Akte Atlantis
aus ihren Scootern heraus und konnten trotzdem kaum mithalten. Bei diesem Tempo wurden die Batterien viel zu schnell leer. Pitt hoffte nur, dass sie noch genug Saft für die Rückfahrt zu der Felsrinne hatten, in der das Skycar stand. Andererseits war er froh, dass man ihn und Giordino im hellen Schein der Werftbeleuchtung bislang noch nicht entdeckt hatte, denn obwohl sie sich im Kielwasser hielten und in ihren schwarzen Anzügen nur schwer zu erkennen waren, schwammen sie doch so dicht unter der Oberfläche, dass jederzeit ein Besatzungsmitglied etwas Verdächtiges hätte bemerken können. Aber noch hatte sich nichts getan.
Vermutlich achteten alle nur auf die Suchscheinwerfer.
»Kannst du mich hören?«, erkundigte sich Pitt über das Funkgerät in seiner Vollgesichtsbrille.
»Jeden Ton«, antwortete Giordino.
»Mein Monitor zeigt an, dass wir über drei Kilometer zurückgelegt haben. Das Boot dürfte demnächst kehrtmachen und die nächste Runde durch den Fjord drehen. Sobald wir spüren, dass das Kielwasser nach links oder rechts ausschert, gehen wir ein paar Minuten auf sichere Tiefe, bevor wir wieder auftauchen und uns orientieren.«
»Von mir aus«, sagte Giordino so gleichmütig, als ob er auf den nächsten Bus wartete.
Keine drei Minuten später setzte das Boot zu einer weiteren Kehrtwende an. Sobald Pitt und Giordino am Kielwasser spürten, wie es abdrehte, gingen sie auf sechs Meter Tiefe und blieben unten, bis sie die Suchscheinwerfer in der Ferne verschwinden sahen. Mit langsamen Flossenschlägen stiegen sie vorsichtig auf, da sie nicht wussten, wo genau sie innerhalb der Werft auftauchen würden.
Beide schoben langsam den Kopf aus dem Wasser und suchten die Umgebung ab. Sie stellten fest, dass sie nur fünfundsiebzig Meter von einem der vier riesigen Piers entfernt waren, die anderthalb Kilometer in den Fjord hinausragten. Eine gewaltige schwimmende Stadt war dort vertäut, an den Nachbarpiers die drei anderen Schiffe. Gleißend hell ragten sie unter dem dunklen Nachthimmel auf, so groß, dass Pitt und Giordino, die vom Wasser aus zu ihnen aufblickten, ihren Augen kaum trauten. Unfassbar, dass derart monströse Kolosse überhaupt schwammen, geschweige denn mit eigener Kraft die Meere befahren konnten.
»Das darf doch nicht wahr sein«, murmelte Giordino.
»Aberwitzig, was anderes fällt mir dazu nicht ein«, erwiderte Pitt flüsternd.
»Wo soll’s losgehen?«
»Schlag dir die Schiffe vorerst aus dem Kopf. Wir müssen uns erst ein Plätzchen suchen, wo wir unsere Tauchausrüstung ablegen können. Und dann nehmen wir uns die Büros der Werft vor.«
»Meinst du, dass Pat dort festgehalten wird?«
»Ich weiß es nicht, irgendwo müssen wir ja anfangen.«
»Wir können unter dem Pier vorrücken, bis wir zu den Felsen am Ufer stoßen«, sagte Giordino und deutete auf das ruhige Wasser unter den Stützpfeilern des Piers. »Ein Stück weiter rechts stehen ein paar dunkle Schuppen. Hoffen wir, dass wir da reinkommen und unsere Arbeitsmontur anziehen können.«
Bei der Arbeitsmontur handelte es sich um orangefarbene Overalls, ganz ähnlich wie die Sträflingskleidung in den Vereinigten Staaten, nur dass ihre nach Fotos maßgeschneidert waren, die von Spionagesatelliten aufgenommen, vergrößert und ausgewertet worden waren.
Sandecker hatte sie von der CIA bekommen, dazu einen genauen Lageplan der Werft und Luftbilder von dem Gebäude, auf denen die einzelnen Gebäude ausgewiesen waren.
Pitt gab einen Befehl in seinen Wegweiser ein, hielt den Monitor dicht vor die Augen und sah die Dalben des Piers klar und deutlich vor sich, fast so, als schwömme er aus einer Korallenhöhle in einen hellen, lichtdurchfluteten Canon.
Sie trieben über starke Rohre und dicke Stromkabel hinweg, die unter dem Pier entlang zum Festland führten. Im Schein des Lichtmeers, das rundum so hell gleißte, dass sie sich fast wie in Las Vegas vorkamen, hatten sie selbst unter Wasser gut zehn Meter Sicht.
Pitt und Giordino, der sich neben ihm etwas zurückfallen ließ, schwammen über den mit abgeschliffenen Steinen und Felsbrocken bedeckten Grund. Allmählich stieg der Boden an, bis sie sich mit den Händen voranziehen konnten. Im seichten Wasser blieben sie schließlich liegen. Vor sich sahen sie Stufen, die von einem schmalen Betonsims an den Stützpfeilern des Piers nach oben führten. Eine einzige Laterne stand dort oben und verbreitete einen eher schummrigen Schein, jedenfalls verglichen mit dem Lichtermeer auf der
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