Akasha 03 - Das Exil der Messianer
Unverschämtheit und Anmaßung, mit welcher der Magister ihn zum Laufburschen erniedrigte, fraß an fran Brigges Stolz wie Säure an einem Allerheiligsten. Doch vorerst hatte er keine Alternative, als sich DeTschenris Willen zu beugen. Und wenn die Ciristin die Messianer fand, konnte sich eine Chance ergeben, diesen Erfolg für seine Absichten zu nutzen, DeTschenri um die Früchte seiner Intrigen zu bringen.
So blieb ihm auch in diesem Moment keine Wahl – trotz seiner Unwilligkeit und ohne Rücksicht auf den Schmerz, den ihm Djamenah Sharas Tritt verursacht hatte –, als ihm, sobald er den Fuß auf die Schwelle des Rezeptionsgebäudes setzte, ein Glutschwall entgegenfegte, vergleichbar mit einer Stichflamme: um DeTschenris Vergeltung abzuwenden und aus Einsicht in die Notwendigkeit, daß die Loge das Exil der Messianer aufspüren mußte, gab es für ihn keine andere Möglichkeit als sofortiges Eingreifen, um die Ciristin zu retten.
Er hörte sie schreien, haschte unter seine Bluse und zog die Laserpistole aus dem Halfter, spähte in den Eingangsflur. Verschmortes Plastik rann von den Wänden, die Decke sackte langsam herab. Aber Djamenah Shara lebte, hatte sich anscheinend in letzter Sekunde rücklings an die Wand gedrückt; jetzt stand sie da, bespritzt mit zerlaufenem Plastik, preßte die Hände vors Gesicht und schrie.
Vielleicht ist sie erblindet, dachte fran Brigge, leistete sich hämisch einen Vorschuß auf etwaige Schadenfreude. In der Räumlichkeit jenseits des Eingangs glomm das Wahrnehmungsorgan eines Cieco wie die riesige Blüte eines Pflanzenhumanoiden.
»In Deckung, blödes Weib!« brüllte fran Brigge. Der Sensortrigger der Laserpistole reagierte wie ein Teil seines Hirns, der Hand. Während die Ciristin auf die Knie sank, traf der Laserstrahl den Cieco mitten in die von karmesinroten und kobaltblauen Arterien und Venen geäderte Brust. Aus dem eher einem After ähnlichen Mund des Alien drang ein gedehntes Aufheulen. Er brach zusammen.
Grimmig stapfte fran Brigge ins Gebäude, stieg über die Ciristin, die hemmungslos albern vor sich hinschluchzte, verschaffte sich mit wenigen Blicken Klarheit über die Situation. Hinter dem Schalter der Rezeption lag besinnungslos ein Jüngling mit Pickeln und Tätowierungen mathematischer Formeln im Gesicht. Der Cieco hatte die dünnen Glieder gestreckt; kupfriges Blut sickerte aus seinem milchigen Leib: offenbar stak in ihm noch ein Rest Leben. Fran Brigge bemächtigte sich des Thermostrahlers.
Djamenah Shara kam, so jämmerlich, wie es zu einer weichlichen Messianer-Jüngerin paßte, in den Raum gekrochen . Ihr seit kurzem ein paar Zentimeter lang nachgewachsenes Haar und die Wimpern waren verkohlt, ihre Kleidung angesengt. »Was haben Sie getan?!«
»Ich habe dem Schuft die Hühnerbrust durchlasert«, frohlockte fran Brigge, stemmte die Fäuste in die Hüften, erachtete es durchaus als Errungenschaft, eine jener Kreaturen von fragwürdiger genetischer Reputation eliminiert zu haben.
»Was haben Sie getan ...?« wiederholte Djamenah Shara weinerlich, krauchte zu dem Gefällten, beugte sich über ihn, betastete zittrig seinen wie Dörrobst faltigen, unbehaarten Schädel. Aus dem Wahrnehmungsorgan wich aller Glanz, es nahm eine Stumpfheit wie altes Plastik an.
»Regen Sie sich nicht so lächerlich auf«, rügte fran Brigge sie. Seine Verachtung für soviel Gefühlsduselei kannte keine Grenzen. »Er hat auf Sie geschossen. Außerdem sind die Cieco genetisch minderwertig und vollkommen dekadent.«
Ruckartig hob Djamenah Shara den Kopf. »Das ist kein Cieco.« Ihre Stimme klang nach der Untröstlichkeit einer Verdammten, so brüchig, als bestünden ihre Lippen aus morschem Gummi. »Es ist eine Ciristin ... die Rekompositorin Zarda LeVay.«
In all ihrer emotionalen Ausgehöhltheit und Erschöpfung, der Überreiztheit ihres Gemüts, der Zermürbtheit ihrer Nerven, spürte Djamenah die Qual des Sterbens, die aus der Psyche der anderen Ciristin und deren Cieco-Körper in ihre empathische Wahrnehmung drang, mit solcher Intensität, so schonungsloser Vollständigkeit, daß ihr zumute war, als müsse der letzte Atemzug der Niedergestreckten auch ihr Ende bedeuten.
Tränen liefen Djamenah aufs versengte Gesicht. Fran Brigge nuschelte eine Entgegnung, doch sie hörte nicht zu. Zarda LeVays mentale Emanationen bezeugten durch Benommenheit und Schmerz bedingte Geistestrübung; aber noch befand sie sich bei Bewußtsein.
»Schwester.« Djamenahs Flüstern glich
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