Akte Atlantis
konnte alles Mögliche schief gehen. Sie durften auf keinen Fall noch einen Mann und womöglich weitere Ausrüstung verlieren.
Der Rückenwind trieb sie ordentlich voran. Cleary schaute nach vorn und stellte zufrieden fest, dass die Formation dicht beisammen blieb. Die neuen Gleitschirme waren besser als erwartet.
In genau hundertfünfzig Metern Höhe wollten sie über der Landezone einschweben.
Die Fabrikanlage kam näher. Durch die Wolkenlöcher waren bereits einzelne Gebäude zu erkennen. Sie waren noch zweieinhalbtausend Meter hoch, und ab jetzt wurde es heikel, denn von nun an waren sie so gut wie schutzlos, bis sie unten am Boden Deckung fanden.
In zweitausend Metern Höhe spürte er, dass irgendetwas nicht stimmte.
Er verlor Tempo. Sein Fallschirm bockte und flatterte plötzlich, als ihn ein jäher Seitenwind erfasste. Unwillkürlich griff er nach den Steuerleinen hinter dem Tragegurt. Damit konnte man den Schirm so trimmen, dass er dem Wind weniger Angriffsfläche bot.
»Wizard, Lion hier. Wir haben einen höllischen Seitenwind.«
»Roger, Lion. Bei mir ebenfalls. An alle Einheiten, trimmt die Schirme und bleibt auf Kurs.«
Cleary blickte nach unten und sah die eisige Landschaft näher kommen, wenn auch erheblich langsamer als zuvor. In sechshundert Metern Höhe bekamen sie endlich wieder Rückenwind. Er suchte das Werksgelände ab, achtete auf jede verdächtige Bewegung. Da unten tat sich gar nichts. Weiße Dampfwolken stiegen aus den Schornsteinen auf, aber das war auch schon alles. Gefährlich wirkte das Ganze überhaupt nicht.
Endlich hört Cleary die Meldung, auf die er gewartet hatte.
»Wizard, hier Lion. Sind über den Zaun weg und haben die Landezone im Blick. Wir sind fast da.«
»Roger, Lion«, antwortete Cleary erleichtert.
Er sah, wie die vordersten Glieder der Kette leicht nach rechts ausscherten.
Sie bereiteten sich darauf vor, mit dem Fallwind tiefer zu gehen, um dann in den Wind zu drehen und zu landen.
Sharpsburg, der führende Mann, schwenkte im rechten Winkel aus der bisherigen Flugrichtung. Die Kette der übrigen Schirme hinter ihm folgte ihm sofort und drehte an der gleichen Stelle ab wie Sharpsburg.
»Wizard«, meldete sich Lion, ohne sich zu erkennen zu geben, »noch hundertfünfzig Meter. Bereiten uns zur Landung vor.«
Cleary antwortete nicht. Es war nicht nötig. Er sah, wie der erste Fallschirm punktgenau niederging und in sich zusammensank, gefolgt vom zweiten, dann dem dritten. Sobald die Männer am Boden waren, warfen sie so viel Ausrüstung wie möglich ab und sicherten in aller Eile die Landezone.
Jetzt, in hundertfünfzig Metern Höhe, beobachtete Cleary, wie Jacobs Navy-SEALs auf die gleiche Weise landeten wie die Delta Force.
Danach waren Garnet und seine Marines an der Reihe. Als er den imaginären Wendepunkt erreichte, zog er die linke Steuerleine, glitt rund hundert Meter quer ab und wiederholte das Manöver, bis er gegen den Wind flog. Er spürte, wie er ihn erfasste und den Schirm abbremste.
Dann zog Cleary beide Steuerleinen halb durch, musterte den eisigen Boden und behielt gleichzeitig seinen Höhenmesser im Auge.
Im Nu war er auf sechzig Meter herunter. Der Boden raste auf ihn zu.
In dreißig Metern Höhe ließ er die Steuerleinen los und ging in den freien Flug über. Dann verließ er sich ganz auf sein Können und seine Erfahrung, zog die Steuerleinen voll durch und setzte so leichtfüßig, als träte er von einer Bordsteinkante, auf dem Eis der Antarktis auf.
Rasch löste er seinen Gurt und warf den Fallschirm ab, der ihn zu seinem Ziel getragen hatte. Dann kniete er sich hin, machte sein Spartan Q-99 Eradicator klar, lud und sicherte es, damit es sofort einsatzbereit war.
Garnet, Sharpsburg und Jacobs waren innerhalb von dreißig Sekunden bei ihm. Sie sprachen sich kurz ab, überprüften ihre Position und trafen die letzten Vorbereitungen für den Vorstoß auf die Schaltzentrale der Fabrik. Nachdem er – Sharpsburg, der den Eingreiftrupp führen musste, falls Cleary getötet oder schwer verwundet werden sollte – die letzten Anweisungen gegeben hatte, spähte er durch seinen Feldstecher auf das Werk.
Als er weder Sicherheitskräfte noch befestigte Stellungen sah, befahl er seinen Männern auszuschwärmen, übernahm selbst die Mitte und ließ die Einheit vorrücken.
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Der Wind wollte sich einfach nicht legen und frischte immer wieder auf. Doch irgendwann hatte er dann doch keine Kraft mehr. Nach dem Sturm brach die Sonne durch und
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