Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
Genie und meiner Zeit voraus sei. Meine Sympathie für ihn war nach ungefähr fünf Minuten erloschen. Eine Absage ist und bleibt nun einmal eine Absage, Freunde, und der Begriff Genie wird dieser Tage so freizügig verwendet wie die Begriffe Cholesterin oder Brustkrebs. Letztere existieren, Genialität ist derweil schon etwas schwieriger zu bestimmen.
Ein anderer Lektor schlug mir vor, ich solle meinen schwarzen Protagonisten zu einem weißen machen, womit das Buch nur so abgehen würde.
Nach all dem, so viel sei gesagt, war ich doch ein wenig enttäuscht. Ich bemerkte, dass die Kinofilme sich in eine Richtung bewegten, die viel expliziter war. Ich fühlte, dass dies eine Wegmarke dafür war, was in Zukunft veröffentlicht werden würde. (Es funktioniert in beide Richtungen. Filme beeinflussen Bücher. Bücher beeinflussen Filme.) Immerhin hatte ich meinen Finger am Puls der Zeit, dennoch gewann ich den Eindruck, dass dies eigentlich egal sei. Ich malte mir inzwischen aus, wie Akt der Liebe zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung ein alter Hut sein würde. Wenn es denn überhaupt jemand veröffentlichen würde.
Schließlich, in einem letzten verzweifelten Versuch, schickte meine Agentin es zu Zebra Books. Im Herbst 1980 sprangen die bei Zebra auf das Buch an, und es erschien im Frühjahr 1981. Ich erhielt eine ziemlich anständige Vorauszahlung für ein Romandebüt, bekam gute Tantiemen, einige gute Rezensionen, brachte ein paar Leute in Aufruhr, und in einigen Buchläden weigerte man sich, das Buch wegen seines Inhaltes ins Sortiment aufzunehmen. Nach dem Verkauf des Buches machte ich mir ein Geschenk. Ich feuerte meine Agentin und geriet an eine Reihe weiterer inkompetenter und ungeeigneter Menschen derselben Profession, bis ich bei der Agentur Peekner hängenblieb und wieder anfing, Bücher zu schreiben. Bücher schreibe ich bis heute, und ich bin noch immer bei der Agentur Peekner.
Seit Erscheinen des Buches hat es sich, berücksichtigt man seinen bescheidenen Ursprung, ganz gut verkauft und wurde immer wieder veröffentlicht.
Meine Gefühle gegenüber dem Buch? Wie es sich behauptet hat?
Ich meine, der Lektor, der mich als Genie bezeichnete, hatte Recht. Nicht in dem, was die Sache mit der Genialität betrifft. Nein, die andere Sache - nämlich dass das Buch seiner Zeit voraus war. Ich behaupte nicht, dass es das einzige Buch ist, das sich schon so früh mit dieser Materie befasst hat, wo es doch Psycho und viele feine und bessere Bücher schon viel früher gab; doch es war das erste, das sich seine dunkle Grundlage in einer solch expliziten Art und Weise zu eigen gemacht hat. Es war Pionierarbeit. Die drastische Anschaulichkeit ist das Herz des Buches, und die Gewalt darin kommt so erbarmungslos, sachkundig und experimentell daher, wenn nicht sogar ein wenig ausbeuterisch.
Auf irgendeine Art sind Gewalt und Sex immer ausbeuterisch, egal, mit welcher Absicht. Aber es ist die Absicht, die zählt, und ich bin überzeugt, dass meine Absichten gute waren.
Heutzutage wird alles mit Blut überschwemmt, ein Moment, das wie die Nacktheit und die Markennamen ausgebeutet wird und zumindest auf so viel Zuspruch trifft wie Discomusik. Doch eine Erzähltechnik, die ein- oder zweimal funktioniert, funktioniert nicht notwendigerweise jedes Mal; und ich habe mein Arsenal seitdem ausgebaut.
Ich glaube, Akt der Liebe besitzt noch immer viel Kraft und Erzähltempo und hat eine gute Story; aber, ach, es ist weitaus verzweifelter, als ich es bisher wahrnahm. Es ist nicht das große unterhaltsame Traktat, für das ich es ursprünglich einmal gehalten habe, obgleich dieses Element schon vorhanden ist. Es liest sich, als wäre es von einem anderen Joe R. Lansdale geschrieben. Einem 29-jährigen Hausmeister, der verzweifelt versucht, von seinem Gelegenheitsjobs im Blaumann wegzukommen, und der mit blinder Zuversicht und entschlossen gegen leere, unbeschriebene Seiten anrennt.
Es war ein Verschmelzen von Krimi, Spannung, Horror, sozialkritischer Stellungnahme, B-Movie, Polizeiroman und Pulp zu einem Gebräu. Das damals unerreicht blieb.
Ich bin der ehrlichen Ansicht, dass Bücher wie Das Schweigen der Lämmer und Roter Drache in seinem Fahrwasser oder in dem ähnlichen Materials trieben und unter dem Einfluss von Filmen standen. Ich sage nicht, dass Thomas Harris mein Buch gelesen und es ihn beeinflusst hat. Ich sage nicht, dass meins besser ist als seine. Ist es nicht. Das weiß ich. Aber ich denke, Akt der Liebe war eine
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