Akanis: Die Wiedergeburt des dunklen Herrschers (German Edition)
sein Bett erkannt hatte und davor schwankte, bemühte er sich noch, seinen Mantel auszuziehen, was sich für ihn als schwieriges Unterfangen erwies, denn die Dunkelheit und der Met machten ihn zu einem gleichgewichtlosen Tölpel. Mehr als den Mantel abzulegen vermochte er nicht mehr zu schaffen, als er in seiner Trunkenheit hin und her baumelte und über das Kleidungsstück stampfte, welches nun am Boden lag. Schließlich ließ sich Liam ins Bett fallen, das für ihn wie ein Schiff auf tobender See war. Im Bett quer liegend kam es ihm so vor, als ob die Räume seines Zimmers immer schneller rotieren würden, obwohl er die Augen geschlossen hielt und er sie nicht sah. So sehr Liam es auch versuchte, er konnte die Augen nicht mehr öffnen und so fiel er, sich drehend, in einen dunklen Abgrund der Träume.
Am nächsten Morgen riss es Liam aus dem Bett, denn die mächtigen Rufhörner der Stadt Taran gaben laute hallende Echos im Gebirge wieder. Dass um die Gebirge herum noch nie eine Lawine ausbrach, war für die meisten ein Rätsel, doch dankte das Volk den Berggöttern für das Glück, welches sie hatten, und sie ließen jeden Monat ein Teil ihrer Habe in den vereisten Hängen der Berge liegen, um ihrer so zu huldigen. In den meisten Fällen wurde Schmuck unter den Schneedecken vergraben und anschließend ein paar Gebete gesprochen.
Er wusste, dass die Warnrufe nichts Gutes verhießen, denn wenn sie ertönten, bedeutete dies, dass die Stadt in Gefahr war. Da Liam ein Krieger der Allianz war galt es als seine Pflicht, Taran zu verteidigen, wenn Gefahr im Verzug war. Die Allianz bestand aus einem Bund der Reiche Kandor, Zel, Eleran und Warda. Die Reiche hatten sich nach den großen Kriegen der alten, einst unsterblichen Könige vereint und bildeten nun unter einem neuen Banner eine mächtige Streitkraft, die für die Länder des Bundes kämpfte. Natürlich hatten auch die Reiche selbst Streitkräfte, die unter dem Banner ihres Königs oder unter dem der Fürsten standen, die die Länder regierten, doch waren sie oft der Streitkraft der Allianz unterlegen.
Liam war der einzige Bewohner seiner kleinen Siedlung, der ein Verteidiger dieses Bundes war, was daran lag, dass er der einzige war, der schnell genug in Taran eintreffen konnte, um die Stadt zu verteidigen. Er hatte die Aufgabe, Isoknil zu beschützen, vor ein paar Jahren von dem Kommandanten der Allianzstreitkraft aus Kandor erhalten. Nachdem Liam mit seinem sechzehnten Lebensjahr der Allianz beigetreten war, wuchs sein Ansehen stetig, da er der Sohn eines angesehenen Kriegers war, bis er schließlich sein Dorf zu verteidigen als Aufgabe übertragen bekam. Außerdem hatte einst sein Vater die Siedlung beschützt und Liam strebte seit dessen Tode, in seine Fußstapfen zu treten.
Er stand nach dem hallenden Signalruf von einem Moment auf den anderen auf beiden Beinen. Er musste jedoch rasch feststellen, dass diese ihm wegen der letzten Nacht nicht gehorchten und nach hastigem Schwanken ließ er sich kurzer Hand wieder ins Bett fallen. Ein zweites Mal stand er auf, doch dieses Mal versuchte er sein Gleichgewicht zu halten. Dann fasste er sich mit beiden Händen an die Schläfen und atmete tief ein, den Schmerz im Kopf zu unterdrücken versuchend. Er nahm seinen verdreckten Mantel auf, warf ihn mit beiden Händen über die Schultern und schlüpfte hastig in die Ärmel, dann lief er hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
Hinter seiner Hütte verlief ein felsiger Abhang ins Tal und in die Stadt Taran hinunter, der jedoch so steil war, dass niemand beim absteigen unversehrt unten ankommen würde. Liam lief zum Abhang und blickte in die Ferne. Die Sonne, die wie ein großer weißer Schneeball hinter den Wolken wirkte, schien auf Liams suchendes Gesicht. Aus den dichtesten Wolken stieg eine geflügelte Gestalt mit Grazie und Anmut empor und flog auf den wartenden Krieger hinzu. Sie war größer als jeder Vogel und je näher sie kam, desto mehr wurde einem klar, dass es keine gefiederte Gestalt war, die aus dem Himmel hinab stieg. Tiefe Freude überkam Liam, als die Kreatur als eine Art Gruß einen brüllenden Schrei von sich gab. Die anmutige Kreatur war der Drache Irix.
Liams Vater fand vor vielen Jahren ein Ei in einem zurückgelassenen Nest in den hohen Bergen von Keltor, als er dort einen wichtigen Auftrag des Königs zu erledigen hatte. Der Wind war kalt und die Tage trostlos, doch dann fand er einen ovalen, weißen Stein und er war so schön wie das
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