben der ersten und trug etwas in der Hand; es war der blutige und abgetrennte Kopf des Rehs. Beide trugen einen schwarzen Habit mit hochgezogener Kapuze die den ganzen Kopf verdeckten. Die Gestalten schienen gut um die fünf, sechs oder vielleicht sogar sieben Fuß groß zu sein. Liam konnte das zunächst nicht glauben und dachte, er habe sich verschätzt. Jedoch bei genauerem Hinsehen und dem Vergleich der Höhenlage von Markierungen auf den Buchen - es waren einfache Striche für Pfade und Abkürzungen, die Liam einst in seinen jungen Jahren mit Kohle und Ruß gezeichnet hatte, kaum sichtbar und nur für ihn erkennbar - schätzte er, dass es sich zumindest um sehr große Personen handelte.
Von einem Moment auf den anderen fing auf einem Ast über Liams Kopf eine Krähe lauthals zu Krächzen an. Als er erschrocken nach oben sah, fiel ihm im selben Moment ein, dass er seinen Kopf lieber vorher hinter dem Baumstamm verstecken hätte sollen, denn die beiden Kuttenträger hatten sich bereits wegen des Krächzens umgedreht und starrten nun in seine Richtung. Blitzartig verschwand er mit einer seitlichen Drehung nach rechts und hinter dem Baum, mit dem Rücken zum Stamm gewandt. Noch immer geduckt zog Liam den Dolch unter seinem Mantel hervor und verharrte ruhig. Nur seinen eigenen Herzschlag konnte er jetzt hören und das ferne krächzen von Vögel. Einen Augenblick später krächzte die Krähe wieder, dann flog sie davon. Liam, so sehr er es versucht hatte, konnte kaum ein Geräusch hören, welches für ihn von Bedeutung gewesen wäre. Er richtete sich langsam auf und erhaschte einen schnellen, kurzen Blick, indem er seinen Kopf über die Schulter drehte und an dem Baum vorbei spähte, jedoch sah er dabei nichts, was diesen ominösen Kuttenträgern gleich kam. Erneut spähte er über seine Schulter und drehte dabei seinen Körper langsam mit. Die Spuren waren zu sehen, die Gestalten und der Kadaver jedoch nicht. Liam erschrak abermals, diesmal durch das brechende Geräusch eines Astes, der am Boden hinter ihm lag. Er zückte seinen Dolch erneut und hielt ihn einer kleinen Figur unter die Nase. Es war Valdon.
„ Oh! Vorsichtig! So viel Schlechtes vermag ich doch auch wieder nicht hinter eurem Rücken gesprochen zu haben“, witzelte er. Liam atmete erleichtert aus und schmunzelte anschließend.
„ Ich wollte doch nur euren Oberlippenbart stutzen“, antwortete Liam.
„ Pah. Nichts da! Eher lass ich meinen Körper eurem fliegenden Schoßhund zum Fraße vorwerfen.“
„ Irix würde euch glatt wieder ausspucken“, gab Liam zurück und lachte dabei neckend. Valdon gab dem keine Wiederworte und musste dann bei der Vorstellung herzhaft lachen, bis sie wiederum abrupt unterbrochen wurden. Die tückische Krähe krächzte abermals, diesmal jedoch aus den Lüften, knapp über den Köpfen der beiden gleitend, die nun vor Schreck zusammenzuckten und sich duckten, ehe der Vogel in den Abendhimmel verschwand.
„ Diese Krähe hätte mich fast verraten, als ich zwei vermummte Gestalten erblickte und ihnen im Schatten der Bäume auf der Lauer war. Sie trugen den blutigen Kadaver hinfort. Ist dies nicht äußerst verwunderlich?“
„ Sie trugen den Kadaver mit sich?“ fragte Valdon überrascht.
„ Ja, allerdings.“
„ Vielleicht waren es hungernde Wilde, die nun auch nicht mehr vor Aas zurück schreckten.“
„ Es ist mir ein Rätsel. Das Verwunderlichste ist aber, dass sie äußerst groß waren und eine
Weitere Kostenlose Bücher